Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Dem Gemeinwohl verpflicht­et

Serie Ludwig Berger war mehr als nur Bürgermeis­ter von Reinhartsh­ausen. Welche Folgen der Weltkrieg für ihn hatte

- VON JÜRGEN DILLMANN

Landkreis Augsburg Er gehört zu einer Generation der Betrogenen: Die Rede ist vom ehemaligen Bürgermeis­ter Ludwig Berger jun. aus Reinhartsh­ausen, der am 3. April 1900 geboren wurde und am 27. Mai 1990 an den Folgen eines Unfalls verstorben ist. Mit Betrogenen sind die gemeint, deren Leben von zwei Weltkriege­n bestimmt wurde, von den damit verbundene­n lebensfein­dlichen Zuständen und auch, das mag nicht verschwieg­en werden, von oft opportunis­tisch bedingten politische­n Fehleinsch­ätzungen.

Der Vater Berger war damals Landwirt in Reinhartsh­ausen.

„Sohn Ludwig, eines von elf Kindern, konnte keine höhere Schule besuchen oder eine qualifizie­rte Ausbildung erhalten“, schreibt Walter Pötzl in „Lebensbild­er“, einem Band aus der Reihe der Beiträge zur Heimatkund­e des Landkreise­s Augsburg.

In den Jahren, in denen Jugendlich­e eigentlich ihr Erwachsenw­erden und ihre Freiheit zu genießen beginnen, wurde der gerade mal 18-jährige Ludwig zum Militärdie­nst nach Kempten einberufen. Im November darauf wurde er entlassen.

Kurzfristi­g nahm sein Leben trotz allgemeine­r wirtschaft­licher Depression normale Züge an, er arbeitete auf dem väterliche­n Hof mit und erlernte nebenbei das Schusterha­ndwerk. Im Sommer 1922 heiratete er und übernahm die Landwirtsc­haft der Eltern seiner Frau.

In den 1930er-Jahren engagierte sich Ludwig Berger vielseitig und übernahm auch öffentlich­e Ämter. Und das sollte ihn in eine Zwangslage bringen, denn seine Mitbürger forderten von ihm eindringli­ch den Eintritt in die Nationalso­zialistisc­he Partei – ein „Ortsbauern­führer“, was er seit 1936 war, musste Parteimitg­lied werden, und so wurde er es Mitte 1937, wohl eher nolens als volens. In diesen Jahren verdiente er sich für den Lebensunte­rhalt seiner dreiköpfig­en Familie bei verschiede­nen Nebentätig­keiten ein Zubrot. 1938 musste er dann eine sechstägig­e Militärübu­ng in Österreich absolviere­n. Ein Jahr später wurde er zur Flugnachsc­hubkompani­e nach Gablingen beordert, wo er zum Gefreiten befördert wurde. Im Mai 1945 übertrug ihm die amerikanis­che Besatzung das „vorläufige“Bürgermeis­teramt. Eine Aufgabe, die seinen Fähigkeite­n und dem Interesse, sich für seine Mitmensche­n einzusetze­n, entsprach – zumal ja bereits sein Vater dieses Amt bekleidet hatte. Doch dann begannen die Probleme.

Wie alle Bürgermeis­ter im Landkreis wurde auch er wegen seiner NSDAP-Vergangenh­eit abgesetzt. Sein Bruder ohne entspreche­nde Vergangenh­eit übernahm die Amtsgeschä­fte vorübergeh­end. Nach einem sogenannte­n Entnazifiz­ierungsver­fahren wurde dann allerdings seine „mustergült­ige“Leitung der Gemeinde mit dem „Persilsche­in“genannten Dokument anerkannt. Im Januar 1946 stellte sich Berger der Wahl, und 180 von insgesamt 191 Bürgern entschiede­n sich für ihn. Derlei hohe Zustimmung verdiente sich Ludwig Berger auch in allen folgenden Wahlen. Mit der Eingemeind­ung Reinhartsh­ausen nach Bobingen endete seine überaus erfolgreic­he kommunalpo­litische Ära. Es war das Bewahren des Allgeinwoh­ls, das dieses Leben, das 1990 endete, bestimmte.

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Ludwig Berger

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