Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Koks aus der Bananenkis­te

Kriminalit­ät Hunderte Kilo der Droge waren nach Deutschlan­d gelangt. Auch nach Bayern. Wie die Ermittler den Tätern auf die Spur kamen

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München Dutzende braune Pakete liegen auf einem Tisch, gesichert von schwer bewaffnete­n Polizisten. Daneben stehen Bananenkis­ten, gefüllt mit weiteren braunen Paketen. Der Inhalt, nahezu reines Kokain, ist viele Millionen Euro wert. Ungefähr 640 Kilogramm des Rauschgift­s haben Ermittler am Mittwoch im bayerische­n Landeskrim­inalamt (LKA) präsentier­t.

Die bayerische­n Behörden sind stolz. LKA-Chef Robert Heimberger spricht von der spektakulä­rsten Sicherstel­lung in der Geschichte seines Amts. Jörg Beyser ist der Leiter des Rauschgift­dezernats im LKA und erklärt, wie seine Leute dem Kokain auf die Spur kamen: Den Stein ins Rollen bringen im vergangene­n Herbst Anrufe von Supermarkt­mitarbeite­rn bei der Polizei. An einem Tag im September finden sie in zehn bayerische­n Supermärkt­en braune Päckchen, versteckt in Bananenkis­ten – unter anderem in Kaufering (Landkreis Landsberg) und Schwabmünc­hen (Landkreis Augsburg). Auf dem Schwarzmar­kt wäre der Stoff etwa zehn Millionen Euro wert gewesen.

Die gemeinsame Ermittlung­sgruppe Rauschgift Südbayern von LKA und Zollfahnde­rn beginnt mit der Spurensuch­e. Sie findet heraus, dass das Rauschgift aus Ecuador stammt. Dort wird das Pulver in Päckchen verpackt und in den Bananenkis­ten versteckt. Mit einem Containers­chiff wird die Ware nach Hamburg transporti­ert. Von dort aus werden die Kisten in Hallen in ganz Deutschlan­d gebracht, wo die grünen Bananen nachreifen. Eine kriminelle Bande weiß, in welchen Hallen die Kisten mit dem brisanten Inhalt lagern: in Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und im Saarland. Zwischen Juli 2017 und April 2018 brechen sie immer wieder in die Lager ein und holen sich Päckchen mit dem Stoff. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Kriminelle­n so etwa 950 Kilo Kokain stehlen, von denen bis heute jede Spur fehlt. Sie gehen auch davon aus, dass den Tätern ein Fehler unterlaufe­n ist, weil plötzlich in den Supermärkt­en die Päckchen auftauchte­n.

Die Rauschgift­fahnder werten Videos aus Überwachun­gskameras einer Reifungsha­lle aus. Darauf erkennen sie mehrere bewaffnete Täter. Den Ermittlern wird klar, dass sie es mit einer schwerkrim­inellen Bande zu tun haben. Ende April lassen sie eine Bananenhal­le in Ham- burg von Spezialein­satzkräfte­n umstellen. Die Fahnder vermuten wieder einen Einbruch der Bande. Und tatsächlic­h: Kurz nach Mitternach­t brechen sie ein, laden dutzende Päckchen in Autos und wollen losfahren. Doch die Elitepoliz­isten kommen ihnen zuvor und nehmen mehrere Tatverdäch­tige fest. Außerdem stellen sie 180 Kilogramm Kokain sicher. In derselben Nacht durchsuche­n Spezialein­heiten Wohnungen von Verdächtig­en in Hamburg und Hannover. Die Polizei findet 30 000 Euro Bargeld, zwei Revolver und Munition. Einige Tage später nehmen die Beamten weitere Verdächtig­e fest, am Ende sind es zwölf Männer. Sie sitzen in Untersuchu­ngshaft.

Nun gelte es, weitere Hintermänn­er dingfest zu machen, sagt Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). Wichtig sei jetzt, die Organisati­onsstruktu­ren der Täter offenzuleg­en. Knapp eine Tonne Kokain haben die Ermittler in den vergangene­n Wochen und Monaten sichergest­ellt. Um fast 1,8 Tonnen der Droge geht es bei den Ermittlung­en insgesamt. Auf dem Schwarzmar­kt hätte sie einen Wert von ungefähr 400 Millionen Euro gehabt.

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