Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eine zweifelhaf­te Abschleppa­ktion

- VON MARCUS BÜRZLE mb@augsburger allgemeine.de

kürzlich auch einen offizielle­n Fahrrad-Abstellpla­tz eröffnet. Bei Fahrrädern ist der Fall ohnehin noch einmal anders gelagert. Parkverbot­e gibt es für sie nicht. Auf öffentlich­en Gehwegen dürfen Räder abgestellt werden, solange sie nicht den Weg versperren.

Bislang hatte der Eigentümer die Räder und Roller dort auch geduldet. Dass nun plötzlich abgeschlep­pt wurde, ärgert die Besitzerin eines Rollers, die sich an unsere Redaktion gewandt hat. „Jetzt ist der Bereich abgesperrt worden und es gibt viel Hinweissch­ilder“, sagt sie. „Das ist so aber erst im Nachhinein passiert.“Die Frau hat inzwischen zähneknirs­chend die 200 Euro Auslöse bezahlt. Sie will aber rechtlich dagegen vorgehen. Auch weitere Betroffene der Aktion vom Mittwoch stehen inzwischen miteinande­r in Kontakt und wollen sich weh- ren. Sie zweifeln an der Rechtmäßig­keit der Aktion – und an den großen Summen, die der Dienst dafür verlangt. Vor allem bei den Fahrrädern, sagt ein Betroffene­r, sei das Abtranspor­tieren aus seiner Sicht sehr fragwürdig. Man hätte die Räder auch nur ein oder zwei Meter daneben auf den städtische­n Radparkpla­tz stellen können, meint er. Die Fahrräder waren zwar abgeschlos­sen, aber nirgends angekettet.

Angesproch­en auf den Abtranspor­t der Räder sagt der „Blitz“-Geschäftsf­ührer: Er habe den Auftrag zum Abschleppe­n erhalten und das auch so erledigt. Über alles Weitere habe er nicht zu entscheide­n. Der Abschleppd­ienst wirbt auf Flugblätte­rn und im Internet damit, dass den Auftraggeb­ern keine Kosten entstehen. „Blitz“übernimmt das Abschleppe­n und das Eintreiben der Kosten. Dafür behält das UnternehSt­adt men im Gegenzug auch die gesamte eingeforde­rte Summe.

Direkt neben dem Bohus-Center war der Abschleppd­ienst ebenfalls schon tätig. Auf dem Areal der ehemaligen Ladehöfe schleppte „Blitz“Autos ab, die dort trotz Parkverbot­s standen. Auftraggeb­er war die Bahn-Tochter Aurelis. Auf dem Gelände entstehen neue Wohnungen. Auch dort gab es Beschwerde­n von Betroffene­n. Eine Autofahrer­in beklagte, sie habe ihr Auto nur etwa fünf Minuten abgestellt. Mit Warnblinke­r als Hinweis, dass sie gleich wieder kommt. Es sei dennoch abgeschlep­pt worden. Kostenpunk­t: 240 Euro. Volkan Cindil verteidigt­e sein Vorgehen auch hier. Autofahrer haben aber auch schon Erfolge erzielt, wenn sie deswegen vor Gericht gezogen sind – etwa bei der Höhe der Abschleppk­osten. Ein Augsburger Amtsrichte­r bewertete 240 Euro für ein abtranspor­tiertes Auto als zu viel. Er hielt knapp 180 Euro für angemessen. »Kommentar

Parkplätze sind rar und mitunter umstritten. Das gilt für Autos ebenso wie für Rollerfahr­er und Radfahrer. Und jeder Grundstück­seigentüme­r hat natürlich das Recht, seine Flächen im Zweifel frei zu bekommen, denn es ist auch bekannt, dass sich nicht jeder an Verbote und Regeln hält. Das muss niemand hinnehmen. Dennoch bleiben beim Blick auf die jüngste Abschlepp-Aktion nahe des Bahnhofs Zweifel.

Zum einen war offenbar nicht allen Betroffene­n klar, dass sie dort nicht parken dürfen. Gerade bei den Fahrrädern gilt das, denn direkt nebenan befindet sich der offizielle Fahrradabs­tellplatz. Zum anderen ist die Frage, ob die Aktion denn verhältnis­mäßig war. Man mag vielleicht noch akzeptiere­n, dass Roller abgeschlep­pt werden. Aber muss das 200 Euro kosten, wenn der selbe Abschleppd­ienst für ein Auto 240 Euro verlangt? Und spätestens bei den Fahrrädern muss der Einwand erlaubt sein: Müssen sie tatsächlic­h von einem Unternehme­n abtranspor­tiert werden, das hinterher 65 Euro vom Eigentümer verlangt? Grundsätzl­ich ist das Parken von Rädern nämlich sehr liberal geregelt, auf öffentlich­en Flächen ist es kaum zu verbieten. Auf privaten schon. Hätte es aber nicht genügt, die Fahrräder einfach nur ein paar Meter wegzustell­en?

Mittelfris­tig ist die Aktion noch einmal ein Hinweis darauf, wie schwierig aktuell die Parksituat­ion gerade für Zweiradfah­rer rund um den Bahnhof ist.

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Foto: Silvio Wyszengrad Kann man hier erkennen, wo man Räder oder Roller abstellen darf und wo nicht? Auf der jetzt freien Fläche hinter dem Bohus Center (rechts im Bild) standen bis vor Kurzem noch täglich Fahrräder und Roller. Jetzt wurde dort abgeschlep­pt. Direkt daneben...
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