Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Auch C Klasse von Daimler manipuliert?
Vorwürfe Der Druck auf den Autobauer nimmt zu. Ihm droht ein Massenrückruf von Dieselfahrzeugen. Vorstandschef Zetsche soll nun ins Bundesverkehrsministerium kommen
Stuttgart Der Autobauer Daimler gerät in der Diesel-Affäre immer mehr in Bedrängnis. Dem Unternehmen droht laut einem SpiegelBericht der Rückruf hunderttausender weiterer Autos. Es gehe um mehr als 600000 Fahrzeuge unter anderem der Baureihen C und G, berichtete das Magazin am Freitag. Das Kraftfahrtbundesamt gehe einem konkreten Verdacht nach, dass auch bei diesen Fahrzeugen unzulässige Abschalteinrichtungen die Wirkung des Abgassystems manipulierten. Es liefen Prüfungen an den betreffenden Autos.
Die Modelle haben dem Bericht zufolge eine vergleichbare Motorsteuerung wie der Mercedes-Van Vito mit 1.6-Liter-Motor und Schadstoffklasse Euro 6, für den das Kraftfahrtbundesamt einen Rückruf angeordnet hat.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat Daimler-Chef Dieter Zetsche für Montag ins Ministerium einbestellt. Zudem habe er „das Kraftfahrtbundesamt angewiesen, weiteren Verdachtsfällen bei Mercedes unverzüglich nachzugehen“, sagte Scheuer.
Daimler betonte, dass dem Un- ternehmen zu den zusätzlich genannten Fahrzeugen keine amtliche Anhörung vorliege, die einem Bescheid vom Kraftfahrtbundesamt vorausgehen müsste. Man kooperiere vollumfänglich mit den Behörden, äußere sich aber nicht zu Spekulationen.
Im Fall des Kleintransporters Vito sind weltweit gut 4900 Fahrzeuge betroffen, darunter gut 1370 in Deutschland. Daimler hat Widerspruch gegen den Rückruf-Bescheid angekündigt. „Die Funktionen sind Teil eines komplexen Abgasreinigungssystems, das eine robuste Abgasreinigung bei unterschiedlichen Fahrbedingungen und über die Nutzungsdauer eines Fahrzeugs sicherstellen soll“, hieß es in einer Stellungnahme.
Daimler steht im Abgasskandal seit Jahren unter Druck. Es gibt Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den Konzern und auch ein Verfahren in den USA.
Kritik am Kurs der Bundesregierung in der Diesel-Affäre kam von der Opposition und Umweltschutzorganisationen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte Scheuer auf, „die jahrelange Kum- panei“mit Deutschlands Autobossen zu beenden. Die Einbestellung von Zetsche ins Ministerium biete dazu die Gelegenheit, sagte Hofreiter der Neuen Osnabrücker Zeitung. Der Verkehrsexperte des Bunds für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, Jens Hilgenberg, sagte, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verkehrsminister Scheuer müssten aufhören, sich weiter von der Autoindustrie am Nasenring durch die Manege führen zu lassen. Wenn die Bundesregierung Umweltund Gesundheitsschutz ernst nehme, müsse sie glaubhafter agieren. Greenpeace-Verkehrsexperte Niklas Schinerl sagte: „Auch drei Jahre nach dem Auffliegen des Dieselbetrugs manipulieren die Hersteller unbeeindruckt weiter, führen ihre Kunden hinters Licht und vergiften die Luft in den Städten.“
Die Luftverschmutzung durch Stickstoffdioxid könnte der Bundesregierung zufolge Allergien verstärken. „Verschiedene wissenschaftliche Studien weisen auf eine mögliche Zunahme der Allergenität von Pollen durch Stickstoffdioxid hin“,
Stickoxide könnten Allergien verstärken
heißt es in der Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine GrünenAnfrage. Zudem deuteten mehrere Studien auf einen statistischen Zusammenhang zwischen steigender Stickoxid-Konzentration und der Zunahme allergischer Beschwerden hin. Das Ministerium betonte, dass diese Art der Luftbelastung in Deutschland rückläufig sei. Als großer Verursacher von Stickoxid gelten Dieselabgase.