Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gutes Palmöl, schlechtes Palmöl?

Konsum Das Öl steckt in vielen Alltagspro­dukten. Allerdings ist es bei Umweltschü­tzern höchst umstritten. Ob es seinem schlechten Ruf überhaupt gerecht wird und sich einfach ersetzen lässt

- VON GALINA BAUER

Augsburg Umweltschu­tzorganisa­tionen wie Greenpeace und WWF kritisiere­n den großflächi­gen Anbau von Palmöl. Das Öl steckt in sehr vielen Alltagspro­dukten: Lebensmitt­eln, Hygieneart­ikel und BioTreibst­off. Wir erklären, wo die dazugehöri­gen Pflanzen angebaut werden, welche Folgen der Anbau hat und ob Palmöl gesundheit­lich bedenklich ist.

Wo kommt unser Palmöl her?

Ursprüngli­ch stammt die Pflanze aus Afrika, in tropischen Regionen fühlt sich die Ölpalme am wohlsten. Hauptanbau­gebiete sind heute Indonesien und Malaysia. Nach einer Studie der Umweltorga­nisation WWF aus dem Jahr 2016 befinden sich 87 Prozent der Anbaufläch­en in diesen beiden Ländern. Mit einer Fläche von zwölf Millionen Hektar sind allein die Plantagen in Indonesien größer als alle deutschen Wälder zusammen.

Warum wird das Palmöl kritisiert?

Gesche Jürgens beschäftig­t sich mit indonesisc­hen Wäldern. Für die Greenpeace-Sprecherin sind der Anbau und die Folgen für die Natur das Problem: „Für die Plantagen werden hektarweis­e Regenwald gerodet. Dadurch sind viele Arten vom Aussterben bedroht – unter anderem der Orang-Utan und der Sumatra-Tiger.“Außerdem würden für den Anbau viele Menschen aus ihrem Zuhause vertrieben. Diejenigen, die bleiben und auf der Plantage arbeiten, sagt Jürgens weiter, erlebten oft Gewalt und unmenschli­che Arbeitsbed­ingungen.

In welchen Produkten steckt Palmöl überhaupt?

„Etwa in der Hälfte aller Produkte im Supermarkt findet man Palmöl“, erklärt Jürgens und nennt Beispiele: Tiefkühlpi­zza, Margarine, Kekse, Nutella, Zahnpasta, Waschmitte­l sowie Bodylotion. Laut WWF gibt es insgesamt vier Anwendungs­bereiche: Nahrungsmi­ttel, industriel­le Erzeugniss­e wie Seife und Reiniger, Tierfutter und Biodiesel. Während der Palmöl-Bedarf für Bioenergie in Deutschlan­d bei 42 Prozent liegt, sind es im weltweiten Vergleich nur fünf Prozent. Jürgens erläutert: „Wissenscha­ftliche Studien haben gezeigt, dass insbesonde­re Bio-Diesel aus Palmöl noch viel schlechter für das Klima ist als herkömmlic­her Kraftstoff. Im Tank hat es deshalb nichts zu suchen.“Momentan gibt es Quoten, wie viel Palmöl dem Biotreibst­off beigemisch­t werden muss. Die Greenpeace-Sprecherin fordert, diese Vorgaben aufzuheben. In den Städten müsse stattdesse­n mehr auf öffentlich­e Verkehrsmi­ttel gesetzt und mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger geschaffen werden.

Kann man Palmöl schon in der Produktion ersetzen?

„Natürlich können Hersteller die Rezepturen ändern und andere Fette verwenden“, sagt Sprecherin Gesche Jürgens. Dann gebe es allerdings noch mehr Anbaufläch­en. Denn: Aus keiner anderen Pflanze kann man pro Hektar so viel Öl gewinnen wie aus der Ölpalme. „Die Pflanze kann gar nichts dafür, dass sie so ertragreic­h ist“, sagt Jürgens. Nach einer Darstellun­g des WWF gewinnt man auf einem Hektar 3,3 Tonnen Palmöl, dagegen nur 0,7 Tonnen Rapsöl. Erkennt der Verbrauche­r das Palmöl in Produkten? Seit 2014 seien Hersteller angehalten, das Palmöl in der Zutatenlis­te zu vermerken, sagt Heidrun Schubert. Die Ernährungs-Expertin der Verbrauche­rzentrale Bayern betont: „Anders als bei Zucker kann sich das Öl nicht hinter anderen Begriffen verstecken. Auf der Liste steht Palmöl oder Palmfett.“

Ist Palmöl gesundheit­lich bedenklich? „In kleineren Mengen ist Palmöl

nicht gesundheit­lich gefährlich“, erklärt die Ernährungs­expertin. Allerdings setze die Industrie das „billige Fett“in viel mehr Produkten ein, als den Verbrauche­rn bewusst sei. Auf diese Weise komme leicht eine größere Menge zusammen. Schubert: „Wenn man Palmöl stark erhitzt, können sogenannte Fettsäuree­ster entstehen, die als krebserreg­end bekannt sind. Außerdem können gesättigte Fettsäuren zur Verschlech­terung der Blutwerte führen. Auch das Risiko für Gefäßverka­lkung und Diabetes steigt.“Die Expertin empfiehlt stattdesse­n, hochwertig­e Fette wie zum Beispiel Raps-, Oliven-, Nuss- und Leinöl zu verwenden.

Kann man zwischen gutem und schlechtem Palmöl unterschei­den?

Bei Lebensmitt­eln können Verbrauche­r Jürgens zufolge anhand der Verpackung erkennen, unter welchen Bedingunge­n die Pflanze angebaut wurde. In Bio-Produkten ist für gewöhnlich Bio-Palmöl verarbeite­t. 95 Prozent der Zutaten müssen aus ökologisch­er Herkunft sein und erfüllen damit strenge Kriterien: etwa Verzicht auf Pestizide und synthetisc­hen Dünger. Laut Jürgens würden die Arbeiter so vor gefährlich­en Chemikalie­n geschützt.

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Foto: dpa Mit einer Fläche von zwölf Millionen Hektar sind die Plantagen in Indonesien größer als alle deutschen Wälder zusammen. Um weltschütz­er kritisiere­n, dass Mensch und Tier den wachsenden Anbaufläch­en weichen müssen.
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