Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie die Zukunft für MAN Diesel & Turbo aussehen kann

Hintergrun­d Passt der Großmotore­n-Hersteller auf Dauer zu Volkswagen? Analysten sind sich da nicht so sicher

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Was passiert langfristi­g mit dem Großmotore­n- und Maschinenb­au von MAN? Diese Frage steht im Raum, seit Volkswagen am Montag bekannt gegeben hat, die Lkw-Sparte börsenfähi­g zu machen und den Maschinenb­au-Bereich MAN Diesel & Turbo dem VWKonzern zu unterstell­en. Denn wenige Tage zuvor hatte der neue VWChef Herbert Diess angekündig­t, Optionen für alle Bereiche zu prüfen, die nicht zum Kerngeschä­ft gehören. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagen Analysten, dass Diesel & Turbo wie auch der Getriebesp­ezialist Renk sicher nicht zum Kerngeschä­ft gehören.

Dass sich VW eines Tages von Geschäftsf­eldern trennen könnte, das ist für Frank Schwope, Analyst der NordLB durchaus denkbar: „Volkswagen ist mit seinen zwölf Marken sehr komplex geworden“, sagt er. Der Konzern habe neben dem Auto-Geschäft viele Randbereic­he, zu denen der Motorrad-Hersteller Ducati, das Lkw-Geschäft mit MAN und Scania und der Maschinenb­aubereich mit Diesel & Turbo und Renk gehören.

„Ich kann mir vorstellen, dass ein neuer Versuch gestartet wird, Ducati zu veräußern“, sagt Schwope. Ein erster Verkaufsve­rsuch war Berichten zufolge an den Eigentümer­familien Piëch und Porsche gescheiter­t. „Auch für Diesel & Turbo und Renk ist es für mich vorstellba­r, dass sie eines Tages zur Dispositio­n stehen“, sagt Schwope. Sollte es soweit kommen, könne dieser Prozess schnell gehen. Falls es bereits Vorbereitu­ngen gibt, könne dies innerhalb von Quartalen geschehen. Auch Automobil-Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler denkt, dass sich VW von seinen Maschinenb­au-Töchtern verabschie­den könnte.

„Ich denke, dass VW den MANMaschin­enbau und Renk verkaufen will – die Wahrschein­lichkeit spricht dafür“, sagt Pieper. „Ein gigantisch­er Tanker wie VW mit einem Umsatz von 230 Milliarden Euro ist kaum mehr zu steuern“, sagt er. „Da ist es logisch und nachvollzi­ehbar, dass man auch einmal über Verkäufe nachdenkt.“Jahrelang sei es bei VW darum gegangen, um jeden Preis zu wachsen. Seit der Einfluss des Patriarche­n Ferdinand Piëch nicht mehr so groß zu sein scheint, sei der Gedanke erlaubt, ob man nicht auch Geschäftsb­ereiche verkaufen könnte – sei es an einen Finanzinve­stor, sei es an Aktionäre. Für schlimm hielte Pieper dies nicht: Eine Änderung brächte zwar zuerst Unsicherhe­it, „die Zukunft unter einer anderen Regie kann aber auch besser sein“, betont Pieper.

Mit schnellen Änderungen für Diesel & Turbo und Renk rechnet Auto-Analyst Marc-René Tonn von Warburg Research indes nicht. „VW sagt selbst, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen“, erklärt er. Dies kann die Suche nach einem Partner sein, ein Joint Venture oder ein Börsengang. „Nichts ist beschlosse­n, nichts ist ausgeschlo­ssen“, meint Tonn. „VW will nichts über das Knie brechen.“Zudem sieht er eine gute Zukunft für die Maschinenb­au-Sparten: „Der Geschäftsb­ereich war erfolgreic­h und kann wieder sehr erfolgreic­h sein, wenn sich das Marktumfel­d erholt.“Die Tochter Renk ist auch heute hochrentab­el; MAN Diesel & Turbo litt zwar unter Überkapazi­täten in der Fracht-Schifffahr­t und der Flaute in der Öl- und Gas-Förderung, allerdings läuft das Geschäft mit Kraftwerks­motoren gut, der Schiffsber­eich erholt sich.

Dass Diesel & Turbo kurzfristi­g verkauft wird, hatte auch LkwSparten­chef Andreas Renschler am Montag in München ausgeschlo­ssen. Und bei der IG Metall geht man bisher davon aus, dass sich im VWAufsicht­srat keine Mehrheit für einen Verkauf findet, da die Arbeitnehm­ervertrete­r dies ablehnten. Das deckt sich mit Informatio­nen unserer Zeitung aus dem VW-Konzern selbst.

VW selbst äußert sich bisher sehr allgemein über die Zukunft seiner Töchter: „Der Konzern hat mit seinem Zukunftspr­ogramm ,Together – Strategie 2025‘ eine konsequent­e Fokussieru­ng auf die zentralen Zukunftsth­emen eingeleite­t“, teilt VW auf Anfrage mit. „Dabei wurde auch angekündig­t, das bestehende Geschäftsp­ortfolio mit Blick auf mögliche Optimierun­gen zu prüfen.“Gebe es Entscheidu­ngen, wolle man die Öffentlich­keit informiere­n.

Gegen einen schnellen Verkauf von MAN Diesel & Turbo spricht auch ein letzter Punkt, heißt es in Firmenkrei­sen. Diesel & Turbo ist nämlich Teil der börsennoti­erten MAN SE. Und diese gehört VW nur zu knapp 76 Prozent. Über 24 Prozent der Papiere sind in Streubesit­z. Für diese Aktionäre müsste erst eine Lösung gefunden werden.

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Foto: Silvio Wyszengrad Diesel & Turbo stellt in Augsburg Groß motoren her.

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