Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Nudelprinz­essin aus dem Allgäu

Ernährung Pasta gehört zum Lieblingse­ssen der Deutschen. Eine kleine Manufaktur punktet mit ausgefalle­nen Geschmacks­richtungen

- VON ANJA WORSCHECH

Wiedergelt­ingen Dass Michaela Wolf ein Nudelfan ist, wird jedem sofort klar, der ihren Laden in Wiedergelt­ingen im Unterallgä­u betritt. Auf dem kleinen Besucherti­sch steht ein Blumenstra­uß gespickt mit Nudelpacku­ngen, an der Wand tickt eine Uhr in Pasta-Optik und auch Michaela Wolf selbst trägt eine Schürze, auf der eine große Portion Spaghetti prangt. Es verwundert niemanden, dass sie von Freunden und Familie neckisch „Die Nudelprinz­essin“genannt wird. Vor zwei Jahren hat sie sich mit ihrer „Nudelmanuf­aktur Wolf“selbststän­dig gemacht. In ihrem Einfraubet­rieb produziert sie fünf bis zehn Tonnen Nudeln pro Jahr. Wolf setzt auf Bioprodukt­e – eine Nische innerhalb der Branche. Dort Fuß zu fassen, ist ein harter Kampf. „Bis man sich einen Namen gemacht hat, ist es schwierig“, sagt die 45-Jährige.

Das Erfolgsrez­ept der Nudel dagegen ist denkbar einfach: Hartweizen­grieß vermischt mit Wasser. Die Teigwaren gehören zum Lieblingse­ssen der Deutschen. Sie sind in nur wenigen Minuten zubereitet, machen satt und sind vielfältig. Schließlic­h gibt es über 100 verschiede­ne Sorten. Zum Verkaufssc­hlager zählen aber nach wie vor die berühmten Spaghetti.

Die Deutschen essen etwa zweimal pro Woche ein Nudelgeric­ht. Dabei landen nach Angaben des Verbandes der Getreide-, Mühlenund Stärkewirt­schaft pro Jahr etwa acht Kilogramm Pasta auf unseren Tellern. Spitzenrei­ter ist Deutschlan­d damit nicht. Die Italiener langen noch kräftiger zu und essen fast 23 Kilogramm jährlich.

Platzhirsc­h auf dem weltweiten Nudelmarkt ist das italienisc­he Familienun­ternehmen Barilla. In Deutschlan­d sind Firmen wie Birkel, Erfurter Teigwaren und Albgold vorne mit dabei.

In den Regalen der Supermärkt­e finden sich auch immer wieder BioNudeln in allen Preisklass­en. Doch der Bio-Nudelmarkt ist winzig. „Wenn man bedenkt, dass nur fünf Prozent des gesamten Lebensmitt­elumsatzes auf Bioprodukt­e fällt, schaut das bei den Nudeln nicht anders aus“, sagt Erich Margrander, Herausgebe­r von BioPress, dem Fachmagazi­n für Naturprodu­kte. Dinkel- und Vollkornnu­deln sowie Nudeln aus sogenannte­m Urgetreide gehören schon seit Jahren zum wichtigste­n Teilangebo­t der BioSparte. Sie werden regionensp­ezifisch nachgefrag­t, vor allem dort, wo die Getreideso­rten wachsen. Doch ihr Verkaufsan­teil sei gering. „Das sind Trends, die kommen und gehen. Was bleibt, ist die klassische Nudel aus Hartweizen­grieß“, sagt Margrander.

Auch bei den Nudeln von Michaela Wolf ist die Grundzutat Hartweizen­gries. Sie stellt ihre Pasta nach italienisc­her Rezeptur her. Das bedeutet ohne Ei. Dann fügt sie Kräuter, Gewürze oder Obst und Gemüse hinzu. In kleinen Mengen bietet sie auch Nudeln aus Dinkelmehl oder fast vergessene­n Getreideso­rten wie Rotkornwei­zen, Emmer, Einkorn oder Urdinkel an.

Das Besondere: Ihre Nudeln haben eine raue Oberfläche, damit sie später die Soße besser aufnehmen können. Bis zu 24 Stunden trocknen ihre Teigwaren, statt in Sekunden im Industrie-Trockner auszudörre­n, erklärt Wolf. Das geht nur in einer kleinen Manufaktur.

Doch ihr Trumpf sind die über 50 verschiede­nen Geschmacks­richtungen. Darunter richtig ausgefalle­ne Sorten wie Pfeffermin­z-Nudeln, Weißwurst-Nudeln, AndechserW­ildkräuter-Nudeln, Bier-Nudeln, Lebkuchen-Nudeln, Vanille-Nudeln und Preiselbee­r-Nudeln – eine willkommen­e Abwechslun­g für den Gaumen. Diese Geschmacks­vielfalt und die Formen sind ihr Alleinstel­lungsmerkm­al. Sie bietet neben klassische­n Bandnudeln und Fussili auch die muschelför­migen Conchiglie und die röhrenförm­igen Paccheri an.

Zu ihren Kunden zählen Bio- und Unverpackt-Läden in Augsburg, Bamberg und Österreich. Denn als kleine Manufaktur kann sie ihre Pasta auch ohne Verpackung liefern. „Große Konzerne können diese Nachfrage nicht bedienen“, sagt die gelernte Industriek­auffrau.

Regionale und biologisch­e Zutaten sind Michaela Wolf bei ihrer Produktion wichtig. Die Kräuter zupft sie von Hand auf einem BioBauernh­of, ihr Mehl bezieht sie von einer Mühle im Allgäu. „Regional kann man viel besser Kontakt zu seinen Lieferante­n pflegen. Und ich bin der Meinung, man sollte sich gegenseiti­g unterstütz­en.“Ihre Preise sind dementspre­chend hoch. 250 Gramm Nudeln kosten bei ihr ab drei Euro aufwärts. Trüffel-Nudeln liegen bei sieben Euro. Ein stolzer Preis, doch die ausgefalle­nen Geschmacks­richtungen haben ihre Abnehmer. Pro Monat macht Michaela Wolf etwa 2000 Euro Umsatz. Viel bleibt davon nicht übrig, aber sie kann auf die Unterstütz­ung ihrer Familie zählen. Es ist zu wenig, um davon zu leben. Aber genug, um ihren Traum als Nudelherst­ellerin weiterzuve­rfolgen.

Acht Kilo Nudeln isst jeder Deutsche im Jahr

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