Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Diese Bilder werden bleiben“
Fußball Was Jürgen Walter, der sich als Fan des Hamburger SV als Exot betrachtet, noch mehr ärgert, als der Abstieg des Gründungsmitgliedes aus der 1. Bundesliga
Neusäß Fußball spielt im Hause Walter eine wichtige Rolle. Sowohl Vater Jürgen, 50, als auch Sohn Benjamin, 25, waren und sind für die SpVgg Westheim aktiv. Ihre Herzen gehören aber auch Vereinen, die hierzulande nicht so populär sind. Als Fans des Hamburger SV und des 1. FC Kaiserslautern betrachten sie sich deshalb als Exoten. Alle Bekannte im weitem Umkreis fiebern entweder mit dem FC Bayern München oder dem FC Augsburg. „Vereinzelte Dortmunder sind auch dabei“, lacht Jürgen Walter, der beim Bauhof der Stadt Neusäß beschäftigt ist.
Zuletzt mussten Vater und Sohn Walter sehr leidensfähig sein, denn innerhalb von zwei Wochen stiegen sowohl der 1. FC Kaiserslautern aus der 2. Bundesliga als auch der Hamburger SV aus der 1. Bundesliga ab. Das Gründungsmitglied, der „Dino“, musste die Eliteliga nach 56 Jahren verlassen. 45 davon hat Jür- gen Walter als Fan miterlebt, seit 20 Jahren ist der Neusässer Mitglied beim Hamburger Sportverein.
Hallo, Herr Walter! Die BundesligaUhr im Volksparkstadion ist nach mehr als fünf Jahrzehnten abgelaufen. Wie konnte es denn zu diesem Niedergang des Hamburger SV kommen? Walter: Man hat ja eigentlich schon die letzten fünf, sechs Jahre darum gebettelt, wie man so schön sagt. Die Misswirtschaft hat schon im Management begonnen. Da wurde unglaublich viel Kohle verbrannt. Man hat immer noch den erfolgreichen Zeiten unter Ernst Happel nachgetrauert und vom ’großen HSV’ geträumt. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Nach drei Siegen ist immer wieder sofort die große Euphorie ausgebrochen. Wo haben Sie denn den Abgang Ihres Lieblingsvereins verfolgt?
Walter: Am Fernseher. Ich habe nur deshalb Sky abonniert, dass ich meine Jungs sehen kann. Gegen Gladbach hat der HSV übrigens hoch verdient gewonnen. Was mich ärgert, ist die Tatsache, dass in ganz Deutschland von diesem Spiel und dem Abstieg die Bilder von vermummten Idioten und Rauchschwaden, die übers Spielfeld ziehen, übrig bleiben. Das wurmt mich, weil es die ganze Arbeit kaputt macht, die der Titz zuletzt geleistet hat. Wie die anderen Zuschauer gegenüber den Chaoten reagiert haben, fand ich klasse.
Hätte man Christian Titz nicht schon früher als Trainer installieren sollen? Walter: Doch. In der Winterpause hätte ein Schnitt her gehört. Gleich den Titz für Markus Gisdol und nicht erst Bernd Hollerbach. Dazu vielleicht noch einen guten Stürmer verpflichten, dann hätte es schon noch geklappt. Wie oft waren Sie eigentlich bei Spielen des HSV?
Walter: Früher war ich oft unterwegs. Die letzten Jahre bin ich etwas ruhiger geworden. Klar, dass ich immer in Augsburg im Stadion war, wenn der HSV hier gespielt hat.
In der 2. Liga ist der HSV der haushohe Favorit. Sehen Sie das auch so? Walter: Ich glaube, dass sie es ganz schwer haben werden, weil man keine Erfahrung in der 2. Liga hat. Außerdem muss man zuerst einmal sehen, was sich personell tut. Wer am Samstag noch bittere Tränen geweint hat, kann morgen schon einen neuen Verein haben. Der Wiederaufstieg wird ein schwieriges Unterfangen.
Haben Sie sich schon erkundigt, wo der Hamburger SV jetzt künftig spielt? Walter: Klar. Als treuer Fan habe ich schon nachgeschaut. Ich denke, dass ich nächstes Jahr auf alle Fälle nach Heidenheim, Ingolstadt und Regensburg fahren werde.