Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Zeitmaschine
Virtual Reality Wie die Technik die Planung und Vermarktung von Bau- und Immobilienprojekten vereinfacht
„If you can dream it, you can do it“: Nie war das Zitat von Walt Disney realer als heute. Mithilfe der virtuellen Realität lässt sich bereits heute jede vorstellbare Umgebung, jeder Körper und jede mögliche Erfahrung simulieren. Eine völlig neue Perspektive für Planer, Architekten und Bauträger.
Die oben genannten Akteure haben eins gemeinsam. Sie brauchen eine große Portion Vorstellungskraft bei der Konzeption von Projekten, die sich noch in der Entwicklung befinden. Anhand abstrakter Baupläne müssen sie komplexe Zusammenhänge bei der Planung berücksichtigen und ihre Bauobjekte bis in die kleinsten Details durchdenken.
Vorstellungen begehbar machen
Ist diese geistige Meisterleistung vollbracht, kommt schon die nächste Hürde: Interessenten als Käufer gewinnen, deren Phantasie oftmals weit weniger ausgeprägt ist. Was aber, wenn man seine Vorstellungen begehbar machen könnte, und so Planungsprozesse und die Kommunikation mit den Projektbeteiligten vereinfachen könnte? Genau das ist jetzt mit der VR-Technologie möglich.
Als virtuelle Realität, kurz VR, wird die Darstellung einer computergenerierten, virtuellen Umge- bung bezeichnet. Mithilfe spezieller Brillen, den sogenannten „Headmounted Displays“, wird die Simulation an die Blickrichtung des Betrachters angepasst, dadurch entfällt eine sichtbare Trennung zwischen Medium und Nutzer. So entsteht eine starke, dreidimensionale Illusion der Verkörperung oder eines Ortwechsels, von der sich sogar die Sinnesorgane des Körpers täuschen lassen. Man fühlt sich, als wäre man an einem anderen Ort, obwohl man es eigentlich besser weiß. Vor-OrtPräsenz heißt das Zauberwort, mit der die virtuelle Welt zu einer realen Erfahrung wird. Diese technologische Besonderheit kann zahlreichen Branchen zum Erfolg verhelfen, insbesondere der Bauindustrie. Hier sind die Einsatzgebiete vielfältig: Überall dort, wo zwischen Planungen und deren Ausführung größere Zeitabstände liegen, Lernprozesse unter realen Bedingungen sehr kostspielig oder gefährlich sind, oder der Kauf für den Kunden schwer einzuschätzen ist, kann der Einsatz von Virtual Reality das Risiko einer Fehlentscheidung minimieren. Wie bei einer Zeitreise lassen sich alternative Entwürfe vor ihrer Konstruktion begehen, Arbeits- und Betriebsabläufe simulieren und die Kommunikation mit dem Kunden erleichtern.
So lässt sich bei einer Projektentwicklung viel intuitiver vergleichen, wie sich bei unterschiedlichen Proportionen, Oberflächen und Materialien die Raumwirkung verändert. Auch Lichteinfall und die Beleuchtungsstärke externer Leuchtmittel können aus jeder Perspektive simuliert werden um später unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Sogar das Einrichten und Platzieren von Möbeln und Arbeitsgeräten kann vorgenommen werden, um bei virtuellen Betriebsablaufplanungen mit Mitarbeitern zu testen, ob die Räumlichkeiten für spätere Arbeitsprozesse passgenau geplant sind. So lassen sich maßgeschneiderte Lösungen im Dialog mit dem Kunden entwickeln und Missverständnisse vermeiden. Aber auch für den professionellen Immobilienmarkt wird Virtual Reality ein wichtiges Werkzeug werden. Häuser und Wohnungen können digital besichtigt werden, bevor sie entstanden sind und dadurch die Arbeit des Maklers bei Neubauprojekten deutlich erleichtern.
Koordinierung wird erleichtert
Bisher ist VR noch ein Nischenprodukt in der Baubranche, in Verbindung mit Building Information Modeling (BIM), dem digitalen Modell des Bauprojekts, bei dem alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst sind, wird die Technologie zukünftig ihr Potenzial entfalten und eine Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen Planern, Architekten und Ingenieuren erheblich erleichtern. Mehr Handlungsspielraum für die Kreativen, besseres Zeitmanagement für die Bauunternehmer – Virtual Reality wird die Branche nachhaltig verändern.
Die Autorin ist im Bereich Design und Strukturen bei der Design- und Beratungsagentur Not Yet Visible tätig.