Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schlüsseldienst will 450 Euro für 25 Minuten
Verbraucher Ausgesperrt und abgezockt: Ein Zusmarshauser macht eine schlechte Erfahrung
Landkreis Augsburg/Zusmarshausen Als die Rechnung ins Haus flatterte, traute der junge Mann seinen Augen nicht: 450 Euro sollte er für die 25-minütige Arbeit eines Schlüsseldienstes bezahlen. Der Zusmarshauser hatte sich nachts ausgesperrt. In seiner Not suchte er schnell über sein Smartphone nach Hilfe. Fündig wurde er im Internet. Was er nicht wusste: Der Schlüsseldienst kam zwar aus der Region, arbeitete aber als Subunternehmer für eine deutschlandweit agierende Agentur. Die verlangte dann 450 Euro für 25 Minuten Arbeit – doch das ließ der junge Mann nicht auf sich sitzen. Er ging zur Polizei und zeigte den Schlüsseldienst an. Jetzt wird wegen des Verdachts auf Wucher ermittelt.
Wucher liegt immer dann vor, wenn ein drastisch überzogener Lohn gefordert und eine Schwächesituation ausgenutzt wird. Die lag wohl vor: Der junge Mann aus Zusmarshausen hatte sich ausgesperrt und wusste sich nicht mehr zu helfen. Was er vor lauter Aufregung allerdings vergaß: Er hatte nicht nach dem Preis gefragt. „Das sollte man immer machen“, rät Raimund Pauli von der Polizei in Zusmarshausen. Schlau machen sollte sich jeder im Vorfeld auch über den Firmensitz des Dienstleisters: Liegt er irgendwo in Deutschland, dann sei Vorsicht geboten. „Das gilt auch bei Handynummern, die man über das Internet findet“, sagt der Polizeichef. Eine ganz andere Nummer bietet die Inspektion an: Wer sich aussperrt, kann bei der Dienststelle in Zusmarshausen anrufen. Dort gibt es eine Liste mit regionalen Schlüsseldiensten. Die Beamten geben auf Nachfrage die Nummern verschiedener Anbieter weiter. Um einzuschätzen, ob sich die aufgeführten Gebühren, Fahrtkosten und Nachtzuschläge in einem plausiblen Bereich bewegen, lohnt sich auch ein Blick in die Tabelle für Schlüsseldienste des Bundesverbands Metall (BVM). Im ländlichen Raum wird danach beispielsweise wochentags zwischen 22 und 8 Uhr eine „Türöffnungspauschale“von rund 150 Euro fällig. Darin enthalten ist eine Arbeitszeit von bis zu 15 Minuten vor Ort. Bei jeder weiteren Viertelstunde Arbeit kommen 37,80 Euro hinzu. Und eine Fahrtkostenpauschale von 36 Euro sowie die Materialkosten für neue Schließzylinder. Teurer wird’s an Feiertagen: Dann wird laut der unverbindlichen Preisempfehlung eine Pauschale von knapp 200 Euro fällig.
Auch der Bundesverband der Verbraucherzentrale gibt Empfehlungen, was ein Schlüsseldienst kosten darf. In einer Umfrage hat sich der Verein bundesweit bei 600 Schlüsseldiensten nach den Preisen für eine einfache Türöffnung erkundigt. Die Auswahl der Unternehmen erfolgte repräsentativ. Was kostet die Öffnung einer lediglich in das Schloss gefallenen Tür inklusive Anfahrt aus der näheren Umgebung? Tagsüber liegt der Preis in Bayern bei etwa 70 Euro, nachts oder an einem Sonn- oder Feiertag bei 120 Euro. Erheblich darüber oder darunter sollte ein seriöses Angebot eines Schlüsseldienstes nicht liegen, heißt es.
Die Verbraucherzentrale hat außerdem Tipps zusammengefasst, wenn die Tür ins Schloss fällt oder der Schlüssel in der Wohnung liegt: ● Generell gilt bei Schlüsseldiensten: Ortsansässige Firmen bevorzugen, um Fahrtkosten zu verringern. ● Preise vergleichen, auf Wochenendund Nachtzuschläge achten.
● Einen Festpreis vereinbaren – am besten unter Zeugen.
● Vom Handwerker nicht unter Druck setzen lassen. Notfalls mit der Polizei drohen. Wer sich bedroht fühlt, ruft sofort die Polizei. ● Liegt ein absoluter Notfall vor, wenn zum Beispiel ein Säugling eingeschlossen ist, dann öffnen auch Feuerwehr oder Polizei die Tür.
● Nicht zahlen, wenn der Preis nicht der Vereinbarung entspricht. Immer eine Rechnung verlangen.
● Keine Rechnung unterschreiben, wenn man mit der Arbeit und/oder der Summe nicht einverstanden ist. Alles „nicht Vereinbarte“im Kleingedruckten durchstreichen. Allenfalls die „Beauftragung“bestätigen. ● Immer einen Ersatzschlüssel bei einer Vertrauensperson in der Nähe deponieren.