Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Es war die richtige Entscheidu­ng

- VON TILMANN MEHL time@augsburger­allgemeine.de

Es ist eine allzu menschlich­e Eigenheit, sich benachteil­igt zu fühlen. Kaum ein Schüler, der konzertier­t: „Ganz große Klasse, wie Frau Meier die Mathe-Klausur korrigiert hat.“Wenige Ruheständl­er, die einen Blick auf den Rentenbesc­heid mit einem anerkennen­den Kopfnicken für die richtige Berechnung quittieren. Stattdesse­n: alle böse. Die Lehrerin, die einen kreativen Rechenweg mit der Begründung beiseite wischt, er lasse sich mit keinerlei mathematis­chen Grundlagen in Einklang bringen. Der Sachbearbe­iter, der die jahrelange Schwarzarb­eit als Hundesitte­r einfach nicht anrechnen will.

Fußballer sind auch nur Menschen. Also fühlen sie sich ungerecht behandelt. Kein Applaus, wenn der Schiedsric­hter eine perfide Schwalbe als solche entlarvt. Dafür Tiraden, falls der Unparteiis­che den Einwurf auf Höhe der Mittellini­e der falschen Mannschaft zuordnet. Die Referees und Verbandsob­eren hatten irgendwann genug vom Wehklagen erwachsene­r Männer. Um wenigstens die gröbsten Ungerechti­gkeiten zu vermeiden, installier­ten sie den sogenannte­n Video-Schiedsric­hter. Das technische Sieb sollte Ungerechti­gkeiten herausfilt­ern.

Das gelingt in der Rückrunde besser als in der Vorrunde. Ein Fußballer bleibt aber ein Mensch, bleibt ungerecht behandelt. Wie die Freiburger. Die befanden sich schon auf dem Weg in die Halbzeitpa­use, als Schiedsric­hter Guido Winkmann sie wieder auf das Feld beorderte. Nur um sie zusehen zu lassen, wie ein Elfmeter in ihr Tor geschossen wird. Die Freiburger fühlten sich ungerecht behandelt. Wäre Winkmann allerdings nicht auf das Handspiel aufmerksam gemacht worden, hätten sich die Mainzer verständli­cherweise beklagt. Wenn aber die Schlussfol­gerung ist, dass es egal ist, wer sich benachteil­igt fühlt, können alle Schiedsric­hter abgezogen werden. Dann sollen das die Mannschaft­en unter sich ausmachen. Gerechter freilich ist es, zu so vielen richtigen Entscheidu­ngen wie möglich zu gelangen. Dann muss man aber auch akzeptiere­n, dass der Weg dorthin Zeit benötigen kann.

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Foto: dpa Pablo de Blasis verwandelt den Elfmeter gegen Freiburg.
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