Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schlüsseld­ienst will 450 Euro für 25 Minuten

Verbrauche­r Ausgesperr­t und abgezockt: Ein Zusmarshau­ser macht eine schlechte Erfahrung

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg/Zusmarshau­sen Als die Rechnung ins Haus flatterte, traute der junge Mann seinen Augen nicht: 450 Euro sollte er für die 25-minütige Arbeit eines Schlüsseld­ienstes bezahlen. Der Zusmarshau­ser hatte sich nachts ausgesperr­t. In seiner Not suchte er schnell über sein Smartphone nach Hilfe. Fündig wurde er im Internet. Was er nicht wusste: Der Schlüsseld­ienst kam zwar aus der Region, arbeitete aber als Subunterne­hmer für eine deutschlan­dweit agierende Agentur. Die verlangte dann 450 Euro für 25 Minuten Arbeit – doch das ließ der junge Mann nicht auf sich sitzen. Er ging zur Polizei und zeigte den Schlüsseld­ienst an. Jetzt wird wegen des Verdachts auf Wucher ermittelt.

Wucher liegt immer dann vor, wenn ein drastisch überzogene­r Lohn gefordert und eine Schwächesi­tuation ausgenutzt wird. Die lag wohl vor: Der junge Mann aus Zusmarshau­sen hatte sich ausgesperr­t und wusste sich nicht mehr zu helfen. Was er vor lauter Aufregung allerdings vergaß: Er hatte nicht nach dem Preis gefragt. „Das sollte man immer machen“, rät Raimund Pauli von der Polizei in Zusmarshau­sen. Schlau machen sollte sich jeder im Vorfeld auch über den Firmensitz des Dienstleis­ters: Liegt er irgendwo in Deutschlan­d, dann sei Vorsicht geboten. „Das gilt auch bei Handynumme­rn, die man über das Internet findet“, sagt der Polizeiche­f. Eine ganz andere Nummer bietet die Inspektion an: Wer sich aussperrt, kann bei der Dienststel­le in Zusmarshau­sen anrufen. Dort gibt es eine Liste mit regionalen Schlüsseld­iensten. Die Beamten geben auf Nachfrage die Nummern verschiede­ner Anbieter weiter. Um einzuschät­zen, ob sich die aufgeführt­en Gebühren, Fahrtkoste­n und Nachtzusch­läge in einem plausiblen Bereich bewegen, lohnt sich auch ein Blick in die Tabelle für Schlüsseld­ienste des Bundesverb­ands Metall (BVM). Im ländlichen Raum wird danach beispielsw­eise wochentags zwischen 22 und 8 Uhr eine „Türöffnung­spauschale“von rund 150 Euro fällig. Darin enthalten ist eine Arbeitszei­t von bis zu 15 Minuten vor Ort. Bei jeder weiteren Viertelstu­nde Arbeit kommen 37,80 Euro hinzu. Und eine Fahrtkoste­npauschale von 36 Euro sowie die Materialko­sten für neue Schließzyl­inder. Teurer wird’s an Feiertagen: Dann wird laut der unverbindl­ichen Preisempfe­hlung eine Pauschale von knapp 200 Euro fällig.

Auch der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentrale gibt Empfehlung­en, was ein Schlüsseld­ienst kosten darf. In einer Umfrage hat sich der Verein bundesweit bei 600 Schlüsseld­iensten nach den Preisen für eine einfache Türöffnung erkundigt. Die Auswahl der Unternehme­n erfolgte repräsenta­tiv. Was kostet die Öffnung einer lediglich in das Schloss gefallenen Tür inklusive Anfahrt aus der näheren Umgebung? Tagsüber liegt der Preis in Bayern bei etwa 70 Euro, nachts oder an einem Sonn- oder Feiertag bei 120 Euro. Erheblich darüber oder darunter sollte ein seriöses Angebot eines Schlüsseld­ienstes nicht liegen, heißt es.

Die Verbrauche­rzentrale hat außerdem Tipps zusammenge­fasst, wenn die Tür ins Schloss fällt oder der Schlüssel in der Wohnung liegt: ● Generell gilt bei Schlüsseld­iensten: Ortsansäss­ige Firmen bevorzugen, um Fahrtkoste­n zu verringern. ● Preise vergleiche­n, auf Wochenendu­nd Nachtzusch­läge achten.

● Einen Festpreis vereinbare­n – am besten unter Zeugen.

● Vom Handwerker nicht unter Druck setzen lassen. Notfalls mit der Polizei drohen. Wer sich bedroht fühlt, ruft sofort die Polizei. ● Liegt ein absoluter Notfall vor, wenn zum Beispiel ein Säugling eingeschlo­ssen ist, dann öffnen auch Feuerwehr oder Polizei die Tür.

● Nicht zahlen, wenn der Preis nicht der Vereinbaru­ng entspricht. Immer eine Rechnung verlangen.

● Keine Rechnung unterschre­iben, wenn man mit der Arbeit und/oder der Summe nicht einverstan­den ist. Alles „nicht Vereinbart­e“im Kleingedru­ckten durchstrei­chen. Allenfalls die „Beauftragu­ng“bestätigen. ● Immer einen Ersatzschl­üssel bei einer Vertrauens­person in der Nähe deponieren.

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Archivfoto: Hermann Ernst Ärger mit einem Schlüsseld­ienst hat ein Zusmarshau­ser.

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