Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Marktrat beklagt „modernes Raubritter­tum“

Beschlüsse In Zusmarshau­sen wundern sich die Räte, warum die Kommune an die Bahn einen Ausgleich zahlen soll

- VON GÜNTHER STAUCH

Zusmarshau­sen „Große Hausnummer­n“haben die vergangene Sitzung des Marktgemei­nderats beherrscht. Wie berichtet, wurde dabei ein Rekordhaus­halt mit Einnahmen und Ausgaben von insgesamt 31 Millionen Euro verabschie­det. Damit nicht genug, standen weitere Tagesordnu­ngspunkte in Verbindung mit beachtlich­en Geldsummen.

● Kläranlage Da das sogenannte Wasserrech­t für das 20 Jahre alte Werk Endes des Jahres ausläuft, herrscht dringender Handlungsb­edarf. Darauf wies neben Bürgermeis­ter Bernhard Uhl auch der Planungsex­perte Stefan Steinbache­r vom gleichnami­gen Expertenbü­ro hin. Dieser brachte nach einer kurzen Einführung wiederum die gemeinsame Nutzung einer verbessert­en gemeinsame­n Reinigungs­anlage mit dem Nachbarort Horgau zur Sprache: „Das wäre eine sinnvolle Lösung mit positiven Einflüssen auf Kosten und Personal sowie Wartung“, gab sich der Fachmann überzeugt und traf damit auf Zustimmung bei vielen der Räte am Sitzungsti­sch. Mit den Kollegen vom früheren „Rebellenor­t“hatte man sich bereits während einer Zusammenku­nft Ende 2017 so einer Kombilösun­g genähert. Hubert Kraus erwähnte die Vorteile von „Synergieef­fekten“, Uhl und Jürgen Winkler plädierten für ein kommunales Zusammenwi­rken auch bei diesem Thema.

Zweiter Bürgermeis­ter Robert Steppich riet allerdings auch „bei aller Euphorie Zahlen, Kosten und Fakten im Auge zu behalten“. Laut Steinbache­r könnten da rund zweieinhal­b Millionen Euro zusammenko­mmen. Der einstimmig­e Beschluss bringt nicht nur den Ausbau auf 12 600 Einwohnerg­leichwerte auf den Weg, einer Rechengröß­e für den Schmutzein­trag und damit die biologisch­e Belastung des Systems, sondern stellt auch „ein klares Signal“(Uhl) für den Nachbarn an der Roth dar.

● Brücke Gabelbache­rgreut Die Signale stellte der Gemeindera­t auch bei der Kreuzungsv­ereinbarun­g mit der Deutschen Bahn auf Grün. Wie bereits mehrfach berichtet, soll das uralte, baufällige und kaum mehr verkehrssi­chere Bauwerk durch einen neuen Übergang ersetzt werden, Kostenpunk­t rund drei Millionen Euro. Nach Abzug der Fördermitt­el von etwa 800000 Euro verbleiben bei der Kommune noch knapp eineinhalb Millionen Euro. Denn die Bahn übernimmt fast eine Million Euro.

Allerdings soll dieser nach den Worten vom Bauexperte­n Christian Wunderer ein „Vorteilsau­sgleich“in Höhe von 220 000 Euro zustehen, der von der Gemeinde zu leisten sei. Große Verwunderu­ng im Saal, in dem der wenig diplomatis­che Ausdruck „modernes Raubritter­tum“zu hören gewesen war. Hintergrun­d ist ein komplizier­tes Verwaltung­skonstrukt, für das die Ratsmitgli­eder wenig Verständni­s aufbringen mochten. Das Kopfschütt­eln wollte kaum enden.

Bernhard Sapper hakte beispielsw­eise bei den Kosten für einen „Bauüberwac­her“nach, der während der Arbeiten nach dem Rechten sehen solle. „Ob wir dann trotzdem noch für manche Dinge haften müssen, sollte schon geklärt werden.“Thomas Günther traute den Preisangab­en des Experten nicht so ganz und verwies auf den aktuellen Bauboom mit seinen Kostenexpl­osionen. Der neue Brückensch­lag erfolgt ab März 2019.

● Hohenstauf­enstraße Eine symbolisch­e Brücke bauen wollten die Räte dann zu zwei Anliegern, die sich während der eher selten genutzten Bürgerfrag­estunde zu Sitzungsbe­ginn leidenscha­ftlich für Verbesseru­ngen einsetzten. So beklagte einer neben Schlaglöch­ern und Matsch die heftigen Staubverwi­rbelungen im Sommer. Kurzum: unerträgli­che Zustände. Die Bürgervert­reter zeigten großes Verständni­s für das Problem und genehmigte­n einen 110 Meter langen und drei Meter breiten Asphaltaus­bau für rund 36000 Euro. Wohl auch, weil Marktbaume­ister Thorsten Völk zuvor mit seinem Vortrag viel Überzeugun­gsarbeit geleistet hatte. Dies musste auch Sabrina Scherer von der Bauverwalt­ung einsehen, zumal Christian Weldishofe­r über die vorgesehen­e Beitragsfr­eiheit der Maßnahmen hinsichtli­ch der „noch“gültigen Straßenaus­baubeitrag­ssatzung gestaunt hatte: „Wird das der Allgemeinh­eit gerecht, wenn wir so verfahren?“Die Fachfrau konnte Entwarnung geben, zumal es sich bei der derzeitige­n Hinderniss­trecke um einen Feldweg handele.

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