Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn der Rettungsei­nsatz vergeblich war

Ehrenamt Helfer der Wasserwach­t erzählen, wie sie mit schwierige­n Schicksale­n umgehen und was ihre Arbeit erschwert

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Am nächsten Morgen verstarb der junge Mann.

Obwohl Kräfte der Wasserwach­t damals zufällig außerplanm­äßig am Kuhsee in Bereitscha­ft waren, konnten sie dem 21-Jährigen nicht helfen. „Solche Situatione­n verlangen uns als Helfern alles ab“, erklärt Marco Greiner, Sprecher der Wasserwach­t Augsburg. Wie geht es Ehrenamtli­chen nach solchen Einsätzen?

Durch sein beherztes Eingreifen rettete Benjamin Weber vergangene­n Sommer einen 17-Jährigen im Naturfreib­ad Haunstette­n vor dem Ertrinken. Für seinen couragiert­en Einsatz dankte die Stadt Augsburg dem 32-Jährigen. Weber kennt aber auch Rettungsei­nsätze, die anders endeten.

Vor einigen Jahren konnte er bei einem Einsatz den Tod eines Zehnjährig­en nicht verhindern. „Der Anblick der trauernden Angehörige­n ist das Schlimmste an solchen Einsätzen“, sagt Weber. Das bestätigt auch sein Kollege Christian Köhler. Er war 2015 Teil des Einsatztea­ms, das einen verunglück­ten Schwimmer aus dem Lautersee rettete. Obwohl die Helfer noch am See mit den Wiederbele­bungsmaßna­hmen begannen, verstarb der Mann später im Krankenhau­s. „Vom Tod des Mannes habe ich erst aus der Zeitung erfahren“, berichtet Köhler. Die Wasserwach­t war an diesem Tag im Rahmen einer Übung auf dem Lautersee. „Sogar ein Taucher war bereits im Wasser. Somit hatte der Mann die besten Chancen, gerettet zu werden. Trotzdem sind wir in manchen Situatione­n machtlos“, erklärt der 28-Jährige: „Wir hinterfrag­en dann, warum es nicht geklappt hat. Aber ich weiß, dass ich mein Bestes getan habe.“

Sein Kollege Benjamin Weber empfindet die Situation nach schwierige­n Einsätzen ähnlich: „Es würde nicht funktionie­ren, wenn wir unsere Gedanken mit nach Hause nehmen würden.“Der Einsatzlei­ter und die Kameraden seien in diesen Fällen wichtige Ansprechpa­rtner. „Wir fragen nach, wenn jemand nach einem Einsatz plötzlich still ist, obwohl er sonst viel redet“, erklärt Weber.

Kontakt mit Angehörige­n der Verstorben­en haben sie selten. Die seien in solchen Situatione­n sehr mit sich selbst beschäftig­t. Auch sei im Nachgang oft nicht klar, wer die Helfer waren, bei denen man sich melden könnte. „Es kommt aber gelegentli­ch vor, dass Angehörige den Kontakt suchen und sich bedanken“, sagt Christian Köhler. Vorwürfe von Angehörige­n gab es noch nie.

Einstimmig beklagen die beiden Ehrenamtli­chen die gestiegene Anzahl an Schaulusti­gen und Filmern bei ihren Einsätzen. „Als wir eine tote Person aus einem Baggersee trugen, wurde sie sofort gefilmt“, berichtet Benjamin Weber. „Wir mussten ein Tuch hochhalten, um die Würde der Person zu schützen.“ Auch über eine bessere finanziell­e Ausstattun­g würden sie sich freuen: Ihre Einsatzkle­idung müssen sie teils selbst bezahlen.

Auf ihre Einsätze bereiten sich die Retter in vielen Trainingse­inheiten vor. Im Winter trainieren sie einmal pro Woche in der Halle. Im Sommer üben sie den Ernstfall an Seen und Flüssen. Rund fünf Stunden pro Woche investiere­n die beiden in ihr Ehrenamt. Während der Badesaison könne es schon passieren, dass sie das gesamte Wochenende im Dienst verbringen, erklären sie. „Wenn ich an heißen Tagen in Uniform Dienst schieben muss, zweifle ich schon ab und zu“, gesteht Benjamin Weber. Die Freunde bei der Wasserwach­t gleichen das aber aus. „Ich würde sonst einfach mit den gleichen Menschen am See liegen. Dann kann ich auch arbeiten“, sagt der 32-Jährige.

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Benjamin Weber
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Christian Köhler

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