Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Dann bin ich eben nett“

Popstar, Mädchensch­warm – und Traum aller Schwiegerm­ütter: Shawn Mendes über neue Songs, sein Leben, das Flirten und die Politik

- WAS NICHT WAHR SEIN KANN

Shawn, lebst du eigentlich noch bei deinen Eltern?

Shawn Mendes: Nein, ich bin vor einiger Zeit daheim ausgezogen und lebe jetzt allein in Toronto. Mitten in der Stadt. Mit Blick bis zum Ontariosee. Mir gefällt das total, man hat ein bisschen mehr Privatsphä­re als daheim und kann sich auch mal zurückzieh­en. Manchmal mag ich es nicht, so allein zu sein, aber meistens merke ich, wie gut mir das tut. Ich kann besser entspannen, und das hilft mir, mich aufs Musikschre­iben zu konzentrie­ren.

Wie weit wohnt deine Familie entfernt?

Mendes: Halbe Stunde. Pickering, wo ich aufgewachs­en bin, ist eigentlich noch ein Vorort. Meine Freunde leben größtentei­ls noch dort, einige studieren jetzt auch in Toronto. Das heißt: Die hängen jetzt ziemlich oft bei mir ab.

Fragst du dich gelegentli­ch, was du jetzt machen würdest, hättest du 2013 keine Clips auf der Internetse­ite „Vine“veröffentl­icht und wärst entdeckt worden?

Mendes: Ja, ich stelle mir das manchmal vor. Ich glaube aber, dass ich glückliche­r mit dem Leben bin, das ich jetzt habe. Die meisten 19-Jährigen würden wohl ohne zu zögern mit mir tauschen wollen. Ich kann mich zwar nicht so schön in der Öffentlich­keit danebenben­ehmen wie meine Kumpels, dafür reise ich um die Welt, stehe auf der Bühne und mache Musik.

Schon mal richtig betrunken gewesen? Mendes: Nein, das ist mir noch nicht passiert. In Kanada darf ich allerdings jetzt endlich ganz offiziell Alkohol trinken, 19 ist bei uns das Mindestalt­er. Und ich gehe schon mit meinen Freunden in Bars, da fühle ich mich dann immer ganz erwachsen. Kommt aber auch vor, dass wir drei Tage am Stück X-Box spielen.

Schauen deine Eltern oft bei dir vorbei? Mendes: Ja, ständig. Um zu gucken, was ich mache und wie es mir geht. Die wollen nicht, dass ich zu viel Zeit alleine verbringe.

Machen sie sich Sorgen um dich? Mendes: Nein, wir haben ein sehr vertrauens­volles Verhältnis. Es gibt nichts, was meine Eltern nicht über mich wissen. Unsere Beziehung ist mehr so wie zwischen Freunden. Ich hatte nie Geheimniss­e vor meinen Eltern und habe sie, soweit ich das beurteilen kann, noch nie ent- täuscht. Ich glaube, insgeheim würden die sich sogar wünschen, dass ich mal Quatsch mache, hier in Berlin ein bisschen versacke oder irgendwas Krasses ausprobier­e. Meine Eltern finden, ich sei zu konzentrie­rt und lasse zu wenig los.

Denkst du das selbst auch?

Mendes: Ja, kann sein. Stört mich aber nicht. Dann bin ich eben nett und skandalfre­i. Skandale sind überbewert­et. Ich bin wohl nicht der Typ, der den Leuten irgendwelc­hen Klatsch bietet. Ich fokussiere mich lieber auf die Musik.

Du sagst, dein Song „In My Blood“sei dein bisher persönlich­ster. Wovon handelt das Stück?

Mendes: Von meinen Angstzustä­nden und wie ich sie überwinde. Manchmal denke ich, die Welt bricht über mir zusammen. Zum Glück hält dieser Zustand nicht lange an, vielleicht eine Stunde, meist nur ein paar Minuten.

Was tust du dann?

Mendes: Ruhig bleiben. Tief atmen. Versuchen, sich nicht verrückt machen zu lassen. Das ist wie plötzliche­r Nebel im Gehirn, der sich wieder verzieht. Ich habe einige Male mit einem Therapeute­n gesprochen. Ich treibe viel Sport, meditiere und passe auf, dass mir nicht alles zu viel wird. Ich habe die ungesunde Neigung, nur an die Arbeit zu denken, da muss ich eine bessere Balance finden.

Du wirkst immer so selbstbewu­sst und abgeklärt. Ist das nur Fassade? Mendes: Nein, das bin schon auch ich. Beide Seiten gehören zu mir. Ich bin nicht schüchtern und habe keine Schwierigk­eiten, vor einem Raum voller Menschen zu stehen, zu reden oder zu singen. Ich war als Kind schon ziemlich extroverti­ert. Aber ich kenne eben auch Unsicherhe­iten und Ängste.

Dein neues Album lässt sich keinem Genre zuordnen. „In My Blood“zum Beispiel ist klassische­r Jeansjacke­nrock, „Lost In Japan“moderner R&B. War das so beabsichti­gt? Mendes: Nein, ich habe mich eher selbst erschrocke­n, wie unterschie­dlich die Songs waren, die sich mit der

Worüber geht Song „Youth“? Mendes: Über uns, über meine Generation. „Youth“ist der ernsteste Song des Albums. Ich bin überzeugt, dass meine Generation politisch interessie­rter aufwächst als die Kids vor zehn oder zwanzig Jahren. Ich sehe das an meiner Schwester, die 14 ist, aber schon so clever über wichtige Themen spricht, als wäre sie Anfang 20. Schulmassa­ker, Terrorismu­s, Trump, Gleichbere­chtigung – es ist doch unglaublic­h, wie viel gerade passiert, im Guten wie im Schlechten. Wir können mehr bewegen, als viele meinen. Und wir lassen uns unsere Jugend nicht wegnehmen. Ich habe den Eindruck, hier wächst gerade eine wirklich emphatisch­e, mitfühlend­e, aufmerksam­e, laute und wache Generation heran. Wenn wir mal an der Macht sind, dann wird die Welt eine freundlich­ere sein.

Interview: Steffen Rüth

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2018 2014 Seine Karriere Die Karten für sein Konzert nächsten März in der Münchner Olympiahal­le waren praktisch in Minuten weg. Der Junge aus Toronto ist immer noch erst 19, hat es bereits auf die Times Liste der „100 einflussre­ichs ten...

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