Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Herrenbach: Ein Erfolg für die Anwohner
mussten lediglich einen Demonstranten, der sich vor ein Fällfahrzug legte, wegtragen. Die Stimmung war aber aufgeheizt.
Neben Informationstafeln der Stadt standen Plakate wie „vergribelt, vererbelt, verarscht“. Einige Anwohner forderten Erben auf, als Umweltreferent zurückzutreten, und fragten, warum OB Kurt Gribl nicht gekommen sei. Viele bezweifelten, dass Fällungen in dem geplanten Umfang wirklich nötig sind. Sie fordern mehr Informationen und wollen eine andere Lösung. „Die Gefahrensituation wird von der Stadt übertrieben dargestellt, Ängste werden geschürt“, kritisierte Birgitta König.
Geo-Ökologe Eduard Würdinger verwies darauf, dass ein Teil des Umfelds am Kanal nicht tiefer liege und daher nicht überschwemmt werden könne. Würdinger befürchtete auch, dass die Baumfällungen am Herrenbach nur der Anfang sind. Weitere Abholzaktionen der Stadt an anderen Kanälen seien zu erwarten.
Umweltreferent Erben wollte auf Nachfrage nicht ausschließen, dass aus Sicherheitsgründen weitere Bäume an anderen Kanälen fallen müssen. „Es kann sein, dass das erst der Anfang ist.“Zwar gebe es noch keine weiteren konkreten Pläne. Der Referent verwies aber auf die regelmäßigen Kontrollen an den Kanälen, bei denen auch Bäume ein Thema sind. Nach Angaben von Tiefbauamtsleiter Josef Weber stehen die nächsten Begehungen im September am Kaufbach, Fichtelbach und Hanreibach an. Fachleute sagen jedoch, dass nur wenige Stadtkanäle höher als ihre Umgebung liegen und damit eine ähnliche Überschwemmungsproblematik haben.
Zurück zum Herrenbach: Aktuell sind dort 27 Linden, Pappeln und Eschen weg. Denn am Montag fuhren wieder die Fällfahrzeuge vor. Fünf Bäume mussten weichen. Fünf weitere am Westufer in Richtung Friedberger Straße ließ das städtische Amt für Grünordnung noch einmal von Fachleuten des Wasserwirtschaftsamtes in Augenschein nehmen. Ergebnis: Sie dürfen nun doch bis zum Herbst stehen bleiben. Die Fachleute kamen zu dem Ergebnis, dass zwar eine Gefahr der Aufstauung des Kanals besteht, wenn sie umfallen sollten. Diese sei aber nicht größer als an anderen Stadtkanälen.
Der städtische Pressesprecher Richard Goerlich teilte auf Anfrage mit, warum Oberbürgermeister Gribl nicht zur Demo am Herrenbach gekommen war. Gribl habe an diesem Tag andere terminliche Verpflichtungen gehabt. Der OB sei aber seit der letzten Stadtratssitzung in alle Entscheidungen am Herrenbach eingebunden. Auch von seinem Urlaubsort aus hätten zahlreiche Telefonkonferenzen mit den Referaten und Ämtern stattgefunden. Zuletzt habe sich Gribl am Sonntag vor Ort nochmals über die Situation informiert und sich mit Umweltreferent Reiner Erben abgestimmt. »Kommentar und Seite 34
Wie man es auch dreht und wendet: Die Entscheidungen der Augsburger Verwaltung in Sachen Herrenbach wirken konfus und wenig durchdacht. Noch vor eineinhalb Wochen stellten einige Bäume am Kanal offenbar eine „Gefahr für Leib und Leben“der Anwohner dar. Nachdem eben diese Anwohner gegen die Fällungen protestierten, können ein paar Bäume doch bis Herbst stehen bleiben. Und nun auch noch die 180-Grad-Wendung des Umweltreferenten, der die Fällungen bis vor kurzem verteidigt hatte, jetzt aber ein Gutachten in Auftrag geben will. Wer weiß: Vielleicht fällt der Kahlschlag danach geringer aus, als geplant.
Warum, fragt man sich, ging das nicht gleich? Dass auf einmal nach umweltverträglicheren Lösungen gesucht wird, ist wohl allein dem Aufschrei der Bürger zu verdanken. Wären sie nicht auf die Straße gegangen, am Herrenbach wäre ein Baum nach dem anderen verschwunden. Gut, dass es Bürger gibt, die bereit sind, für ihre Anliegen zu kämpfen. Selbst wenn nur wenige Bäume gerettet werden könnten, die Anwohner des Herrenbachs dürften sich diesen Erfolg auf die Fahnen schreiben.
Weil Emotionen im Spiel waren, wurde am Herrenbach zuletzt scharf diskutiert. Nun sollten beide Seiten zur Sachlichkeit zurückkehren. Die Stadt sollte den Bürgern alle folgenden Schritte transparent erläutern. Auch die Gründe, die zur Fällung von bislang 27 Bäumen führten, müssten noch einmal schlüssig dargelegt werden. Diese Offenheit könnte dazu beitragen, das Vertrauen der Bürger in städtische Entscheidungen (wieder) zu gewinnen. Denn am Herrenbach wurde es durch das unglückliche Agieren der Verwaltung zuletzt ziemlich erschüttert.