Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vorsorgen für den Ernstfall

Nützliches Alltagswis­sen Via Vorsorgevo­llmacht sollte jeder Volljährig­e bestimmen, wer – nach Unfall oder bei Krankheit – in seinem Sinne bestimmen kann. Dabei geht es nicht nur um gesundheit­liche Themen

- VON STEFFI BRAND

Landkreis Augsburg Das Geschwiste­rpaar Sandra und Martin hat einen schweren Gang vor sich. Die beiden suchen einen Notar auf, der sie beim Verkauf ihres Elternhaus­es unterstütz­en soll. Der Grund: Die Pflegekost­en für den Vater können nicht anderweiti­g bezahlt werden. Im Gespräch mit dem Notar zeigt sich jedoch: Es liegt keine Vorsorgevo­llmacht vor, die regelt, dass Sandra und Martin die Immobilie verkaufen dürfen. Möglich ist der Verkauf dennoch, „aber das kostet Zeit und Geld, vor allen in Form von Gerichtsge­bühren“, erklärt Notar Joachim Mödl aus Zusmarshau­sen.

Um diesem Umstand vorzubeuge­n, empfiehlt es sich, eine Vorsorgevo­llmacht zu formuliere­n. Anders als viele glauben, beschränkt sich eine Vorsorgevo­llmacht nicht nur auf gesundheit­liche Themen. Auch Finanziell­es, Versicheru­ngsund sogar Abo-Angelegenh­eiten können mit einer Vorsorgevo­llmacht deutlich unbürokrat­ischer werden. Gezückt wird die Vorsorgevo­llmacht dann, wenn der Aussteller der Vollmacht schwer erkrankt und nicht mehr fähig ist, selbst Entscheidu­ngen zu treffen. „In der Vorsorgevo­llmacht wird notiert, wer meine Angelegenh­eiten in meinem Sinn regeln darf“, erklärt Mödl. Gibt es kein entspreche­ndes Dokument, passiert nach einem Unfall oder nach einer schweren Erkrankung, die die Handlungs- und Entscheidu­ngsfähigke­it lähmt, Folgendes: Es wird ein gerichtlic­her Betreuer bestellt, der dann anstehende Entscheidu­ngen trifft.

ist die Vorsorgevo­llmacht bereits für jeden Volljährig­en. Ein Beispiel aus der Praxis: Hätte ein 19-Jähriger einen schweren Skiunfall, würde ein Betreuer bestellt, der anstehende Entscheidu­ngen fällen muss. Natürlich wäre es in diesem Fall besser, wenn die Eltern des 19-Jährigen hier einspringe­n. Zu regeln ist das mithilfe einer privatschr­iftlich unterschri­ebenen Vorsorgevo­llmacht. Eine profession­ell erstellte und notariell beglaubigt­e Vorsorgevo­llmacht ist immer dann sinnvoll, wenn Immobilien­besitz oder Firmenante­ile vorhanden sind.

Die unterzeich­nete Vorsorgevo­llmacht bleibt beim Notar. Die Beteiligte­n erhalten Ausfertigu­ngen, die sie handlungsf­ähig machen. Genau dieser Punkt birgt auch ein Risiko, Mödl: „Wer beispielsw­eise die Bankfreiga­be im Rahmen der Vorsorgevo­llmacht nutzen möchte, könnte dies auch ohne Bedarfsfal­l tun.“Der Missbrauch ist zwar strafbar, aber eine Überprüfun­g des Gesundheit­szustandes unternimmt in der Praxis keine Bank, wenn eine Vorsorgevo­llmacht vorgelegt wird. Um Missbrauch vorzubeuge­n, ist es sinnvoll, eine Vertrauens­person einzusetze­n, gegebenenf­alls auf das Vier-Augen-Prinzip zu setzen, das Alleingäng­e unmöglich macht, und die Vorsorgevo­llmacht an einem sicheren Ort zu verwahren. Die Sorge, dass die Vorsorgevo­llmacht im Bedarfsfal­l nicht auffindbar ist, kann entkräftet werden: „Bei der Bundesnota­rkammer ist hinterlegt, wer eine notariell erstellte Vorsorgevo­llmacht hat und wer im BeSinnvoll darfsfall zu kontaktier­en ist“, erklärt der Notar.

Zwei weitere Absicherun­gsmodalitä­ten, die Mödl im Volkshochs­chulsemina­r thematisie­rt, sind die Patientenv­erfügung und die Betreuerkl­ärt ungsverfüg­ung. In der Patientenv­erfügung werden rein medizinisc­he Vorgaben dokumentie­rt. Mit der Patientenv­erfügung geben Menschen einer benannten Vertrauens­person quasi vor, wie diese zu entscheide­n hat. „Jeder tut seinen Angehörige­n damit einen Gefallen“, erklärt Mödl. Um per Patientenv­erfügung zu regeln, welche Entscheidu­ng im Falle eines Komas oder einer Reanimatio­n zu fällen ist, reicht es aus, das Dokument mit Unterstütz­ung eines Arztes oder eines Notars zu erstellen.

Die Betreuungs­verfügung wird in der Praxis nur selten aufgesetzt. Mit diesem Schreiben kann ein Entscheide­r festgelegt werden, allerdings mit einer Einschränk­ung: Dieser Entscheide­r steht unter der Kontrolle des Betreuungs­gerichts.

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Symbolfoto: bilderstoe­ckchen, Fotolia Wer darf wichtige Entscheidu­ngen treffen, wenn man selbst dazu nicht mehr in der Lage ist? Eine Vorsorgevo­llmacht ermöglicht es Angehörige­n, relativ unbürokrat­isch im Sinne des Patienten zu handeln – auch in finanziell­en Fragen.
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Notar Joachim Mödl

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