Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Stadt sollte Bürger besser einbinden
mitten ins Sanierungsgebiet gesetzt hätte und dann Geld für die Wertsteigerung verlangt“, so Schalk.
Die Stadt hält mit Verweis aufs Baugesetzbuch daran fest, einen Ausgleichsbeitrag zu verlangen. Die Wertsteigerung werde für jedes Grundstück einzeln ermittelt, so Baureferent Gerd Merkle (CSU). Dass die Abrechnung mehr als 20 Jahre nach der Sanierung kommt, liege daran, dass es lange gedauert habe, das Maßnahmenpaket umzusetzen. Die positiven Folgen der Stadtteilsanierung hielten bis heute an. „Dies lässt sich nicht nur in der Altstadt, sondern auch in Oberhausen gut beobachten. Es ist davon auszugehen, dass viele Eigentümer ihre Immobilie dort nicht erworben hätten, wenn die öffentliche Hand zuvor nichts zur Aufwertung des Gebiets unternommen hätte“, so Merkle. Die Stadt hatte in Oberhausen, das vor 30 Jahren massive Pro- bleme hatte, in den 80er und 90er Jahren zusammen mit der Städtebauförderung rund sechs Millionen Euro investiert, um das Wohnumfeld zu verbessern: Die Ulmer Straße wurde neu gestaltet, Nebenstraßen verkehrsberuhigt, gepflastert und begrünt, eine Tiefgarage für Anwohner gebaut.
Die Einnahmen durch die Anwohnerbeteiligung, betont Merkle, lägen deutlich unter dem Investitionsbetrag. Denn im Viertel wird schon gerechnet. Von mehreren Grundstücken ist bekannt, dass 25000 Euro und mehr an Wertsteigerung berechnet sind – hochgerechnet ergäbe das einen Betrag von neun Millionen Euro. Der Durchschnittswert liege, auch wenn man erst am Anfang der Abrechnung stehe, aber niedriger, so Merkle.
Auch beim Eigentümerverband Haus und Grund haben sich schon mehrere Mitglieder gemeldet, sagt Geschäftsführerin Gabriele Seidenspinner. Sie rät den Mitgliedern, momentan abzuwarten. Denn die Info-Briefe der Stadt sind noch keine Zahlungsaufforderungen. Wer bis zum Mai 2019 zahlt, bekommt zehn Prozent Abschlag. Die Bescheide werden dann in zwei Jahren herausgehen. Seidenspinner verweist darauf, dass sich im Beitragsrecht momentan einiges tue. Die Landesregierung ist dabei, die Straßenausbaubeiträge zu kippen. Bei Sanierungsgebieten (hier ist der Bund zuständig) gibt es noch keine Bewegung. Es sei nicht gesagt, dass es dabei bleibt, so Seidenspinner. In jedem Fall müsse die Stadt darauf achten, dass die Beiträge bezahlbar sind. Nicht jeder Eigentümer sei vermögend. „Für viele sind mehrere tausend Euro ein sehr hoher Betrag.“Die Stadt hat bereits angekündigt, in Härtefällen auch zinslose Ratenzahlungen zu gewähren.
Oberhausen ist neben der Augsburger Altstadt das einzige Viertel, in dem nach einer Sanierung noch in derartigem Umfang abgerechnet wird. Die Sanierungen in jüngerer Zeit (z.B. „Soziale Stadt“in Oberhausen-Nord) liefen in einem anderen Verfahren, bei dem keine Eigentümerbeteiligung fällig wird. Der Schwerpunkt dabei liegt nicht in einer großflächigen Neuordnung des Gebiets, sondern in punktuellen Maßnahmen mit meist viel geringerem Investitionsvolumen.
Gesetzlich seien beide Verfahren gleichgestellt, betont Baureferent Gerd Merkle. Allerdings habe die Stadt mit Blick auf die angespannte Haushaltslage zuletzt keine großen Sanierungen mehr gestartet. Zudem wolle man eine Gentrifizierung vermeiden, also den Fakt, dass die angestammte Bevölkerung durch eine Sanierung und steigende Preise vertrieben wird. »Kommentar
Die Chancen der Eigentümer in Oberhausen, um eine finanzielle Beteiligung an der Sanierung herumzukommen, sind nicht übermäßig groß. Das Baugesetzbuch ist da recht eindeutig. Vermutlich wird es einzelne Eigentümer geben, die versuchen werden, die Wertgutachten rechtlich anzugreifen – von ihrem Erfolg oder Misserfolg hängt dann ab, mit wie vielen Nebengeräuschen die Sanierungsabrechnung in den kommenden Jahren erfolgt.
Der Unmut der Bürger ist teils nachvollziehbar. Eine Abrechnung 20 Jahre nach einer Sanierung zu einem Zeitpunkt, an dem die Bodenpreise ohnehin durch die Decke gehen (und somit auch die prozentualen Wertsteigerungen höher ausfallen), ist bitter. Und natürlich ist Oberhausen nicht die Altstadt – ein In-Viertel ist der Stadtteil trotz der Sanierung nicht geworden. Trotzdem war die Baumaßnahme damals der richtige Schritt. Hätte man nichts gemacht, wäre der Stadtteil vielleicht in den freien Fall übergegangen. Die Forderung von Eigentümern nach einer Info-Veranstaltung weist die Stadt ab mit der Begründung, dass man einzelne Wertgutachten für Grundstücke nicht öffentlich diskutieren könne. Da ist speziell bei Mehrparteienhäusern etwas dran. Dennoch gibt es genug Fragen, die losgelöst von Einzelfällen besprochen werden könnten. Die Devise bei der Stadtplanung lautet heutzutage, die Bürger „mitzunehmen“. Das sollte auch dann gelten, wenn es ums Geld geht.