Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Den Gelbbauchunken gefällt’s im Weldener Lehm
Naturschutz Seit zehn Jahren dokumentieren junge Naturforscher die Population, die im Landkreis sehr selten ist. Warum die Amphibien menschliche Hilfe brauchen und wer ihnen das Leben schwer macht
Welden Zweimal ziehen Nils und Max ihre Kescher durch das milchige Wasser des kleinen Tümpels. Und schon zappeln sie im Netz: Mehrere Gelbbauchunken haben die beiden Sechstklässler erwischt. Vor Jahren hätten die beiden Jugendlichen nur im trüben Wasser gefischt. Denn damals sah es schlecht aus um die Amphibien.
Mit dem Ende vieler Ziegeleien vor einem Vierteljahrhundert und immer mehr begradigter Flüsse und fehlender Flutmulden verloren die Gelbbachunken ihre Lebensräume. Einen Rückzugsort hatten sie am Ortsrand von Welden, nahe des Theklabergs: Mitten im Wald wurde Lehm abgebaut, wie die schroffen Kanten der Grube noch beweisen. Vor zehn Jahren ließen die Bayerischen Staatsforsten, denen das Gelände gehört, in Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt in Augsburg regelmäßig im Abstand von einigen Jahren Rohbodenflächen und Laichgewässer für die Unken anlegen. Sie wurden zum Forschungsprojekt für die gerade gegründete Kindergruppe der Ortsgruppe des Bundes Naturschutz: Die Buben und Mädchen in Gummistiefeln beobachten auf dem Gelände der Weldener Lehmgrube, welche der dort vorhandenen Teiche von den Unken bevölkert werden und wo deren bevorzugte Laichablagestellen sind. Nicht nur das Gelände und die Teiche wurden von den Kindern entsprechend nummeriert und markiert, sie arbei- teten auch mit einem Luftbild der Unteren Naturschutzbehörde. Ihre gesammelten Informationen reichten sie an den Staatsforstbetrieb in Zusmarshausen weiter, der dadurch den Lebensraum der Unken optimieren konnte. Für das jahrelange Engagement, den Artenschutz zu sichern, verlieh der Landesverband Bund Naturschutz an die Kindergruppe 2012 eine Ehrenurkunde. Durch ihre Aufzeichnungen wurde unter anderem dokumentiert, wie es mit den Amphibien aufwärtsging: 2007 war nur ein Unkenruf zu hören. Im Jahr darauf waren einige Unken zu sehen, und in den vergangenen Jahren wuchs die Population stetig. Irmgard Del Pino von der BN-Ortsgruppe geht von inzwischen mindestens 20 erwachsenen Unken aus.
Seit einigen Jahren sind auch Max, Nils und Laurin dabei. Auch der 15-jährige Bernhard Weihmayr interessiert sich für das Leben in der Lehmgrube. Jüngst fing er eine Unke, die nur noch drei Beine hatte: Der Umstand könnte ein Hinweis auf Feinde sein. Schließlich haben es die Unken nicht leicht, wie Del Pino erklärt: Die Amphibien laichen im Vergleich zu anderen Arten spät ab, meistens erst Ende Mai und im Juni. Da um diese Zeit räuberische Wasserinsekten wie Rückenschwimmer, Libellenlarven oder Gelbrandkäferlarven bereits Appetit haben, haben es die Kaulquappen der Gelbbauchunken schwer. Ungestört können sie sich deshalb nur in neu ausgebaggerten Kleingewässern entwickeln, die sich schnell erwärmen und das Entwicklungstempo beschleunigen. So erklärt es Irmgard Del Pino, die stolz auf das Projekt im Nordosten von Welden ist.
Schließlich gibt es laut Auskunft des unterstützenden Landesamts für Umwelt im Landkreis Augsburg nur noch drei isolierte Gelbbauchunken-Populationen: Welden, Lützelburg und Großaitingen im südlichen Landkreis. Sie liegen so weit auseinander, dass der Verlust einer Population das Aus dieser Art im jeweiligen Raum bedeutet. In Bayern stehen die Gelbbauchunken auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten, und zwar in der Gefährdungsstufe zwei, was heißt: Sie ist stark gefährdet. Laut Irmgard Del Pino werden deutschlandweit beträchtliche Rückgänge verzeichnet. Europaweit gelte die Unke als bedrohte Art von gemeinschaftlichem Interesse, die unter besonderem Rechtsschutz der EU steht, weil sie selten und schützenswert ist. „So wie der Braunbär“, sagt Irmgard Del Pino.