Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was das DieZ jetzt mit Berlin zu tun hat
Interview Der Vorsitzende des Trägervereins im Begegnungszentrum, Dieter Benirschke, über Aktuelles sowie einen Autor aus der Hauptstadt und dessen Faible für das Projekt vor Ort
Herr Benirschke, knapp eineinhalb Jahre gibt es das Begegnungszentrum DieZ in Diedorf inzwischen. Was passiert denn da genau?
Dieter Benirschke: Wir sind kein reiner Anlaufpunkt für Geflüchtete und Migranten, sondern ein Treffpunkt für alle Diedorfer, egal ob sie schon immer hier leben oder erst seit Kurzem. Es geht um Begegnung, um Stärkung des Gemeinwesens, um soziale Integration mit einem Schwerpunkt auf Kultur, Ökologie und Völkerverständigung. Wir arbeiten generationen- und kulturübergreifend. Außerdem haben bei uns zwei Diedorfer Helferkreise ihr Dach über dem Kopf gefunden, Bürgermeister und Gemeinderat setzen sich ein, und mit über 60 Ehrenamtlichen sind wir landkreisweit ein Leutturmprojekt.
So weit zur Theorie. Aber wie setzen Sie das um? Benirschke: Wir haben Basisangebote, die immer stattfinden. Das sind etwa der Kleiderstadl oder die Fahrradwerkstatt sowie das Deutsch-Café und das Café Karibu. Hinzu kommt ein wechselndes Programm. Darum kümmert sich vor allem meine Kollegin Veronika Thum-Köglowitz. Gerade hatten wir einen Tanzabend mit DJane Rena. Einmal im Monat kocht Karl Markus gemeinsam mit Geflüchteten für alle Diedorfer interkulturell – und zwar vegetarisch und vegan, das können alle essen. Wer will, kann kommen. Das kommt sehr gut an. Außerdem gibt es Yogatermine und kreative Angebote. Auch setzen wir vermehrt auf Bildungsangebote.
Und das wird von den Diedorfern genutzt?
Benirschke: Wir haben mit unserer Arbeit schon viele Menschen erreicht, die immer wieder kommen. Wir wollen aber noch bekannter werden. Dazu dienen auch Aktionen wie gerade eben der Tag der offenen Tür zum Maimarkt. Da waren wirklich viele da.
Gegründet wurde das DieZ, als viele Flüchtlinge nach Diedorf kamen. Was unterscheidet denn ihre Arbeit etwa in der Fahrradwerkstatt von einem normalen Fahrradgeschäft? Benirschke: Bei uns geht es nicht um den Gewinn. Vor Kurzem haben wir einen Trägerverein gegründet, mit dem wir die Gemeinnützigkeit anstreben. Ansonsten finanzieren wir uns über Spenden. Und damit zurück zur Fahrradwerkstatt: Wenn wir jemandem ein Rad vermitteln können, dann verkaufen wir das nicht, freuen uns aber über Spenden. Wichtig ist uns, beim gemeinsamen Werkeln an den Rädern ins Gespräch zu kommen. Wir suchen den Kontakt zu den Menschen, fragen auch einfach mal, wie es dem anderen geht.
Das ist doch eigentlich schon eine Art Nachbarschaftshilfe.
Benirschke: Ja, genau. So hat das übrigens auch ein Autor aus Berlin gesehen, Holger Michel. Auf den sind wir durch Recherchen im Internet gestoßen. Er hat in einem Buch seine Erfahrungen in einer großen Flüchtlingsnotunterkunft in Berlin verarbeitet. Er hat uns bereits im vergangenen Sommer besucht. Michel ist nicht nur Autor, sondern arbeitet im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) an allgemeingültigen Erkenntnissen für die Integrationsarbeit. Was er in Diedorf gesehen hat, hat ihm so sehr gefallen, dass das DieZ demnächst in einer Handreiche als gutes Beispiel nennt und er in Berlin eine Nachbarschaftshilfe unter anderem nach unserem Vorbild geschaffen hat. Die heißt übrigens „Nachbarschafft“.
Und jetzt kommt Holger Michel wieder?
Benirschke: Richtig. Am Freitag, 4. Mai, wird er um 19 Uhr bei uns aus seinem Buch „Wir machen das“lesen.
Das Interview führte Jana Tallevi