Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Italien macht die EU nervös

Rom will einen Schuldener­lass

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Ruhe ist trügerisch. Noch hält sich die Führungseb­ene der EU mit Kommentare­n zu den kämpferisc­hen Tönen der künftigen italienisc­hen Koalitions­partner zurück. Doch die Nervosität wächst. Als die Kommission in dieser Woche ihre Empfehlung­en zu den nationalen Haushaltse­ntwürfen für 2019 vorlegte, warnte Währungsko­mmissar Pierre Moscovici vor „politische­n Risiken“mit Blick auf Italien. Trotzdem sah er von einem Vertragsve­rletzungsv­erfahren wegen der zu hohen Staatsvers­chuldung ab, weil das Land auf einem guten Weg sei. Die Devise lautete: Rom jetzt nicht noch provoziere­n.

Dabei sieht die EU mit Sorge, dass die Koalition aus der rechtslast­igen Lega Nord und dem linken Fünf-Sterne-Bündnis, die sich in ihrer EU-Kritik gegenseiti­g übertreffe­n, keine Pläne für Reformen zum Abbau des Schuldenbe­rgs von fast zwei Billionen Euro schmiedet. Der Koalitions­vertrag wimmelt stattdesse­n vor kostspieli­gen Versprechu­ngen: weniger Steuern, ein allgemeine­s Grundeinko­mmen. Gleichzeit­ig wollen die Koalitionä­re um Giuseppe Conte von den Euro-Partnern einen Schuldener­lass von rund 250 Milliarden Euro erreichen.

Schon die Ankündigun­g ist eine Provokatio­n, weil sie nur wenige Wochen vor dem EU-Gipfel in Brüssel kommt – genau da wollte man sich auf eine Reform der Währungsun­ion verständig­en. Also eine abgespeckt­e Version der Vorschläge, die Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron angeregt hatte und die er mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel ausarbeite­n will, die aber heftig bremst. Italien könnte sich da als zusätzlich­er Spaltpilz erweisen, sollte Macron die frühere Rolle Frankreich­s als Fürspreche­r des Südens wiederentd­ecken und Merkel auf die Einhaltung der Regeln pochen.

Das Land ist außerdem die drittgrößt­e Volkswirts­chaft der EU und damit zu groß, um fallen gelassen zu werden. Rom bekommt, so weiß man in Brüssel, erhebliche­s Gewicht, das Erpressung­en möglich macht. Wenn das die Linie der neuen Regierung würde, stünde – befürchten viele in Brüssel – die EU vor einer neuen Herausford­erung.

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Foto: dpa Die neue Koalition um Giuseppe Conte (Mitte) kritisiert die EU.

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