Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Jede Nuss wird hier von Hand eingesamme­lt

Unser Essen Familie Aubele aus Bonstetten hat vor acht Jahren mit dem Haselnussa­nbau begonnen. Etwa 600 Kilogramm erntet sie im Jahr. Manuell. Und mit der Unterstütz­ung von Freunden und Verwandten / Serie, Teil 41

- VON STEFFI BRAND

Bonstetten Vor ziemlich genau acht Jahren fiel der Startschus­s für die Bonstetter Haselnuss aus dem Hause Aubele. Ende März 2010 bauten Klaus und Marianne Aubele 2000 Haselnussb­äume auf einer Fläche von 2,7 Hektar an. Fünf verschiede­ne Sorten „Edelnüsse“sind es heute. Gleich im ersten Jahr hatten sie mächtig Pech: Fast 350 Bäume fielen dem trockenen Frühjahr zum Opfer. An die allererste Ernte erinnert sich Marianne Aubele noch heute gern zurück. „Die ersten 20 Nüsse haben wir mit Freude gegessen“, erklärt sie lachend.

Vor drei Jahren dann waren es bereits 400 Kilogramm, im vergangene­n Jahr konnten die Haselnussb­auern 600 Kilogramm ernten. „Das Gefühl, mit den Händen in die braun gefärbten Nüsse zu greifen, ist unbeschrei­blich“, schwärmt die Haselnussb­äuerin und ergänzt: „Die Ernte ist ein Gefühl, das guttut.“

Dennoch: Mit einem Aufwand wie diesem hat das Paar im Vorfeld nicht gerechnet, denn die Haselnüsse werden per Hand geerntet – oder vielmehr einzeln aufgesamme­lt. Klaus Aubele erklärt: „Wir haben ausschließ­lich fallende Sorten.“Wenn die Haselnussb­äume einen Großteil der Nüsse abgeworfen haben, werden alle freiwillig­en Helfer zusammenge­trommelt.

Anfang Oktober

Jahres sind so 30 Verwandte und Freunde zusammenge­kommen, die an nur einem

Tag etwa ein Drittel der Ernte einfahren konnten.

Die Erntezeit liegt zwischen Ende September und Ende Oktober. Vor und nach der großen Hilfsaktio­n, die traditione­ll mit einem Abend am Lagerfeuer endet, sammelt Familie Aubele tagtäglich die Nüsse ein. In Kübeln, Kisten und Körben werden sie gesammelt. Dann kommen sie auf den Hänger.

Eine technische Alternativ­e gibt es für Familie Aubele nicht, auch wenn sie bereits eine Erntemasch­ine getestet hat. Allerdings sind diese Maschinen nicht für das Klima in Bonstetten gemacht. Gerade im Herbst ist der Boden oft schon feucht. In der Türkei hingegen, wo vergangene­n der Großteil der Haselnüsse bis heute angebaut wird, ist der Boden im Herbst grasfrei und trocken. Mit einer Maschine durch die Haselnussb­aumreihen zu fahren, würde auf dem Acker von Familie Aubele bedeuten, einen Großteil der Nüsse in den weichen Boden zu drücken.

Folglich wird in Bonstetten jede Nuss von Hand eingesamme­lt. Nach dem Ernten werden die Nüsse sortiert. Auf den ersten Blick erkennen die Haselnussb­auern, ob eine Hülse leer ist oder ob sich darin eine Nuss befindet. Woran? An der Farbe. „Eine graue Hülse ist meist leer und lässt sich schlecht öffnen“, erklärt Marianne Aubele. Bei der gesunden Nuss hingegen geht die Hülse fast von alleine ab.

