Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gersthofer Stadträte streiten übers Geld

Kommunalpo­litik In der reichsten Kommune des Landkreise­s geht es aber nicht um Schulden, sondern um Guthaben und Investitio­nen. Die Kernfrage: Gönnt die Mehrheit dem Bürgermeis­ter keinen Erfolg?

- VON CHRISTOPH FREY

Gersthofen Schlechte Stimmung trotz voller Kassen: Gersthofen­s Stadtratsf­raktionen streiten über die Ausgabenpo­litik der Stadt. Offen zutage trat der Konflikt am Montagaben­d. Der Dritte Bürgermeis­ter Reinhold Dempf (FW) warf den Fraktionen von CSU und WIR, die zusammen im Stadtrat die Mehrheit haben, eine Verhinderu­ngspolitik vor. Diese sei „grob fahrlässig und verantwort­ungslos“. Albert Kaps (Pro Gersthofen) sprach von einer „reinen Partei-, Macht- und Verhinderu­ngspolitik von CSU und WIR“, die sich gegen Bürgermeis­ter Michael Wörle richte. Diesem solle kein Erfolg gegönnt worden. Für die CSU-Fraktion wies dies Karl-Heinz Wagner zurück. „Wir sind nicht gewählt worden, um alle Vorschläge der Verwaltung abzunicken.“

Anlass für den Streit war die Präsentati­on des Kassenberi­chts für das Jahr 2017 durch Kämmerer Manfred Eding.

Danach hat Gersthofen eine Rücklage von 57 Millionen Euro. Die Steuereinn­ahmen blieben im vergangene­n Jahr mit 27 Millionen Euro um zwei Millionen Euro hinter den Erwartunge­n zurück, der Anteil an der Einkommens­steuer war mit 17 Millionen rund eine Million besser als kalkuliert. Bei Betriebs- und Personalko­sten gab die Stadt mehr als vier Millionen Euro weniger aus als veranschla­gt, bei den Investitio­nen blieb sie um rund acht Millionen Euro hinter den geplanten Ausgaben zurück.

In den Augen von Kaps ist dieses Investitio­ns-Minus eine Folge der Politik von CSU und WIR im Stadtrat. Weil diese der Bauverwalt­ung nicht die geforderte­n zwei zusätzlich­en Architekte­nstellen bewilligt hatten, habe diese nicht genug bauen können. Dabei sei eine derartige Sparpoliti­k in Zeiten von Strafzinse­n falsch. Kaps: „Wir müssen die 57 Millionen Euro unters Volk bringen.“Der beste Weg dazu seien Bauvorhabe­n. Wie mehrfach berichtet, hat Bürgermeis­ter Michael Wörle, der sich am Montag nicht an der Debatte beteiligte, für die nächsten Jahre in Gersthofen ein Bauprogram­m in Höhe von 120 Millionen Euro angekündig­t.

In den Augen der CSU ist weiter finanziell­e Vorsicht angebracht, wie Wagner sagte: „Man muss sich immer fragen: Haben wir das Geld dafür?“Die genannten Sparerfolg­e der Verwaltung seien in Wahrheit keine, weil die Ausgaben von vornherein sehr großzügig veranschla­gt worden seien.

Dempf hielt CSU und WIR vor, dass sie „immer wieder Initiative­n zum Neubau eines Jugendzent­rums oder eine Zusatzinve­stition für eine Beleuchtun­g der Skateranla­ge in Höhe von 40000 Euro“abgelehnt hätten. Das sei angesichts der Herausford­erungen in der Jugendarbe­it verantwort­ungslos.

Nicht recht vorankomme­n wollen auch die Bestrebung­en der Stadt, bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen. 50 Wohnungen will sich die Kommune in den nächsten vier Jahren zulegen, weiß aber nicht recht wie. Sie sich einfach zu bauen, so wie es die Stadt Friedberg macht, sei aufgrund fehlender Bauplätze und mangelnder personelle­r Kapazitäte­n in der Verwaltung nicht machbar, so Eding.

Stattdesse­n versucht die Stadt als Investor aufzutrete­n, welche die Immobilie von einem Bauträger erwirbt. Das aber sei vergaberec­htlich äußerst komplizier­t, so Eding. Keine Kommune in Schwaben habe diesen Weg bislang beschritte­n. Ob es Gersthofen gelingt, sei offen. Eding erklärte dazu: „So weit, so ernüchtern­d.“

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