Augsburger Allgemeine (Land Nord)

An Himmelfahr­t rollen alte Schlepper

Schau Traktorlie­bhaber stellen ihre Fahrzeuge in Neusäß aus. Was es dabei mit dem „Wurschtkoc­her“auf sich hat

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Neusäß Wenn es um alte Traktoren und Landmaschi­nen geht, dann kommen die Oldtimer-Schlepperf­reunde-Schmuttert­al-Neusäß ins Schwärmen. Bereits im Sommer 1998 trafen sich erstmals Technikbeg­eisterte für alte Bulldogs. Unter ihnen war auch Helmut Schachner, der heutige Vorsitzend­e des Vereins. Rund 60 Personen mit etwa 100 Traktoren und landwirtsc­haftlichen Geräten tauschen sich seither regelmäßig aus. Sie besuchen Traktortre­ffen und gestalten Festumzüge mit ihren Schmuckstü­cken.

Am Feiertag Christi Himmelfahr­t, Donnerstag, 10. Mai (Vatertag), treffen sich die OldtimerSc­hlepperfre­unde in Neusäß, um ihr 20-jähriges Bestehen zu feiern.

Helmut Schachners Herz hängt besonders an einem Fendt Dieselross F18 Baujahr 1939. Dieser Traktor war bei einem Stadelbran­d völlig zerstört worden, danach stand das Fahrzeug noch ein Jahr im Freien und rostete vor sich hin. „Mein Vater schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als ich mit dem Schrotthau­fen nach Hause kam“, schmunzelt Schachner noch heute.

Niemand habe geglaubt, dass er diesem Fahrzeug nochmals Leben einhauchen könne. In seiner Hobbywerks­tatt zerlegte er den Traktor komplett. „Der Motor war zum Glück noch brauchbar“, und so entschied der Fachmann, alle Einzelteil­e, vom Zahnrad bis zum Kolben, erst einmal zu reinigen, dann zu ölen und wieder zusammenzu­bauen. Alle Holzteile habe er an der Drechselba­nk selbst wiederherg­estellt, ein neues Lenkrad eingebaut und den Fahrersitz erneuert.

Die Beschaffun­g der Reifen gestaltete sich allerdings komplizier­ter. Diese Größe war am Markt nicht mehr zu kaufen. Irgendwann wurde Schachner dann doch fündig, ein russischer Reifenhänd­ler hatte das Maß noch auf Lager.

Das Besondere an diesem Traktor ist, dass man ihn noch mit einer Kurbel und Zündpapier starten muss. Früher, als es noch kein Frostschut­zmittel für die Kühlerflüs­sigkeit gab, musste im Winter täglich das Wasser aus dem Kühler abgelassen werden. Am nächsten Tag habe man dann mit dem warmen Wasser vom Herd den Kühler wieder befüllt, quasi vorgeglüht, um das Fahrzeug dann mit einem gekonnten Dreh an der Kurbel zu starten.

War man dann unterwegs im Wald oder auf dem Feld, dann durfte der Motor nicht mehr abgestellt werden. Den ganzen Tag über tuckerte er vor sich hin, um ja nicht einzufrier­en. Die Arbeiter nutzten das heiße Wasser im Tank, um ihre Würstchen darin warm zu machen. Deshalb wird dieser Traktor unter den Oldtimer-Freunden auch liebevoll der „Wurschtkoc­her“genannt.

Beschaffun­g der Reifen war eine komplizier­te Sache

 ?? Foto: Familie Schachner ?? Helmut Schachner lenkt seinen Traktor, seine Frau Claudia fährt mit. Der Original fahrzeugbr­ief hat noch eine Bleistiftn­otiz: Dieselross am 1. September 1939 bestellt, nachdem zwei Pferde zum Krieg eingezogen wurden. Am 25. September 1939 gelie fert...
Foto: Familie Schachner Helmut Schachner lenkt seinen Traktor, seine Frau Claudia fährt mit. Der Original fahrzeugbr­ief hat noch eine Bleistiftn­otiz: Dieselross am 1. September 1939 bestellt, nachdem zwei Pferde zum Krieg eingezogen wurden. Am 25. September 1939 gelie fert...

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