Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wo Stolpersteine für Azubis lauern
Berufsstart Dürfen Lehrlinge den Chef duzen? Und wie bereiten sie sich auf den ersten Arbeitstag vor? Ein Überblick
Berlin Die Ausbildung beginnt, der Tatendrang ist groß. Doch gerade auf den ersten Metern der AzubiLaufbahn lauern Fettnäpfchen und Fallstricke. Die sollten Lehrlinge möglichst umgehen. Allerdings ist nicht jeder Stolperer zu Beginn der Ausbildung auch Schuld des Auszubildenden. Typische Fehler und Probleme im Überblick:
● Zu spät im Betrieb Das ist der Klassiker unter den Fehlstarts, sagt Ausbildungsberaterin Katharina Schumann von der Handwerkskammer Berlin: „Ich sollte abklären, wie lange der Weg zur Arbeit dauert, und entsprechend planen.“Wichtig ist dabei auch die Frage, wo man überhaupt hinmuss: Zum Betrieb, zur Filiale, direkt zur Baustelle? Gerade wenn die Unterschrift unter den Ausbildungsvertrag schon ein paar Wochen alt ist, lohnt sich für solche Fragen ein Anruf im Betrieb, etwa eine Woche vor dem Start.
● Unvorbereitet Wer vor dem ersten Tag noch mal im Betrieb anruft, kann auch gleich ein paar andere Fragen stellen – auch wenn sie blöd erscheinen. „Ich kann eigentlich nicht zu viel fragen“, sagt Schumann. „Der Betrieb freut sich in der Regel, weil es zeigt, dass da jemand wirklich Interesse hat.“Muss ich mich selbst um mein Mittagessen kümmern? Und was muss ich anziehen und so mitbringen? Arbeitsmaterialien muss der Betrieb stellen, sagt Simon Habermaaß, Bundesjugendsekretär bei Verdi. Das umfasst Schutzkleidung, Fachliteratur oder die Scheren für Friseure.
● Falsche Anrede Jeder Betrieb ist anders – und damit auch der Tonfall unter Kollegen und gegenüber dem Azubi. „Im Handwerk zum Beispiel duzen sich oft alle, in großen Unternehmen kann das aber ganz anders aussehen“, sagt Schumann. Hier sollten Neulinge also erst einmal zurückhaltend sein und genau hinhören, statt beherzt den Geschäftsführer anzukumpeln. Blöde Sprüche und Beleidigungen müssen sich Azubis verbitten. Einen festen Ansprechpartner für Fragen und Probleme dürfen sie auch einfordern.
● Ungeduld und Übereifer Großem Tatendrang folgt manchmal noch größere Ernüchterung – weil man sich alles ganz anders vorgestellt hat. „Man fängt wirklich von vorne an und darf nicht erwarten, dass man im Friseursalon zum Beispiel sofort Kunden die Haare schneiden darf“, sagt Schumann. Deshalb gilt gerade am Anfang: Erst mal zuhören, auch wenn es um scheinbar banale oder langweilige Dinge geht. Sicherheitseinweisungen zum Beispiel sind in vielen Jobs am Anfang Pflicht. Wer da gleich Desinteresse demonstriert, hinterlässt nicht den besten ersten Eindruck.
● Ausbeuten lassen „Es gibt Arbeitgeber, die mustergültig ausbilden“, sagt Habermaaß. „Genauso gibt es leider auch Betriebe, in denen Azubis billige Arbeitskräfte sind.“Ein guter Indikator dafür: Wer über Wochen immer den gleichen, langweiligen Routine-Job macht und gar nichts Neues lernt, sollte sich beschweren. Ansprechpartner bei solchen Problemen sind etwa Ausbildungsund Mitarbeitervertretung, die zuständige Gewerkschaft oder die jeweiligen Kammern. ● Den Druck unterschätzen Eine Ausbildung ist etwas anderes als der Schulbesuch. Das macht sich gerade am Anfang bemerkbar: „Die erste Woche ist anstrengend, abends sind die Azubis meistens platt“, sagt Schumann – und das nicht nur in Jobs, in denen körperlich gearbeitet wird. „Deshalb sollte man sich zu Beginn privat nicht zu viel vornehmen, sondern sich ganz auf den Ausbildungsstart konzentrieren.“
● Rechte nicht kennen Überstunden sollten für Azubis die absolute Ausnahme sein. Laut dem Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für 2017 sind sie in mehr als einem Drittel der Fälle aber Alltag. „Azubis dürfen nicht dazu ausgenutzt werden, um falsche Personalplanung aufzufangen“, sagt Habermaaß. Außerdem haben Lehrlinge ein Recht darauf, ihren Ausbildungsplan zu sehen. Auch der fehlt in vielen Betrieben.
● Fehler vertuschen Kleine Fehler passieren – und große manchmal auch. Das ist okay so, gerade für Auszubildende, sagt Schumann. „Aber man muss auch dazu stehen.“Wer Mist baut, sollte sich also entschuldigen, den Fehler erklären und versprechen, dass es nicht wieder vorkommt.