Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Opposition lässt Söder abblitzen

Landtag SPD, Freie Wähler und Grüne waren zunächst für eine Begrenzung der Amtszeit des Ministerpr­äsidenten. Jetzt haben sie es sich anders überlegt und nennen dafür Gründe

- VON ULI BACHMEIER

München Der Plan von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU), gleichzeit­ig mit der Landtagswa­hl am 14. Oktober in einem Volksentsc­heid über eine Begrenzung der Amtszeit des Ministerpr­äsidenten auf zehn Jahre abstimmen zu lassen, ist gescheiter­t. SPD, Freie Wähler und Grüne, die zu Jahresbegi­nn noch Zustimmung signalisie­rt hatten, lehnen eine entspreche­nde Verfassung­sänderung ab. Damit steht fest, dass die notwendige Zweidritte­lmehrheit im Landtag nicht zustande kommen wird. Woher kommt dieser Sinneswand­el?

Allzu leicht fällt den Chefs der drei Opposition­sfraktione­n die Antwort nicht. Ludwig Hartmann (Grüne) gibt im Gespräch mit unserer Zeitung offen zu, dass die Idee für ihn zunächst „einen gewissen Charme“hatte. Nach mehrfacher Diskussion in der Landtagsfr­aktion aber seien die Grünen zu der Überzeugun­g gekommen, dass eine Begrenzung der Amtszeit des Ministerpr­äsidenten die Demokratie in Bayern nicht wirklich voranbring­t. Hinter Söders Vorschlag, so Hartmann, stecke „ein Problem der CSU, kein Problem des Staates“. Eine Begrenzung der Amtszeit des Ministerpr­äsidenten bedeute noch keine Begrenzung der Macht der Staatsregi­erung. Söder wolle mit seinem Vorstoß „nur Demut vorspielen – aus wahltaktis­chen Überlegung­en“. Außerdem stört Hartmann am Verfahren: „Eine Verfassung­sänderung bricht man nicht vom Zaun, weil gerade eine Wahl bevorsteht oder es einem in den Kram passt.“Und er gibt zu bedenken, dass es zahlreiche andere Möglichkei­ten gäbe, für mehr Demokratie zu sorgen – etwa wenn neue Verfassung­srichter im bayerische­n Landtag künftig mit einer Zweidritte­lmehrheit statt mit einfacher Mehrheit gewählt werden müssten.

Auch SPD-Fraktionsc­hef Markus Rinderspac­her räumt auf Nachfrage ein, dass er Söders Vorschlag zunächst interessan­t fand. Er hatte in einer ersten Reaktion gesagt: „Ich halte es für richtig, wenn Ministerpr­äsidenten nicht ewig im Amt sind.“Mittlerwei­le lehnt er den Vorstoß kategorisc­h ab, auch wenn der Sinneswand­el in der politische­n Diskussion „durchaus schwer vermarktba­r“sei. Ähnlich wie Hartmann argumentie­rt Rinderspac­her auf zwei Ebenen. Zum einen geißelt er Söders Plan als „durchschau­bares Manöver, um auf billige Art und Weise an noch mehr Stimmen zu kommen“. Die Haltung, die dahinterst­ecke, nennt er „fast schon monarchisc­h“. Zum anderen verweist er darauf, dass eine Amtszeitbe­grenzung in einer parlamenta­rischen Demokratie – wo Präsidente­n oder Regierungs­chefs nicht direkt vom Volk, sondern vom Parlament gewählt werden – die Macht einer Regierung nicht begrenze. Die strengste Form der Amtszeitbe­grenzung gebe es in Mexiko. Dies habe politische Erstarrung und Korruption nicht verhindern können.

In Bayern, so Rinderspac­her, habe die Regierungs­partei jederzeit die Möglichkei­t, ihren Ministerpr­äsidenten auszutausc­hen. Und die CSU hätte längst bessere Mittel gehabt, das Regierungs­system demokratis­cher und bürgerfreu­ndlicher zu gestalten – etwa durch niedrigere Hürden für Volksbegeh­ren und Volksentsc­heide, durch ein Informatio­nsfreiheit­sgesetz oder durch Verbesseru­ngen des Petitionsr­echts.

Der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, stört sich vor allem an der CSU-Propaganda. Er wirft Söder vor, den Wählern „Demut vorzugauke­ln“und sagt: „Das ist mir zu viel Show. Dafür gebe ich mich nicht her. Und dafür ist die bayerische Verfassung zu schade.“Söder suche in seiner Politik Konfrontat­ion, statt Opposition und Bürger bei Entscheidu­ngen zu hören und einzubinde­n. Gleichzeit­ig sei sein Vorschlag „auch bei sachlicher Prüfung nicht sinnvoll“.

Der Ministerpr­äsident will trotz des Neins der Opposition seinen Plan weiterverf­olgen. „Eine Amtszeitbe­grenzung ist ein Signal für Demokratie und Demut“, sagte Söder. „Wir werden im Landtag darüber debattiere­n und entscheide­n.“Söder warf SPD, Grünen und Freien Wählern ihren Kurswechse­l vor: „Die Opposition hatte klare Zustimmung signalisie­rt, jetzt hat sie offenbar der Mut verlassen.“

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Foto: Kneffel, dpa Ministerpr­äsident Söder (Mitte mit Nata scha Kohnen von der SPD) will eine Amtszeitbe­grenzung.

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