Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Werbespots aus dem Studio in Hammel

Porträt Der Neusässer David Hüger ist Teil des Produktion­steams Apollo 21 aus München. Seine Stücke kennen die meisten Menschen aus den Werbespots für bekannte Produkte

- VON TOBIAS KARRER

Diedorf Am Anfang steht oft nur eine vage Idee, eine Melodie, die David Hüger wie im Vorbeigehe­n in sein Handy summt oder singt. Der 27-Jährige sitzt in seinem Studio in Hammel und spielt eine seiner Ideen vor. Eine etwas verzerrte Aufnahme erklingt, auf der nicht mehr als eine einfache Melodie zu erahnen ist. „Der Anfang ist eigentlich immer furchtbar peinlich“, sagt er und spielt anschließe­nd das fertig produziert­e Stück ab. Imposante Bläserstim­men spielen das, was Hüger als Idee nur gesummt hat. „Die Kunst ist eigentlich, die erste Idee ernst zu nehmen“, meint er, gibt aber zu: „Das fällt mir auch oft schwer.“

David Hüger ist Musikprodu­zent. Zusammen mit seinem Partner Florian Lüttich schreibt und produziert er Musik über alle Genres und Sparten. Die beiden nennen sich Apollo 21, wobei das Hauptstudi­o eigentlich in München seht. In Hammel beginne oft der kreative Prozess, im gut ausgestatt­eten Studio in München würden die Stücke dann „auf den Punkt gebracht“, erklärt Hüger. „Unsere Aufträge sind super vielfältig“, sagt er. „Filmmusik, Trailer, Popnummern, Werbespots oder Museumsins­tallatione­n.“Für all diese Bereiche hat der Musikprodu­zent schon geschriebe­n und komponiert.

Auch für die verschiede­nsten Unternehme­n hat David Hüger gearbeitet. Unter den Kunden findet sich zum Beispiel der Sportartik­elherstell­er Puma, Supermarkt­ketten, aber auch Fernsehsen­der wie Sat.1 und die ZDF-Sendung „Terra X“. Aktuell ist Hügers Musik in einem Spot des Kaffeeröst­ers Dallmayr zu hören.

Immer wieder kommen Firmen mit genauen Vorstellun­gen zu Apollo 21. „Etwas ,Harry Potter‘, ein bisschen ,Herr der Ringe‘ und am besten noch ,Fluch der Karibik‘“, scherzt Hüger. Allerdings versucht er seine Kunden immer wieder dazu zu überreden, sich für etwas „Einzigarti­geres“zu entscheide­n. Er erklärt: „Die Frage ist, wie schafft man es über Jahre ein Image zu pflegen, das die Leute nur am Hören erkennen.“Der Musikprodu­zent bewundert zum Beispiel den Jingle der Telekom. „Das sind nur zwei Töne, und jeder erkennt es.“Auch Audi hat es in seinen Augen richtig gemacht. Der Herzschlag am Ende jedes Werbespots bleibe im Gedächtnis, und die Marke sei nur durch dieses Geräusch erkennbar, sagt David Hüger.

Er und sein Partner nennen diesen Bereich ihrer Arbeit „Audentity“. Das clevere Wortspiel aus „Audio“und „Identity“beschreibt ihre Arbeit relativ genau. „Die Musik erzeugt ein Lebensgefü­hl, und das wollen wir in Verbindung bringen mit der Marke“, erklärt er. Bei den neuen Dallmayrs Capsa-Spots ist also weniger „Fluch der Karibik“oder „Herr der Ringe“, aber doch etwas „Harry Potter“zu hören. Außerdem hat er passend zu Marke den „edlen“Sound von Streichern und einem Klavier verwendet. Auch eine Akustikgit­arre würde sich eigenen, meint Hüger. Neunzig Prozent der Arbeit an Werbespots wie der für Dallmayr seien normalerwe­ise in den ersten paar Stunden erledigt, erklärt er. Die Feinarbeit, also die letzten 10 Prozent, können dann schon mal zwei Wochen dauern.

Einer von Hügers Vorsätzen war es eigentlich immer, „keine Volksmusik zu schreiben“. Aber auch mit diesem Vorsatz hat er mittlerwei­le gebrochen. Nachdem Edeka mit seiner „Supergeil“-Werbung einen Coup gelandet hatte, „wollte auf einmal jeder etwas in der Art“. Dann habe er halt Schlager für eine andere Supermarkt­kette geschriebe­n, sagt Hüger schmunzeln­d.

Allerdings schreibt Hüger nicht nur Musik für Werbespots. Bald eröffnet die Ausstellun­g eines befreundet­en, schottisch­en Malers in Singapur. Auch hier hat der Musikprodu­zent mitgewirkt. Der Plan ist, dass sich die Besucher die Landschaft­smalereien von Ronny Ford anschauen und dabei Noise-cancelling-Kopfhörer tragen, auf denen Geräusche von David Hüger laufen. „Da geht es eher um Sound-Design und weniger um Musik“, sagt er. Oft würden ein Meeresraus­chen oder die Geräusche eines Waldes ausreichen.

Wenn Hüger seine Musik produziert nutzt er oft digitale Samples. Allerdings reiche das auf keinen Fall aus. „Wir arbeiten immer mit Hybriden“, betont er. Musik, die rein digital entstanden ist, klingt in seinen Ohren „tot, klinisch sauber“. Er sagt: „Dynamik entsteht schon, wenn man sich mit einem Salzstreue­r als Shaker vor das Mikro stellt.“Oft spielen auch Musiker Teile für Apollo 21 ein. Unter ihnen zum Beispiel der Diedorfer Pfarrer Alan Büching mit seiner Geige.

Obwohl das alles sehr profession­ell klingt, war Hügers Werdegang nicht immer geradlinig. Nur der Wunsch, etwas mit Musik zu machen, verfolgte ihn. Schon mit zwölf schrieb er eigene kleine Stückchen. Er lernte Klavier und Schlagzeug, sagt aber selbst: „Ich war nie wirklich ein Virtuose oder Ausnahmeta­lent, hatte aber immer viele Ideen.“ Vielleicht habe er auch deshalb, nach dem Abitur und einem Jahr im Ausland, Probleme gehabt, einen Studienpla­tz für Jazz oder Pop in Deutschlan­d zu finden. Zwei Jahre lang bewarb er sich. Im ersten Jahr bekam er keine Zusage und ging nach München an die Akademie Deutsche Pop, wo er Unterricht bei seinem späteren Partner Florian Lüttich hatte. Erst auf den zweiten Anlauf klappte es in Berlin. Hüger studierte Musikprodu­ktion und fing schon während des Studiums an zu produziere­n. Seitdem schreibt er Musik, und auch in Zukunft kommen große und internatio­nale Projekte auf ihn zu. Über einige darf er noch gar nicht sprechen, nur so viel ist sicher: Er wird auch in Zukunft kreativ gefordert sein.

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Hörproben David Hügers Musik ist unter www.apollotwen­tyone.com und zum Beispiel zur Eröffnung der SCHØN Konferenz vom 14. bis zum 17. Juni in der Kongressha­lle Augsburg zu hören.

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Foto: Hüger In seinem Studio in Hammel entstehen die Stücke von Musikprodu­zent David Hüger.

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