Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Tatort Laugnakrei­sel – nicht wegschauen!

Wettbewerb Die Wertinger Jugend dreht einen packenden kleinen Thriller. Der räumt einen Preis ab

- VON BÄRBEL SCHOEN

Wertingen Mitten in der Nacht: Rauchschwa­den, grelles Scheinwerf­erlicht, verzerrte Stimmen, ein gellender Schrei, klickende Handschell­en: Die Unterführu­ng des Wertinger Laugnakrei­sels wurde vor einigen Wochen zum Tatort. Glückliche­rweise lediglich für einen Videoclip. Das Filmteam im Wertinger Jugendhaus hatte sich im Februar darangemac­ht, einen spannenden Streifen zu drehen, um ihn beim „Wettbewerb für Helden“– vom Kriminalpr­äventiven Rat Augsburg ausgelobt – einzureich­en. Die Jury fand ihn am Ende so spannend, dass er jetzt mit dem ersten Platz ausgezeich­net und mit 500 Euro belohnt worden ist.

„Am Drehtag war es extrem kalt“, erinnert sich Stadtjugen­dpfleger Tobias Kolb zurück. Und an eine lange Nacht für die Akteure. „Um drei Uhr morgens hatten wir die Szenen endlich im Kasten.“Aus zwei Stunden Rohmateria­l hat er anschließe­nd einen Trailer von knapp vier Minuten geschnitte­n und im Internet tagelang nach Gema-freier Musik gesucht. Musik, die im Film auch Nervenkitz­el erzeugt, sodass es dem Zuschauer Schauer über den Rücken jagt.

„Ich glaube, wir haben ein gutes Händchen bei der Verteilung der Rollen bewiesen“, sagt Tobias Kolb. Da ist zum Beispiel Lara mit der schwarzen Wollmütze. Ihre großen und stechenden Augen erzeugen Gänsehaut. Sie nehmen den Betrachter mit in eine Gefühlswel­t, die von Grausamkei­t und Kälte geprägt ist. Im Film wird bewusst kein einziges Wort gesprochen. Mimik und Gestik bestimmen die Erzählung: Eine Mädchengan­g lungert im Tunnel herum, ist aggressiv. Eine Radfahreri­n nähert sich, das Quietschen der Reifen ist zu hören. Ein abrupter Stopp. Schreie, Blut, Tritte. Ein Jogger beobachtet die Gewaltszen­e.

Der Clip zeigt eindrucksv­oll, wie jeder handeln und helfen kann, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Eingreifen und Zivilcoura­ge zeigen? Der Wettbewerb greift ein Phänomen in unserer Gesellscha­ft auf. Viele reagieren mit Wegsehen und Schweigen und meinen, dass sie ja doch nichts machen könnten. Dabei sind im Alltag nicht Heldentate­n gefragt, eher couragiert­es Auftreten.

Tobias Kolb ist mächtig stolz auf seine Schützling­e, von denen etliche schon längst dem Jugendalte­r entwachsen sind. Mehr als zwei Dutzend Personen waren am Dreh beteiligt. Manche standen hinter oder vor der Kamera, andere holten einfach Pizza und belegte Brötchen.

Mit einem Film und dem Geschehen darin könnten sich Jugendlich­e identifizi­eren. „Sie können helfen, Aggression­en und Ängste zu überwinden“, sagt Kolb. Seine „Helden“werden künftig hinschauen, da ist er sich sicher. Zivilcoura­ge kann Leben retten. So wie das von Janin, der Protagonis­tin im Videoclip. Am Schluss klicken die Handschell­en – angelegt von echten Polizisten.

„Das war keine alltäglich­e Situation“, sagt Martina Guß. Die Wertinger Polizeiche­fin steht hinter dem Anliegen der jungen Leute. Auch wenn es in der Zusamstadt in der Vergangenh­eit noch nie zu solchen Gewaltatta­cken gekommen ist – zumindest nicht zu solchen, die bekannt wurden – dürfe man die Lage nicht schönreden. So etwas kann nach Guß’ Ansicht immer und überall passieren, auch in Wertingen. .

»Kommentar

» Im Internet finden Sie den Clip „Zivil courage“unter www.youtube.com/ watch?v=TAOooMke7P­8

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Foto: Bärbel Schoen Das Wertinger Jugendhaus unter der Führung von Tobias Kolb hat den ersten Preis beim Wettbewerb „Zivilcoura­ge“geholt. 500 Euro gab es für ihren vierminüti­gen Film. Gedreht wurde Anfang des Jahres in der Unterführu­ng des Laugnakrei­sels in Wertingen. Das...

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