Einen Großteil der Haselnüsse gibt die Familie ab. In der Nähe von Dachau werden die Nüsse dann getrocknet, sortiert, gereinigt, verpackt und industriel­l weiterverw­ertet. „Welchen Preis wir dafür bekommen, wissen wir im Vorfeld nicht“, erklärt Klaus Aubele. Etwa 200 Kilo pro Jahr vertreibt oder konsumiert die Familie selbst. Vor Ort ist sie bekannt. Und so kommen Kunden gerne direkt vorbei, um dort Haselnüsse zu kaufen, wo die Herkunft bekannt ist. Auch über die Marktschwä­rmerei in Augsburg können Kunden Bonstetter Nüsse ordern.

Die Weitervera­rbeitung ist hingegen eher ein Hobby der Bäuerin. Am liebsten sind ihr selbst die gerösteten Haselnüsse, die etwa 30 bis 35 Minuten bei 150 Grad Celsius ins Backrohr kommen. „Der Geschmack ist gut, und auch die Haut geht so leicht ab“, verrät sie. Auch braut sie Schnaps, wofür sie geröstete Nüsse, weißen Kandis und Doppelkorn braucht. Nach vier Wochen wird das Gebräu gesiebt, behält aber eine trübe Färbung. Wer die Farbe nicht mag, für den filtert sie den Schnaps – allerdings nimmt dieser Vorgang auch einen Teil des typischen Nussgeschm­acks. Das Rezept stammt von „Oma Edith“, einer Bekannten von Marianne Aubele, die sie erst auf die Idee gebracht hat, Schnaps zu brauen. Auch Pesto, Nussecken, Nusskuchen, Nusspanade oder Geburtstag­sgeschenke aus Haselnuss gibt’s aus dem Hause Aubele – für Freunde und Verwandte. Die große Nachfrage ist meist saisonal geprägt: Vor Weihnachte­n ist die Haselnuss sehr beliebt. Unterm Jahr kommt sie vor allem bei den Veganern gut an, liefert sie doch reichlich Eiweiß.

Saisonal abhängig ist auch der Aufwand, den die Bonstetter auf dem Feld haben. Das Vorbereite­n des Ackers, der Zaunbau und die Anlage der Reihen zu Beginn ihrer Haselnussb­auernkarri­ere waren aufwendig. Hilfreiche Tipps bekamen sie vom zweiten Haselnussb­auern im Ort, Jakob Deil. Und so pflanzten sie ihre Bäume wohlweisli­ch mit reichlich Abstand zueinander. Vier Meter liegen zwischen den Reihen, drei Meter zwischen jeder Pflanze. So hat jede Pflanze zwölf Quadratmet­er Fläche zur Verfügung. Das ermöglicht es, außerhalb der Erntezeit den Acker zu mähen, ohne die Pflanzen in Mitleidens­chaft zu ziehen. Aktuell steht der Rückschnit­t an.

In Bonstetten wachsen „Haselnussb­äume und keine Büsche“, erklärt Klaus Aubele. Der Grund: Fehlt den Zweigen Licht, können sie keine Früchte bekommen. Regelmäßig richtet er ein waches Auge auf seinen Haselnussb­estand, um mit Blick auf die Blätter erkennen zu können, ob den Bäumen etwas fehlt. Sorgen darum, dass wieder einige Bäume kaputt gehen könnten wie im ersten Jahr, machen sich Aubeles nicht. Erst wenn die Bäume das Alter von 20 oder 25 Jahren erreichen, wollen sie überdenken, ob sie nachpflanz­en oder ob die Bonstetter Haselnüsse dann auslaufen.

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? 600 Kilogramm Haselnüsse erntet die Familie Aubele jedes Jahr. Klaus Aubele zeigt eine ganze Kiste voll.
Fotos: Marcus Merk 600 Kilogramm Haselnüsse erntet die Familie Aubele jedes Jahr. Klaus Aubele zeigt eine ganze Kiste voll.
 ??  ?? Auf einer Fläche von 2,7 Hektar haben Marianne und Klaus Aubele 2000 Haselnuss bäume gepflanzt.
Auf einer Fläche von 2,7 Hektar haben Marianne und Klaus Aubele 2000 Haselnuss bäume gepflanzt.
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Aus den Nüssen stellt Marianne Aubele auch Schnaps her.

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