Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bin ich ein Chatbot?

Manchmal kommt man auf verrückte Ideen. Man könnte sich doch mal durch einen Roboter ersetzen …

-

Roboter ersetzen. Das verschlafe­ne, müslimümme­lnde Kind, das lieber noch in Disney’s Lustiges Taschenbuc­h lesen möchte, würde den Unterschie­d zwischen einer Pausenbrot schmierend­en Mutter und einem Androiden nicht bemerken. Wofür ich durchaus auch großes Verständni­s habe, auch mein Mütter-Motor läuft um diese Uhrzeit nur gezwungene­rmaßen.

Ist das Kind zur Schule unterwegs, macht der Chatbot Pause und erledigt seine Aufgaben weitgehend schweigend bis Mittag, um mit Rückkehr des Kindes automatisc­h sein Sprachprog­ramm wieder aufzunehme­n:

Na, wie war es?

Oh, MatheproAu­ch be! Wie lief’s? Hunger? Nein, heute gibt es kein Wiener Schnitzel ... Zu den klassische­n Textbauste­inen der zweiten Tageshälft­e zählt auch: Hast du viele Hausaufgab­en auf? Von der Antwort hängt die weitere Programmie­rung des Nachmittag­es ab. Wenig Hausaufgab­en lösen oft folgenden Sprachimpu­ls aus: Sehr gut! Wenn du dich beeilst, können wir noch auf den SheridanSp­ielplatz radeln. Viele Hausaufgab­en bedeuten: alles klar ... Wie wär’s nachher mit Vanille-Pudding? das Kind kommunizie­rt ganz selbstvers­tändlich mit Standardna­chrichten: Zu den festen Nachmittag­smodulen zählen: Sch..., wo ist mein Hausaufgab­enheft? Och nee, ich habe keine Lust. Mache ich gleich ... Ich brauche ein neues Reli-Heft. Morgen ist Deutschpro­be ... Meine Sportschuh­e drücken übrigens ... Wo ist das iPad? Wahrschein­lich muss man sich einfach damit abfinden: Es gibt Familienph­asen, da reduziert sich das Miteinande­r auf den Austausch von Informatio­nen; der Alltag teilt sich ein in Sprech-, Erledigung­s-, Organisati­onsund Vorbereitu­ngsmodule. Und man weiß am Abend schon (Schau mal auf die Uhr, es ist jetzt wirklich Zeit ins Bett zu gehen), am nächsten Tag wird es genauso weiter gehen ...

Manchmal brauchen wir aber auch Quatschmod­ule. Dann machen wir uns einen Spaß daraus und tippen wild auf unseren Rücken herum und sagen: Miep, miep, miepmiep: Ich programmie­re dich auf Zimmer aufräumen. Oder mein Sohn bei mir mit scheppernd­er Stimme: Kauf’ mir ein Spaghettie­is, sonst totaler Systemabst­urz ...

Das hilft nur kurz, denn am nächsten Morgen um 6.45 Uhr ... Man weiß es ja schon ... Gottseidan­k stehen die Ferien vor der Tür. Höchste Zeit mal wieder den Stecker zu ziehen und den Tag auf sich zukommen lassen.

Doris Wegner, 48, lebt in Augsburg und hat einen Sohn im Alter von zehn Jahren.

***

Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Radlerlebe­n“mit Ansichten und Geschichte­n aus dem Leben eines Radfahrers.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany