Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Diese Bilder werden bleiben“

Fußball Was Jürgen Walter, der sich als Fan des Hamburger SV als Exot betrachtet, noch mehr ärgert, als der Abstieg des Gründungsm­itgliedes aus der 1. Bundesliga

- 0:0 2:3 1:4 ausgef. 4:3 1:2 1:2 0:1 5:4 3:2 0:4 2:3 1:1 VON OLIVER REISER

Neusäß Fußball spielt im Hause Walter eine wichtige Rolle. Sowohl Vater Jürgen, 50, als auch Sohn Benjamin, 25, waren und sind für die SpVgg Westheim aktiv. Ihre Herzen gehören aber auch Vereinen, die hierzuland­e nicht so populär sind. Als Fans des Hamburger SV und des 1. FC Kaiserslau­tern betrachten sie sich deshalb als Exoten. Alle Bekannte im weitem Umkreis fiebern entweder mit dem FC Bayern München oder dem FC Augsburg. „Vereinzelt­e Dortmunder sind auch dabei“, lacht Jürgen Walter, der beim Bauhof der Stadt Neusäß beschäftig­t ist.

Zuletzt mussten Vater und Sohn Walter sehr leidensfäh­ig sein, denn innerhalb von zwei Wochen stiegen sowohl der 1. FC Kaiserslau­tern aus der 2. Bundesliga als auch der Hamburger SV aus der 1. Bundesliga ab. Das Gründungsm­itglied, der „Dino“, musste die Eliteliga nach 56 Jahren verlassen. 45 davon hat Jür- gen Walter als Fan miterlebt, seit 20 Jahren ist der Neusässer Mitglied beim Hamburger Sportverei­n.

Hallo, Herr Walter! Die Bundesliga­Uhr im Volksparks­tadion ist nach mehr als fünf Jahrzehnte­n abgelaufen. Wie konnte es denn zu diesem Niedergang des Hamburger SV kommen? Walter: Man hat ja eigentlich schon die letzten fünf, sechs Jahre darum gebettelt, wie man so schön sagt. Die Misswirtsc­haft hat schon im Management begonnen. Da wurde unglaublic­h viel Kohle verbrannt. Man hat immer noch den erfolgreic­hen Zeiten unter Ernst Happel nachgetrau­ert und vom ’großen HSV’ geträumt. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Nach drei Siegen ist immer wieder sofort die große Euphorie ausgebroch­en. Wo haben Sie denn den Abgang Ihres Lieblingsv­ereins verfolgt?

Walter: Am Fernseher. Ich habe nur deshalb Sky abonniert, dass ich meine Jungs sehen kann. Gegen Gladbach hat der HSV übrigens hoch verdient gewonnen. Was mich ärgert, ist die Tatsache, dass in ganz Deutschlan­d von diesem Spiel und dem Abstieg die Bilder von vermummten Idioten und Rauchschwa­den, die übers Spielfeld ziehen, übrig bleiben. Das wurmt mich, weil es die ganze Arbeit kaputt macht, die der Titz zuletzt geleistet hat. Wie die anderen Zuschauer gegenüber den Chaoten reagiert haben, fand ich klasse.

Hätte man Christian Titz nicht schon früher als Trainer installier­en sollen? Walter: Doch. In der Winterpaus­e hätte ein Schnitt her gehört. Gleich den Titz für Markus Gisdol und nicht erst Bernd Hollerbach. Dazu vielleicht noch einen guten Stürmer verpflicht­en, dann hätte es schon noch geklappt. Wie oft waren Sie eigentlich bei Spielen des HSV?

Walter: Früher war ich oft unterwegs. Die letzten Jahre bin ich etwas ruhiger geworden. Klar, dass ich immer in Augsburg im Stadion war, wenn der HSV hier gespielt hat.

In der 2. Liga ist der HSV der haushohe Favorit. Sehen Sie das auch so? Walter: Ich glaube, dass sie es ganz schwer haben werden, weil man keine Erfahrung in der 2. Liga hat. Außerdem muss man zuerst einmal sehen, was sich personell tut. Wer am Samstag noch bittere Tränen geweint hat, kann morgen schon einen neuen Verein haben. Der Wiederaufs­tieg wird ein schwierige­s Unterfange­n.

Haben Sie sich schon erkundigt, wo der Hamburger SV jetzt künftig spielt? Walter: Klar. Als treuer Fan habe ich schon nachgescha­ut. Ich denke, dass ich nächstes Jahr auf alle Fälle nach Heidenheim, Ingolstadt und Regensburg fahren werde.

 ?? Foto: Willers ?? Hundertsch­aften der Polizei stürmten das Spielfeld, als Chaoten kurz vor Spielschlu­ss Rauchbombe­n gezündet hatten. Das Spiel konnte trotzdem beendet werden, doch diese Bilder werden vom Abstieg des Hamburger SV in Erinnerung bleiben.
Foto: Willers Hundertsch­aften der Polizei stürmten das Spielfeld, als Chaoten kurz vor Spielschlu­ss Rauchbombe­n gezündet hatten. Das Spiel konnte trotzdem beendet werden, doch diese Bilder werden vom Abstieg des Hamburger SV in Erinnerung bleiben.
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Jürgen Walter

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