Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie begegne ich Demenzkranken?
Veröffentlichung Der Binswanger Markus Proske hat jetzt einen Demenz-Knigge geschrieben. Darin beschreibt der 52-Jährige viele Alltagssituationen. Er schöpft aus langjähriger Berufserfahrung. In Wertingen stellt er sein Werk erstmals vor
Wertingen/Binswangen So wenig die Wissenschaft wirklich weiß, woher die Demenz kommt, so sicher kennt sich Markus Proske im Umgang mit Betroffenen aus. Das behauptet der 52-jährige Binswanger selbstbewusst von sich selbst. Und das hat er in den vergangenen 16 Jahren als Demenzberater und Humortherapeut mehrfach bewiesen. Jetzt hat er sein erstes Buch geschrieben: „Der Demenz-Knigge“ist ein praktisches Nachschlagwerk für den Umgang mit Demenzerkrankten. In der Wertinger Buchhandlung Gerblinger wird er es am Freitag, 8. Juni, erstmals persönlich vorstellen.
Demenz kann im Zusammenhang mit verschiedenen Krankheiten auftreten, allen voran der AlzheimerErkrankung. „Demenz ist viel mehr als Vergessen“, sagt Markus Proske. Sie wirke sich auf viele Bereiche des täglichen Lebens aus. Sehr oft führte der Binswanger in den vergangenen Jahren Gespräche mit Pflegekräften und Angehörigen über den Umgang mit Betroffenen. Dabei erkannte er: „Viele Menschen wissen nicht, wie sie entlastend auf Betroffene einwirken, sie adäquat begleiten können.“
Fachbücher zu dem Thema gebe es genügend. Irgendwann machte eine Frau ihm klar: „Was fehlt, ist ein Demenz-Knigge.“Markus Proske ließ sich kurzerhand die Domain im Internet reservieren und nahm Kontakt zu einem bekannten Ghostwriter auf. Der zeigte sich begeistert von der Idee. Bis zur Veröffentlichung dauerte es allerdings noch eine Weile.
„Der Ur-Knigge baut darauf auf, wie Menschen gut miteinander umgehen, sodass beide Seiten davon partizipieren.“Auf diesen Grundansatz wollte Proske auch seinen Knigge aufbauen. So fing er an, typische Situationen und kleine Geschichten aus dem Alltag zu sammeln. In seinem privaten Humortagebuch hatte er ohnehin bereits vieles notiert.
Der Humor nämlich begleitet Markus Proske seit vielen Jahren in seinem Leben. Humor ist für ihn keineswegs nur Lachen, sondern eine Haltung zum Leben. „Es geht darum, die eigene Begrenztheit zu akzeptieren, statt mit verpassten Möglichkeiten zu hadern.“Erst wer mit sich selbst klar komme, könne das auch mit anderen Menschen.
Der 52-jährige Proske weiß, wovon er spricht. Als gelernter Metzger hatte er gemeinsam mit seiner Frau bis 2001 das Geschäft am Wertinger Marktplatz geführt. Irgendwann merkte er, dass sein Weg ein anderer ist. Wohin er führen würde, wusste er zu dem Zeitpunkt nicht. Im Wertinger Altersheim hatte er damals bereits seine Oma begleitet – „und wir hatten einen Riesenspaß“. Dabei merkte er, dass er gut und gerne mit Menschen umgehen kann. Er folgte zunächst seinem ersten Impuls und zog als Klinikclown durch Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Doch die rote Nase fühlte sich für Proske schon bald aufgesetzt an. „Wenn Menschen in extreme Lebenssituationen kommen, brauchen sie Ehrlichkeit und absolute Authentizität“, sagt der 52-Jähri- ge. „Sie müssen spüren, dass da jemand fest dasteht wie ein Fels in der Brandung.“Das gelte auch für alte Menschen und erst recht solche, bei denen es ans Sterben geht. „Ich will Humor und Leichtigkeit vermitteln, aber ohne rote Nase.“Mit dieser Absicht spannte Proske auch den Bogen zur Demenz. Gerade bei Demenzerkrankten hätten Humor und Leichtigkeit sehr wohl ihren Platz – „weil Humor viel mit Liebe und Respekt zu tun hat“.
Wenn Menschen Worte verlieren, greifen sie auf die Worte zurück, die ihnen geblieben sind. So wollte ihm eine Frau erzählen, dass sie jetzt dann Fernsehen schaue: „Ich lass mich elektrisch anlügen.“Markus Proske lacht bei der Erinnerung, kann Geschichte an Geschichte reihen. „Wenn’s mich narret machen“, versprach ihm ein Mann in Bezug auf seine Angehörigen und deren Geldstreitigkeiten, „dann stirb ich einfach gar nicht.“
So durchzieht auch seinen Demenz-Knigge bei allem Ernst und Sachlichkeit eine gewisse Heiterkeit. Und immer wieder der Rat, erst einmal Ruhe zu bewahren, sich den Hintergrund bestimmter Handlungen klar zu machen, die persönlichen Reaktionen zu beobachten und sich über die eigenen Denkstrukturen hinauszubewegen. Sehr konkret beschreibt Markus Proske Situationen beim Essen und Trinken, beim Suchen von Gegenständen und Menschen, bei der Kommunikation und Körperpflege. Neben einem informativen Hintergrundwissen zu den einzelnen Situationen bekommen die Leser ganz konkrete Tipps, wie sie am besten reagieren und handeln. Dabei vermeidet Proske, den Zeigefinger zu heben, möchte vielmehr praxisorientiert Möglichkeiten eines respektvollen Umgangs aufzeigen. „Ich will Leute wieder spüren lassen, wie wertvoll sie sind“– das gilt gleichermaßen für Demenzkranke wie deren Angehörige und Pflegekräfte.
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DasBuch: „Der Demenz Knigge“von Markus Proske, erschienen im Verlag „corporate minds“, 16,95 Euro. Persön lich vorstellen wird der Autor es erst mals in seiner Heimat Wertingen am kom menden Freitag, 9. Juni, 19 Uhr in der Buchhandlung Gerblinger, anschließend auch in der Buchhandlung Brenner in Dillingen.
„Viele Menschen wissen nicht, wie sie entlastend auf Betroffene einwirken, sie adäquat begleiten können.“Markus Proske, Autor des Demenz Knigge