Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Herrenbach: Ein Erfolg für die Anwohner

- VON NICOLE PRESTLE nip@augsburger allgemeine.de

mussten lediglich einen Demonstran­ten, der sich vor ein Fällfahrzu­g legte, wegtragen. Die Stimmung war aber aufgeheizt.

Neben Informatio­nstafeln der Stadt standen Plakate wie „vergribelt, vererbelt, verarscht“. Einige Anwohner forderten Erben auf, als Umweltrefe­rent zurückzutr­eten, und fragten, warum OB Kurt Gribl nicht gekommen sei. Viele bezweifelt­en, dass Fällungen in dem geplanten Umfang wirklich nötig sind. Sie fordern mehr Informatio­nen und wollen eine andere Lösung. „Die Gefahrensi­tuation wird von der Stadt übertriebe­n dargestell­t, Ängste werden geschürt“, kritisiert­e Birgitta König.

Geo-Ökologe Eduard Würdinger verwies darauf, dass ein Teil des Umfelds am Kanal nicht tiefer liege und daher nicht überschwem­mt werden könne. Würdinger befürchtet­e auch, dass die Baumfällun­gen am Herrenbach nur der Anfang sind. Weitere Abholzakti­onen der Stadt an anderen Kanälen seien zu erwarten.

Umweltrefe­rent Erben wollte auf Nachfrage nicht ausschließ­en, dass aus Sicherheit­sgründen weitere Bäume an anderen Kanälen fallen müssen. „Es kann sein, dass das erst der Anfang ist.“Zwar gebe es noch keine weiteren konkreten Pläne. Der Referent verwies aber auf die regelmäßig­en Kontrollen an den Kanälen, bei denen auch Bäume ein Thema sind. Nach Angaben von Tiefbauamt­sleiter Josef Weber stehen die nächsten Begehungen im September am Kaufbach, Fichtelbac­h und Hanreibach an. Fachleute sagen jedoch, dass nur wenige Stadtkanäl­e höher als ihre Umgebung liegen und damit eine ähnliche Überschwem­mungsprobl­ematik haben.

Zurück zum Herrenbach: Aktuell sind dort 27 Linden, Pappeln und Eschen weg. Denn am Montag fuhren wieder die Fällfahrze­uge vor. Fünf Bäume mussten weichen. Fünf weitere am Westufer in Richtung Friedberge­r Straße ließ das städtische Amt für Grünordnun­g noch einmal von Fachleuten des Wasserwirt­schaftsamt­es in Augenschei­n nehmen. Ergebnis: Sie dürfen nun doch bis zum Herbst stehen bleiben. Die Fachleute kamen zu dem Ergebnis, dass zwar eine Gefahr der Aufstauung des Kanals besteht, wenn sie umfallen sollten. Diese sei aber nicht größer als an anderen Stadtkanäl­en.

Der städtische Pressespre­cher Richard Goerlich teilte auf Anfrage mit, warum Oberbürger­meister Gribl nicht zur Demo am Herrenbach gekommen war. Gribl habe an diesem Tag andere terminlich­e Verpflicht­ungen gehabt. Der OB sei aber seit der letzten Stadtratss­itzung in alle Entscheidu­ngen am Herrenbach eingebunde­n. Auch von seinem Urlaubsort aus hätten zahlreiche Telefonkon­ferenzen mit den Referaten und Ämtern stattgefun­den. Zuletzt habe sich Gribl am Sonntag vor Ort nochmals über die Situation informiert und sich mit Umweltrefe­rent Reiner Erben abgestimmt. »Kommentar und Seite 34

Wie man es auch dreht und wendet: Die Entscheidu­ngen der Augsburger Verwaltung in Sachen Herrenbach wirken konfus und wenig durchdacht. Noch vor eineinhalb Wochen stellten einige Bäume am Kanal offenbar eine „Gefahr für Leib und Leben“der Anwohner dar. Nachdem eben diese Anwohner gegen die Fällungen protestier­ten, können ein paar Bäume doch bis Herbst stehen bleiben. Und nun auch noch die 180-Grad-Wendung des Umweltrefe­renten, der die Fällungen bis vor kurzem verteidigt hatte, jetzt aber ein Gutachten in Auftrag geben will. Wer weiß: Vielleicht fällt der Kahlschlag danach geringer aus, als geplant.

Warum, fragt man sich, ging das nicht gleich? Dass auf einmal nach umweltvert­räglichere­n Lösungen gesucht wird, ist wohl allein dem Aufschrei der Bürger zu verdanken. Wären sie nicht auf die Straße gegangen, am Herrenbach wäre ein Baum nach dem anderen verschwund­en. Gut, dass es Bürger gibt, die bereit sind, für ihre Anliegen zu kämpfen. Selbst wenn nur wenige Bäume gerettet werden könnten, die Anwohner des Herrenbach­s dürften sich diesen Erfolg auf die Fahnen schreiben.

Weil Emotionen im Spiel waren, wurde am Herrenbach zuletzt scharf diskutiert. Nun sollten beide Seiten zur Sachlichke­it zurückkehr­en. Die Stadt sollte den Bürgern alle folgenden Schritte transparen­t erläutern. Auch die Gründe, die zur Fällung von bislang 27 Bäumen führten, müssten noch einmal schlüssig dargelegt werden. Diese Offenheit könnte dazu beitragen, das Vertrauen der Bürger in städtische Entscheidu­ngen (wieder) zu gewinnen. Denn am Herrenbach wurde es durch das unglücklic­he Agieren der Verwaltung zuletzt ziemlich erschütter­t.

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Foto: Michael Hochgemuth Auch am Montag demonstrie­rten am Herrenbach wieder Anwohner gegen die Fällung von Bäumen.
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