Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schöpfen und spinnen im Mühlenmuseum
Deutscher Mühlentag Ein buntes Programm hat gestern viele Besucher nach Thierhaupten gelockt. Sie erfahren dort Wissenswertes über die historische Technik und können altes Handwerk auch selbst ausprobieren
Thierhaupten Papier schöpfen, Brot backen, eine Wasserleitung bauen: Beim Mühlentag in Thierhaupten reisen die Besucher durch die Zeit und erleben, wie die Menschen früher gelebt und gearbeitet haben. Das bunte Programm und das schöne Wetter locken viele Besucher an.
Am Pfingstmontag stehen traditionell die alten Mühlen im Blickpunkt: Beim 25. bundesweiten Aktionstag hat sich auch das Klostermühlenmuseum in Thierhaupten beteiligt, das in der erstmals 1558 erwähnten „Unteren Mühle“an der Friedberger Ach residiert. Trotz des Jubiläums verzichtete Mühlen-Leiterin Claudia Drachsler-Praßler auf ein besonderes Highlight. „Mir ist heute wichtig, die eigentliche Mühle und deren jahrhundertelange Tradition ins Bewusstsein der Menschen zu rücken“, erklärt sie. Immer wieder kommt sie mit Besuchern ins Gespräch und erzählt, dass die damaligen Mühlenbauer als die eigentlichen Urväter der modernen Maschinen gelten müssen. In den mehr als 160 verschiedenen Mühlenarten, die über Jahrtausende die Menschen versorgten, steckten viele Details und technische Raffinessen, berichtet Drachsler-Praßler. „In Bayern gab es besonders viele Getreidemühlen, die dank zahlreicher Flüsse und Bäche überall Verbreitung fanden. Dies hatte besonders den praktischen Nutzen, da Bayern als das Bundesland mit dem höchsten Brotverbrauch in der Republik überhaupt gilt.“
Die jahrhundertealte Thierhauptener Mühle wurde 1959 stillgelegt, verfiel und wurde schließlich von Familie Seidenschwann aus dem Dornröschenschlaf erweckt und saniert. Seit 1997 lockt das Klostermühlenmuseum jährlich mehr als 4000 Besucher an und bietet auf drei Etagen viel Technik und Wissenswertes.
Besonders viele Gäste bewegen sich am Pfingstmontag, dem deutschlandweiten Mühlentag, in der Mühle, stets begleitet durch ja schon fast romantisches Knarzen der dicken Bretterböden. Die kleinen Besucher konzentrieren sich aber mehr auf das so beliebte Papierschöpfen. Oft bis zu den Achseln tauchen die Kinder ihre Arme im kalten Wasserbottich ein, um das begehrte Weiß der Papierfasern in Formschalen einzufangen. Der Lohn nach weiteren Produktionsschritten: das eigene Stück weißes Papier, versehen mit einem Wasserzeichen in Form eines Kleeblatts oder dem Wappen Thierhauptens.
Ein Muss ist natürlich auch der Besuch der Mühlenwiese, die auf der südlichen Seite der Friedberger Ach vor Jahren angelegt wurde. Dort kann Getreide mit kleinen Handmühlen zu Mehl gemahlen, eine hölzerne Wasserleitung mit eigener Muskelkraft durch einen großen Holzstamm gebohrt oder ein Barfuß-Parcours erforscht werden. Den größten Zulauf hat aber Helga Grimm und ihr Team beim Brotbacken. Aus dem eigens angefertigten Mühlenbrotteig, einem RoggenSauerteig, werden durch viele Kinderhände kleine Brote, Zöpfe und Brezen geformt, die dann im heißen Backofen frisch gebacken werden – und meist auch gleich verspeist.
Ein Blickfang sind auch die Frauen der „Spinnerbande“aus dem Zusamtal, die die mitgebrachte Wolle mit ihren Spinnrädern verspinnen und dann die Fäden verstricken oder verfilzen. Auf die Problematik der Bienen macht der Deutsche Imkerbund mit seinen Schautafeln aufmerksam, umgeben von Beeten mit Johannisroggen, Lein, Mais oder Chinaschilf.
Abgerundet werden kann der Tag mit dem Besuch von etlichen Bastelund Informationsständen rund um das Klostermühlenmuseum, aber auch mit einer kleinen Wanderung zur 500 Meter entfernten Sägemühle, wo die Eigentümerfamilie Blasel über die Stromerzeugung für den inzwischen modernen Holzverarbeitungsbetrieb viel Wissenswertes zu erzählen weiß.