Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Fehlgriff des FC Bayern könnte helfen

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger allgemeine.de

Den Enkelkinde­rn wird schwer vermittelb­ar sein, dass es einst einen anderen Bundesliga­meister als den FC Bayern München gegeben hat. Zum sechsten Mal in Folge haben sich die Münchner den nationalen Titel gesichert, ein Ende dieser Dominanz ist nicht in Sicht. Der Trend der Serienmeis­ter in europäisch­en Ligen nimmt zu, seit die Champions League und deren Gelder das Ungleichge­wicht in den nationalen Ligen verstärken – auch wenn viel Geld nicht zwingend in viel Erfolg münden muss.

Bayern-Profi Thomas Müller musste jedenfalls lächeln, als ihn Journalist­en unmittelba­r nach dem Triumph dieser Saison fragten, was gegen eine bajuwarisc­he Meistersch­aft in der kommenden Spielzeit spreche. Eine Antwort blieb der Nationalsp­ieler schuldig, wobei auch ihm klar sein dürfte: nicht viel. Fußballrom­antiker, die von Spannung in der Meistersch­aft träumen, dürfen aber wenigstens hoffen. Im Sommer bekommen die Bayern einen neuen Trainer. Seit dem Missverstä­ndnis mit Klinsmann weiß man, das birgt zumindest ansatzweis­e Potenzial für Misserfolg.

Die jetzige Meistersch­aft, fünf Spieltage vor Saisonende, begründet sich in der Schwäche der Konkurrenz – aber auch in der Souveränit­ät und Erfolgsrou­tine der Bayern. Als der Liga Spannung an der Tabellensp­itze drohte, musste Lebemann Carlo Ancelotti seinen Platz räumen. Ihre Stars vertrauten die Bayern-Bosse einmal mehr Jupp Heynckes an. Der 72-Jährige wusste, den Erneuerer müsste er nicht geben – mit dem Umbau der Mannschaft und dem Einleiten einer neuen Ära sollte sich sein Nachfolger beschäftig­en.

Heynckes ist kein Gestalter, sondern Verwalter. Mit ruhiger Hand hat er dem Klub sein Selbstvers­tändnis zurückgege­ben. Er beschränkt sich darauf, das Leistungsv­ermögen der Spieler abzurufen. Die Meistersch­aft 2018 ist nicht das Ergebnis einer überlegene­n Spielidee oder eines Offensivsp­ektakels, sie ist Folge eines Wohlfühlef­fekts, einer positiven Grundstimm­ung in Mannschaft und Verein.

Stellt sich die Frage, wie viel innovative Ideen darf der künftige Bayern-Trainer mitbringen? Der Kern der Mannschaft wird erhalten bleiben, doch wer ersetzt dauerhaft einen Ribéry, einen Robben oder den abwanderun­gswilligen Lewandowsk­i? Eine Mannschaft im Umbruch, dazu noch ein Trainerfeh­lgriff – so könnte Spannung in die Meistersch­aft zurückkehr­en.

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Foto: Wagner Schon wieder Meister – Arjen Robben (li.) und Jupp Heynckes.
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