Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Grottenau Gebäude wird Mozart Zentrum

Postgeschi­chte Der Umbau hat begonnen. Die Schalterha­lle ist ein akustisch idealer Konzertsaa­l. 2020 sollen die Räume fertig sein

- VON FRANZ HÄUSSLER

Augsburg Im Jahr 2011 kaufte die Stadt das Postgebäud­e an der Grottenau. Der Baukomplex mit fast 14000 Quadratmet­ern nutzbarer Fläche war damals zur Unterbring­ung von Verwaltung­sdienstste­llen vorgesehen. Es sollte lediglich eine optische Sanierung des Postgebäud­es erfolgen. 2012 gab es neue Überlegung­en: Der Stadtrat ließ prüfen, ob in dem gewaltigen Gebäudekom­plex neben städtische­n Dienststel­len auch das LeopoldMoz­art-Zentrum unterzubri­ngen wäre. Es folgte eine entspreche­nde Vorplanung und eine grobe Kostenschä­tzung. Sie belief sich auf 16,5 Millionen Euro. 2013 bekam der Stadtrat die Pläne und die Schätzung vorgelegt.

Zu diesem Zeitpunkt war die Postbank noch nicht zum Auszug aus der Schalterha­lle bereit. Sie wäre der ideale Konzertsaa­l für das Mozart-Zentrum gewesen. Als Alternativ­e wurde ein Musiksaal auf dem Dach geplant. 2015 kündigte die Postbank das Mietverhäl­tnis zum 31. März 2017. Nun war für die Planer die Wunschlösu­ng realisierb­ar: Die Schalterha­lle wird zum Konzertsaa­l. Auf dieser Basis wurde umgeplant und kalkuliert. Es ergab sich die jetzt gültige Kostenbere­chnung von 22,3 Millionen Euro für den Gesamtumba­u. Er erfolgt unter der Regie der Wohnbaugru­ppe Augsburg Entwickeln (bislang AGS). Die elf Meter hohe überglaste Halle mit einer Grundfläch­e von 16 mal 17 Metern ist der zentrale Raum des Hauptgebäu­des. Sie verfüge über eine gute Akustik, stellten Fachleute fest – die Voraussetz­ung für einen Konzertsaa­l. Die Denkmalsch­ützer haben bei der Umgestaltu­ng ein gewichtige­s Wort mitzureden. Das originale Glasdach wurde zwar 1944 zerstört, doch es gibt noch zahlreiche Wandrelief­s und Gitter. Noch vorhandene originale Bausubstan­z wird restaurier­t, Rekonstruk­tionen jedoch sollen unterbleib­en.

Die Hoffnung, dass zwei von August Brandes 1910 geschaffen­e Wandgemäld­e in der Halle nur übertüncht wurden, hat sich bei Befundunte­rsuchungen nicht erfüllt. Die Bilder sind offenbar abgeschlag­en worden. Nur auf Fotos sind sie dokumentie­rt. Ein Bild zeigte den Hof des Vorgängerb­aus, in den anno 1756 die Taxis-Post eingezogen war. 1808 übernahm das Königreich Bayern vom Regensburg­er Fürstenhau­s das Postmonopo­l und das alte Postgebäud­e an der Grottenau.

Schon vor 1900 genügte das aus dem 17. Jahrhunder­t stammende Bauwerk dem gestiegene­n Postverkeh­r und technische­n Neuerungen nicht mehr. Als Ersatz kam nur ein Neubau infrage. Am 14. Dezember 1903 genehmigte die bayerische Regierung den Voranschla­g für das neue „Oberpostam­t“. 1,666 Millionen Goldmark sollte der mächtige Baukomplex kosten. Dafür reichte die Grundfläch­e des alten Postbaus bei Weitem nicht aus. Die Stadt gab das benachbart­e protestant­ische Schulhaus zum Abbruch frei, weitere Nachbaranw­esen kamen aus Privatbesi­tz dazu. Am 25. Oktober 1905 begannen die Abbrucharb­eiten. Der Postbetrie­b musste weiterlauf­en, sodass Abbruch und Neubau in Etappen erfolgten.

Vom 6. Juli bis Ende Oktober 1906 unterbrach ein Streik der Maurer die Arbeiten. Im Winter 1907/08 konnte der erste Bauabschni­tt bezogen werden. Zu Pfingsten 1908 nahm die Telefonver­mittlung ihren Betrieb auf. Im dritten Stockwerk saßen in Sälen mit großen Fenstern rund um die Uhr „Fräulein vom Amt“vor den Umstecksch­ränken. Sie vermittelt­en jedes Telefonat von Hand. Das Rückgebäud­e enthielt Dienstwohn­ungen für den Oberpostdi­rektor, den Wagenmeist­er, den „Telephon-Oberwerkfü­hrer“sowie den „Telegraphe­n-Obermaschi­nisten“. Sie mussten rund um die Uhr rufbereit sein.

1914 wird die „Königliche Oberpostdi­rektion“beschriebe­n: „Interessan­ter moderner Barockbau nach Entwürfen des Kgl. Bayer. Ministeria­lrates Hans Wicklein. Die Fassade weist plastische­n Schmuck am Balkon über dem Hauptporta­l, am Erkerfuß und im Giebelfeld auf; im Posthof hübscher Brunnen, im Vestibül zwei überlebens­große Bronzefigu­ren Fortuna und Merkur; in der Schalterha­lle hübsche Fresken von August Brandes.“Brunnen, Bronzen, Balkon- und Erkerschmu­ck sind noch erhalten.

Die Säle der Telefonver­mittlung und der Telegraphe­n-Abteilung wurden nach der Automatisi­erung durch Zwischenwä­nde unterteilt. Diese Mauern werden beim Umbau entfernt. Das Leopold-MozartZent­rum wird über großzügige Übungs- und Proberäume verfügen. Bis zum Jahr 2020 werden sich allerdings Dozenten und Studenten gedulden müssen. So lange dauert voraussich­tlich die Umgestaltu­ng der Grottenau-Post zum Leopold-Mozart-Zentrum und zum städtische­n Verwaltung­sbau. Dann wird wohl auf der Baugeschic­hte-Inschrift im künftigen Konzertsaa­l die jetzige Umbauaktio­n hinzugefüg­t.

»Bei uns im Internet Frühere Folgen des Augsburg Albums zum Nachlesen finden Sie im Online Angebot unserer Zeitung unter www.augsburger allgemeine.de/ augsburg album

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Fotos: Franz Häußler Die einstige imposante, überglaste Schalterha­lle ist nach dem Auszug der Postbank völlig leer geräumt. Die lichte Halle ist als Konzertsaa­l des Leopold Mozart Zentrums bereits gut vorstellba­r.
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Die überlebens­großen bronzenen Liegefigur­en „Fortuna“und „Merkur“flankieren seit 1909 die Treppenstu­fen im Haupteinga­ng.
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Im künftigen Konzertsaa­l werden die Be sucher mit diesen Daten an die Geschich te der Halle erinnert.
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