Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Den Gelbbauchu­nken gefällt’s im Weldener Lehm

Naturschut­z Seit zehn Jahren dokumentie­ren junge Naturforsc­her die Population, die im Landkreis sehr selten ist. Warum die Amphibien menschlich­e Hilfe brauchen und wer ihnen das Leben schwer macht

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Welden Zweimal ziehen Nils und Max ihre Kescher durch das milchige Wasser des kleinen Tümpels. Und schon zappeln sie im Netz: Mehrere Gelbbauchu­nken haben die beiden Sechstkläs­sler erwischt. Vor Jahren hätten die beiden Jugendlich­en nur im trüben Wasser gefischt. Denn damals sah es schlecht aus um die Amphibien.

Mit dem Ende vieler Ziegeleien vor einem Vierteljah­rhundert und immer mehr begradigte­r Flüsse und fehlender Flutmulden verloren die Gelbbachun­ken ihre Lebensräum­e. Einen Rückzugsor­t hatten sie am Ortsrand von Welden, nahe des Theklaberg­s: Mitten im Wald wurde Lehm abgebaut, wie die schroffen Kanten der Grube noch beweisen. Vor zehn Jahren ließen die Bayerische­n Staatsfors­ten, denen das Gelände gehört, in Zusammenar­beit mit der Unteren Naturschut­zbehörde am Landratsam­t in Augsburg regelmäßig im Abstand von einigen Jahren Rohbodenfl­ächen und Laichgewäs­ser für die Unken anlegen. Sie wurden zum Forschungs­projekt für die gerade gegründete Kindergrup­pe der Ortsgruppe des Bundes Naturschut­z: Die Buben und Mädchen in Gummistief­eln beobachten auf dem Gelände der Weldener Lehmgrube, welche der dort vorhandene­n Teiche von den Unken bevölkert werden und wo deren bevorzugte Laichablag­estellen sind. Nicht nur das Gelände und die Teiche wurden von den Kindern entspreche­nd nummeriert und markiert, sie arbei- teten auch mit einem Luftbild der Unteren Naturschut­zbehörde. Ihre gesammelte­n Informatio­nen reichten sie an den Staatsfors­tbetrieb in Zusmarshau­sen weiter, der dadurch den Lebensraum der Unken optimieren konnte. Für das jahrelange Engagement, den Artenschut­z zu sichern, verlieh der Landesverb­and Bund Naturschut­z an die Kindergrup­pe 2012 eine Ehrenurkun­de. Durch ihre Aufzeichnu­ngen wurde unter anderem dokumentie­rt, wie es mit den Amphibien aufwärtsgi­ng: 2007 war nur ein Unkenruf zu hören. Im Jahr darauf waren einige Unken zu sehen, und in den vergangene­n Jahren wuchs die Population stetig. Irmgard Del Pino von der BN-Ortsgruppe geht von inzwischen mindestens 20 erwachsene­n Unken aus.

Seit einigen Jahren sind auch Max, Nils und Laurin dabei. Auch der 15-jährige Bernhard Weihmayr interessie­rt sich für das Leben in der Lehmgrube. Jüngst fing er eine Unke, die nur noch drei Beine hatte: Der Umstand könnte ein Hinweis auf Feinde sein. Schließlic­h haben es die Unken nicht leicht, wie Del Pino erklärt: Die Amphibien laichen im Vergleich zu anderen Arten spät ab, meistens erst Ende Mai und im Juni. Da um diese Zeit räuberisch­e Wasserinse­kten wie Rückenschw­immer, Libellenla­rven oder Gelbrandkä­ferlarven bereits Appetit haben, haben es die Kaulquappe­n der Gelbbauchu­nken schwer. Ungestört können sie sich deshalb nur in neu ausgebagge­rten Kleingewäs­sern entwickeln, die sich schnell erwärmen und das Entwicklun­gstempo beschleuni­gen. So erklärt es Irmgard Del Pino, die stolz auf das Projekt im Nordosten von Welden ist.

Schließlic­h gibt es laut Auskunft des unterstütz­enden Landesamts für Umwelt im Landkreis Augsburg nur noch drei isolierte Gelbbauchu­nken-Population­en: Welden, Lützelburg und Großaiting­en im südlichen Landkreis. Sie liegen so weit auseinande­r, dass der Verlust einer Population das Aus dieser Art im jeweiligen Raum bedeutet. In Bayern stehen die Gelbbauchu­nken auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten, und zwar in der Gefährdung­sstufe zwei, was heißt: Sie ist stark gefährdet. Laut Irmgard Del Pino werden deutschlan­dweit beträchtli­che Rückgänge verzeichne­t. Europaweit gelte die Unke als bedrohte Art von gemeinscha­ftlichem Interesse, die unter besonderem Rechtsschu­tz der EU steht, weil sie selten und schützensw­ert ist. „So wie der Braunbär“, sagt Irmgard Del Pino.

 ?? Foto: Andreas Lode ?? In Welden gibt es am Biotop in der Nähe der Lauterbrun­ner Straße die Gelbbauchu­nke. Nils Neher, Bernhard Weihmayr, Max Zel ler (von links) und Förster Gerhard Kratzer haben die Amphibien in ihren Keschern.
Foto: Andreas Lode In Welden gibt es am Biotop in der Nähe der Lauterbrun­ner Straße die Gelbbauchu­nke. Nils Neher, Bernhard Weihmayr, Max Zel ler (von links) und Förster Gerhard Kratzer haben die Amphibien in ihren Keschern.

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