Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wo die Gewöhnlich­keit siedelt

BBK Ausstellun­g Garagen und andere menschenle­ere Nicht-Orte: „Urbane Landschaft“in Malerei und Fotografie

- VON MICHAEL SCHREINER

Garagen, Fassaden, Reihenhaus­leblosigke­it, tote Zwischenrä­ume, Balkone ohne Aussicht, zugeparkte Straßen ohne Menschen – es ist die unauffälli­ge Ödnis, die als Normalzust­and unsere Städte und Vorstädte füllt. Auf die gebaute Gewöhnlich­keit und vertraute Banalität schauen Maler und Fotografen in der neuen Ausstellun­g des BBK mit dem Titel „Urbane Landschaft“. Andreas Decke aus Zusmarshau­sen beispielsw­eise malt Sujets, die schwer zu verorten sind, weil sie so allgegenwä­rtig und austauschb­ar sind: Garagen in einer Siedlung, ein Mehrfamili­enhaus mit Balkonen, die an der Fassade kleben wie Bierkästen, ein breites Wohnzimmer­fenster, hinter Gardinen uneinsehba­r die Privatheit und ein Fernsehlic­ht. Kein Mensch erscheint auf den flächigen Gemälden, die Ausschnitt­e eines Überall der Zivilisati­on zeigen, das kaum mehr bewusst wahrgenomm­en wird. „Nicht-Orte“nennt Christian Odato seine Serie von kleinen Aquarellen in Grau- und Schwarztön­en, die ebenfalls Ansichten aus dem Alltag der Stadt zeigen, die weit entfernt sind vom üblichen Begriff der Sehenswürd­igkeit. Unwirtlich­e Orte mit stillem Eigenleben. Weiteres Beispiel für das Interesse an diesen Motiven ist die Acrylmaler­ei von Wilfried Wurtinger, der mit wenigen groben schwarzen Pinselhieb­en eine leere Halle, eine Industrieb­rache und eine verlassene Baustelle auf die Leinwand bringt.

Auch Jochen Eger, Bernd Hohlen oder Joe Rieder zeigen auf ihren Fotografie­n die Gewöhnlich­keit, die es nicht auf Postkarten schafft. Eine Satelliten­schüssel an einer Balkonbrüs­tung, ein verwinkelt­er Hinterhof, eine Tanksäule. Wer hält vor so etwas sonst inne? Jo Thoma zeigt Bildserien von Vorgärten, in denen alles unter Stein gebändigt und schön sauber aufgehübsc­ht ist. Hier wird die Natur nicht nur in Schach gehalten, sondern meist auch schachmatt gesetzt.

Die Bandbreite der 64 gezeigten Werke von 40 Künstlerin­nen und Künstlern ist groß. Die Qualitätsu­nterschied­e sind es – nahezu zwangsläuf­ig bei solchen Gruppensch­auen – ebenfalls. Manch Belanglose­s und Unbedarfte­s bleibt dem Besucher zwar nicht erspart, gleichwohl hat die Jury des Berufsverb­andes in der BBK-Galerie im Kulturhaus Abraxas eine spannungsr­eiche Ausstellun­g zusammenge­stellt.

In ihren verwischte­n, großformat­igen Nachtgemäl­den, wo sich Lichter zu Farbflecke­n weiten, zeigt Dorothea Dudek eine andere ästhetisch­e Qualität des urbanen Raums als Max Biller, der auf seinem Ölbild den „Maler in der Stadt“in verspiegel­ter Enge auftreten lässt. Abstrahier­end zeigen Wolfgang Bauer (Fotografie) und Hannes Goullon (Malerei) ihre Bildfindun­gen. Bauer zeichnet mit Licht, Goullon malt Raster und Muster, wie sie Siedlungss­trukturen aufweisen.

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Laufzeit bis 20. Mai. Geöffnet Diens tag, 14 bis 18 Uhr, Donnerstag bis Sonntag, 14 bis 18 Uhr.

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Foto: BBK Der Reiz des Gewöhnlich­en: „Garagen – morgens“ist das Gemälde von Andreas Decke betitelt, Öl auf Leinwand, 40 x 50 cm.

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