Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mit dem Zickentaxi geht’s ins Rathaus
Muttertag Iris Harms hat in Kühlenthal als Bürgermeisterin und vierfache Mama viel zu stemmen. Warum dabei Schildkröten, Papageien und Pferde eine Rolle spielen
Kühlenthal In den Kinderzimmern wird seit Tagen gebastelt und geklebt. In den Bäckereien verströmen frisch gebackene Schokoherzen ihren Duft, und der Nachwuchs schmückt den Frühstückstisch mit Blumen. Es ist Muttertag! An diesem Tag stehen die Mamas im Mittelpunkt, die oft an vielen Stellen gefordert sind.
In Kühlenthal trifft man auf Vierfach-Mama Iris Harms, 44. Sie ist seit vier Jahren Bürgermeisterin in der 850-Einwohner-Gemeinde im Norden des Landkreises und liebt ihren Alltag zwischen Familienmanagement und Gemeinderatsitzungen. Zum Muttertag gewährt sie einen Einblick in ihr Leben. Seit sie zur Rathauschefin gewählt wurde, hat sich in der Familienstruktur viel verändert. Ein gutes Zeitmanagement und Aufgabenverteilung seien wichtig, der Familienalltag müsse gelassen organisiert sein, betont Iris Harms.
Schon unmittelbar nach Amtsantritt bekamen die Töchter ihren ersten Job von „Mutter Bürgermeisterin“: Anrufe, die zu Hause eingehen, aber die Gemeinde betreffen, entgegennehmen! Name und Telefonnummer notieren und auf der Arbeitsfläche in der Küche ablegen! Genau dort sei nach der Wahl ein schriftlicher Nachrichten-Übermittlungsdienst eingerichtet worden, erzählt Iris Harms humorvollernst. Die Töchter Laura-Sophie, 15, Romy, 13, Dana, elf, und Mira, acht, hätten sich daran gewöhnt und machten ihren Job gut, erzählt sie weiter, „sie sind sehr selbstständig geworden und ich kann mich jederzeit auf sie verlassen“.
Wenn die Kinder in der Schule sind, geht es für die Vierfach-Mama meist ins Rathaus oder zu Terminen. Die Nachmittage versucht sie, möglichst frei zu halten, während Abendtermine wieder häufig auf dem Plan stehen. „Dann ist mein Mann zu Hause und bringt die Jüngeren ins Bett.“
Damit das ganze System funktioniert, fasst in der Familie ein Rädchen ins nächste. Eine große Unterstützung ist für Iris Harms neben Ehemann Gerd ihre Mutter Anni Girstenbrei. „Ich kann mich dank meiner Mama jeden Tag an den gedeckten Mittagstisch setzen und schätze das sehr.“Überhaupt: Das gemeinsame Mittagessen gegen 14 Uhr mit der Mutter und den Kindern ist eine Zeit, die ihr heilig ist. Nach der Schule gebe es immer etwas zum Reden – Freude wie Ärger müssten erzählt werden. Aber auch die Organisation der nächsten Termine und Fahrdienste für die Kinder werden hier mit der Oma abgeklärt.
Fragt man die Kinder, wie sie das Bürgermeisteramt ihrer Mutter finden, so sind diese zwiegespalten. Sie sind stolz, dass ihre Mama überall bekannt ist – aber das sei auch genau der Punkt, der manchmal störe. „Sie wird oft angesprochen und unterhält sich dann lange, obwohl wir ihre Aufmerksamkeit wollen“, gestehen die Töchter.
Bestmöglich versucht Harms, die Bedürfnisse der Kinder ins Bürgermeisteramt zu integrieren – und umgekehrt. Doch es gebe schon Situationen, wo es schwierig wird, gesteht sie. Etwa, wenn zu Hause Diskussionen oder nettes Beisammensein einfach abgebrochen werden müssten, „um zu einem Termin pünktlich zu erscheinen“.
Manchmal, für kurze Zeit, ziehe sie ihre Funktionsjacke aus: „Draußen im Garten bei meinem kleinen Zoo mit Schildkröten, Papageien und den Pferden kann ich komplett abschalten – und dann geht’s wieder munter weiter.“
Sie spricht von einem „geliebten Doppelleben“mit Großfamilie und Bürgermeisteramt. Dass sie einmal Gemeindechefin wird, war für die in einem Ortsteil von Kühlenthal wohnende Iris Harms aber kein Kindheitstraum. Es habe sich so ergeben nach einer Periode als Gemeinderätin – nachdem sich der damalige Rathauschef Erich Stohl 2014 aus Altersgründen nicht mehr zur Wahl stellte.
Zurück zum Muttertag: Welches Verwöhnprogramm die HarmsTöchter am Sonntag genau geplant haben, wird nicht verraten. Jedenfalls steht bei der Mama kein Gemeindetermin an. Auf die Frage, ob das Gemeinde-Handy an diesem Ehrentag einmal ausgeschaltet bleibt, antwortet Iris Harms aber mit einem klaren Nein: „Ich habe Verantwortung für die Gemeinde übernommen.“Das gelte auch am Muttertag. »Aufgefallen