Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Tesla steckt in der Krise fest
Autobauer Der amerikanische E-Auto-Hersteller entlässt jeden zehnten Mitarbeiter. Welchen Plan verfolgt Gründer Elon Musk?
Elon Musk, Chef des Autoherstellers Tesla, will rund neun Prozent seiner Mitarbeiter feuern. Der Firmenchef begründete den Schritt mit der „Notwendigkeit, Kosten zu senken und profitabel zu werden“. Noch in dieser Woche würden die entlassenen Mitarbeiter informiert. Wie viele Kündigungen es konkret gibt, ist nicht ganz klar. Aus dem letzten Jahresbericht von Tesla geht hervor, dass das Unternehmen Ende 2017 rund 37 500 Mitarbeiter hatte. Damit wären weit über 3000 Jobs betroffen. Angesichts der rasanten Expansion und der Einstellungsoffensive im Zusammenhang mit dem Model 3 dürfte die Beschäftigung in diesem Jahr allerdings schon kräftig gestiegen sein, sodass es auch um deutlich mehr Stellen gehen könnte.
Mit seiner Mission – „den Wandel der Welt zu nachhaltiger, sauberer Energie beschleunigen“– wurde Musk zum Fahnenträger der Elektromobilität und gewann viele Fans. Doch letztlich muss bei Tesla auch die Wirtschaftlichkeit stimmen, denn derzeit finanzieren die Aktionäre das Unternehmen. Die Firma verdient, von einzelnen Quartalen abgesehen, kein Geld. „Das ist ein zulässiger und fairer Kritikpunkt“, gibt Musk zu.
In den vergangenen zwei Jahren bezahlte Tesla sein rasantes Wachstum mit immer größeren Verlusten. 2017 stand unter dem Strich ein Minus von fast zwei Milliarden Dollar. Die Firma investierte massiv, um mit ihrem ersten günstigeren Wagen, dem Model 3, den Sprung von der Luxusnische in den Massenmarkt zu schaffen. Erschwingliche E-Autos für die breite Bevölkerung waren von Anfang an Bestandteil von Musks Masterplan – die Masse soll das Geschäft trotz geringer Gewinnspannen profitabel machen.
Doch ausgerechnet beim Hoffnungsträger Model 3 misslang der Start – die Produktion kam bislang trotz riesigen Aufwands nur langsam voran. Bis Ende Juni will Tesla pro Woche 5000 Stück herstellen, dieses Ziel hätte schon Ende 2017 erreicht sein sollen. Zuletzt lag die wöchentliche Produktion bei rund 3500 Autos. In den vergangenen Monaten stieg der Druck auf Musk beträchtlich. Doch der Tesla-Chef tat wenig, um Bedenken zu zerstreuen. Im Gegenteil: Er wirkte ungewohnt dünnhäutig und reagierte auf Kritik so unsouverän, dass selbst an der Wall Street Sorgen aufkamen und die Aktie deutlich litt.
Musk muss auch deshalb liefern, weil Tesla bei seinen Kunden in der Kreide steht. Im April 2016 hatte das Unternehmen begonnen, Vorbestellungen für das Model 3 entgegenzunehmen. Um auf die Warteliste zu kommen, müssen Interessenten eine Anzahlung von 1000 USDollar leisten. Inzwischen fordern etliche der über 400000 Vorbesteller ihr Geld zurück, weil sie nicht länger vertröstet werden möchten.
Es ist zu früh, um sagen zu können, ob Tesla sich übernommen hat. Gelingt es Musk, die Startschwierigkeiten zu beheben, kann das Großprojekt noch der ersehnte Erfolg werden. Doch die vielen Kündigungen zeigen, wie schwer sich Tesla tut. Hannes Breustedt, dpa