Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Herrenbach: Stadtrat will gegen Baumfällung klagen
Umwelt Volker Schafitel (Freie Wähler) hält die Aktion für rechtlich nicht haltbar. Er glaubt, dass hohe Kosten für die Kanalsanierung gespart werden sollen und kündigt eine Klage vor dem Verwaltungsgericht an
Volker Schafitel, Stadtrat der Freien Wähler, will wegen der umstrittenen Baumfällungen am Herrenbachkanal juristische Schritte einleiten. Am Donnerstag kündigte er eine Klage vor dem Verwaltungsgericht an. Derzeit lasse er von einem Anwalt prüfen, in welcher Form die Klage erfolgen soll und gegen wen sie sich richten wird, sagte er gegenüber den Medien.
Schafitel begründete seinen Schritt damit, dass über die Fällung von 96 Bäumen in dem idyllischen und beliebten Naherholungsgebiet an dem historischen Industriekanal im Textilviertel nicht im Stadtrat entschieden worden sei, obwohl sie erhebliche Auswirkungen für die Bevölkerung habe und einen großen Eingriff in die gewachsene Natur darstelle. Dieses wichtige Thema könne nicht auf dem Verwaltungsweg entschieden werden. „Ich muss diesen Weg gehen, weil ich im Stadtrat nicht darüber diskutieren durfte“, so Schafitel. Er hält auch eine rechtliche Grundlage der städtischen Entscheidung für nicht zutreffend: Die angeführte DINNorm für Deiche sei für natürliche Gewässer wie Flüsse gedacht, nicht aber für Kanäle mit kontrollierbarer Wasserzufuhr. Zudem seien bei der städtischen Infoveranstaltung irreführende Bilder von einem hundertjährigen Hochwasser am Lech gezeigt worden, um die Gefahrensituation in einem 650 Meter langen Abschnitt am Herrenbachkanal darzustellen, so der Stadtrat.
Die Stadt will mit der umfangreichen Baumfällung am Herrenbach Anwohner in den tiefer liegenden Wohnvierteln besser vor Überschwemmungen schützen. Laut Wasserwirtschaftsamt Donauwörth könnten die Bäume bei einem Sturm umfallen und einen Dammbruch verursachen. Im schlimmsten Fall würden dann 30 Millionen Liter Wasser ins angrenzende Wohngebiet fließen. Ein Szenario, das die Stadtverwaltung ans Pfingsthochwasser vor 19 Jahren erinnert. Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) hatte Anfang der Woche bei einer Protestaktion von Anwohnern an der Heinestraße bekräftigt, dass die DIN-Vorschrift auch für Kanäle gelte. Dies sei rechtlich geprüft worden. 27 große Laubbäume sind bereits gefällt. Nach vehementen Protesten von Bürgern, will Erben nun einen unabhängigen Gutachter einschalten, der klären soll, ob auch die anderen Bäume weichen müssen.
Schafitel wirft der Stadt vor, mit der umfangreichen Fällung von großen, gesunden Laubbäumen eine billige Lösung zu suchen, um Kosten für die Kanalsanierung zu sparen. Letztere sei von der Stadt mit einem geschätzten Betrag von drei Millionen Euro wohl künstlich hochgerechnet worden. Er bezieht sich auf den Antwort-Katalog der Verwaltung für den Stadtrat, wonach der technische Ansatz „nicht zu Ende gedacht“worden sei.
Nach Gesprächen mit Kraftwerksbetreibern ist Architekt Schafitel davon überzeugt, dass die Kanalsanierung mit deutlich geringeren Kosten und ohne weitere Baumverluste machbar sei. Dies sei an anderen Stellen im Kanalnetz vorgemacht worden. Aus seiner Sicht spart die Stadt seit Jahren beim Bauunterhalt der Kanäle, um Geld einzunehmen. Die Kraftwerksbetreiber müssen danach jährlich knapp eine Millionen Euro zahlen, für den Bauunterhalt der Kanäle werden 220 000 Euro ausgegeben. Der große Rest fließe an die Kämmerei.
Die SPD-Fraktion fordert, alle städtischen Gewässer und Dämme auf Hochwasserschutz zu untersuchen. Am Herrenbach habe der mangelnde Informationsfluss an die Bürger für enormen Unmut gesorgt. Künftig müsse die Stadt besser und früher informieren, falls auch an anderen Stellen Bäume gefällt werden.