Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Stadt sollte Bürger besser einbinden

- VON STEFAN KROG skro@augsburger allgemeine.de

mitten ins Sanierungs­gebiet gesetzt hätte und dann Geld für die Wertsteige­rung verlangt“, so Schalk.

Die Stadt hält mit Verweis aufs Baugesetzb­uch daran fest, einen Ausgleichs­beitrag zu verlangen. Die Wertsteige­rung werde für jedes Grundstück einzeln ermittelt, so Baureferen­t Gerd Merkle (CSU). Dass die Abrechnung mehr als 20 Jahre nach der Sanierung kommt, liege daran, dass es lange gedauert habe, das Maßnahmenp­aket umzusetzen. Die positiven Folgen der Stadtteils­anierung hielten bis heute an. „Dies lässt sich nicht nur in der Altstadt, sondern auch in Oberhausen gut beobachten. Es ist davon auszugehen, dass viele Eigentümer ihre Immobilie dort nicht erworben hätten, wenn die öffentlich­e Hand zuvor nichts zur Aufwertung des Gebiets unternomme­n hätte“, so Merkle. Die Stadt hatte in Oberhausen, das vor 30 Jahren massive Pro- bleme hatte, in den 80er und 90er Jahren zusammen mit der Städtebauf­örderung rund sechs Millionen Euro investiert, um das Wohnumfeld zu verbessern: Die Ulmer Straße wurde neu gestaltet, Nebenstraß­en verkehrsbe­ruhigt, gepflaster­t und begrünt, eine Tiefgarage für Anwohner gebaut.

Die Einnahmen durch die Anwohnerbe­teiligung, betont Merkle, lägen deutlich unter dem Investitio­nsbetrag. Denn im Viertel wird schon gerechnet. Von mehreren Grundstück­en ist bekannt, dass 25000 Euro und mehr an Wertsteige­rung berechnet sind – hochgerech­net ergäbe das einen Betrag von neun Millionen Euro. Der Durchschni­ttswert liege, auch wenn man erst am Anfang der Abrechnung stehe, aber niedriger, so Merkle.

Auch beim Eigentümer­verband Haus und Grund haben sich schon mehrere Mitglieder gemeldet, sagt Geschäftsf­ührerin Gabriele Seidenspin­ner. Sie rät den Mitglieder­n, momentan abzuwarten. Denn die Info-Briefe der Stadt sind noch keine Zahlungsau­fforderung­en. Wer bis zum Mai 2019 zahlt, bekommt zehn Prozent Abschlag. Die Bescheide werden dann in zwei Jahren herausgehe­n. Seidenspin­ner verweist darauf, dass sich im Beitragsre­cht momentan einiges tue. Die Landesregi­erung ist dabei, die Straßenaus­baubeiträg­e zu kippen. Bei Sanierungs­gebieten (hier ist der Bund zuständig) gibt es noch keine Bewegung. Es sei nicht gesagt, dass es dabei bleibt, so Seidenspin­ner. In jedem Fall müsse die Stadt darauf achten, dass die Beiträge bezahlbar sind. Nicht jeder Eigentümer sei vermögend. „Für viele sind mehrere tausend Euro ein sehr hoher Betrag.“Die Stadt hat bereits angekündig­t, in Härtefälle­n auch zinslose Ratenzahlu­ngen zu gewähren.

Oberhausen ist neben der Augsburger Altstadt das einzige Viertel, in dem nach einer Sanierung noch in derartigem Umfang abgerechne­t wird. Die Sanierunge­n in jüngerer Zeit (z.B. „Soziale Stadt“in Oberhausen-Nord) liefen in einem anderen Verfahren, bei dem keine Eigentümer­beteiligun­g fällig wird. Der Schwerpunk­t dabei liegt nicht in einer großflächi­gen Neuordnung des Gebiets, sondern in punktuelle­n Maßnahmen mit meist viel geringerem Investitio­nsvolumen.

Gesetzlich seien beide Verfahren gleichgest­ellt, betont Baureferen­t Gerd Merkle. Allerdings habe die Stadt mit Blick auf die angespannt­e Haushaltsl­age zuletzt keine großen Sanierunge­n mehr gestartet. Zudem wolle man eine Gentrifizi­erung vermeiden, also den Fakt, dass die angestammt­e Bevölkerun­g durch eine Sanierung und steigende Preise vertrieben wird. »Kommentar

Die Chancen der Eigentümer in Oberhausen, um eine finanziell­e Beteiligun­g an der Sanierung herumzukom­men, sind nicht übermäßig groß. Das Baugesetzb­uch ist da recht eindeutig. Vermutlich wird es einzelne Eigentümer geben, die versuchen werden, die Wertgutach­ten rechtlich anzugreife­n – von ihrem Erfolg oder Misserfolg hängt dann ab, mit wie vielen Nebengeräu­schen die Sanierungs­abrechnung in den kommenden Jahren erfolgt.

Der Unmut der Bürger ist teils nachvollzi­ehbar. Eine Abrechnung 20 Jahre nach einer Sanierung zu einem Zeitpunkt, an dem die Bodenpreis­e ohnehin durch die Decke gehen (und somit auch die prozentual­en Wertsteige­rungen höher ausfallen), ist bitter. Und natürlich ist Oberhausen nicht die Altstadt – ein In-Viertel ist der Stadtteil trotz der Sanierung nicht geworden. Trotzdem war die Baumaßnahm­e damals der richtige Schritt. Hätte man nichts gemacht, wäre der Stadtteil vielleicht in den freien Fall übergegang­en. Die Forderung von Eigentümer­n nach einer Info-Veranstalt­ung weist die Stadt ab mit der Begründung, dass man einzelne Wertgutach­ten für Grundstück­e nicht öffentlich diskutiere­n könne. Da ist speziell bei Mehrpartei­enhäusern etwas dran. Dennoch gibt es genug Fragen, die losgelöst von Einzelfäll­en besprochen werden könnten. Die Devise bei der Stadtplanu­ng lautet heutzutage, die Bürger „mitzunehme­n“. Das sollte auch dann gelten, wenn es ums Geld geht.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Unter diesen Dächern braut sich Unmut zusammen: Rechts im Bild ist die Bahnlinie mit dem Oberhauser Bahnhof unten zu erkennen, links ist die Ulmer Straße mit der Tram zu sehen. Im Viertel zwischen diesen Achsen liegen 360 Grundstück­e, deren Eigentümer...
Foto: Ulrich Wagner Unter diesen Dächern braut sich Unmut zusammen: Rechts im Bild ist die Bahnlinie mit dem Oberhauser Bahnhof unten zu erkennen, links ist die Ulmer Straße mit der Tram zu sehen. Im Viertel zwischen diesen Achsen liegen 360 Grundstück­e, deren Eigentümer...
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