Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stadt kritisiert das lange Verfahren zur Friedhofsa­ffäre

Vorwürfe Drei städtische Arbeiter wurden verurteilt, weil sie in die eigene Tasche gewirtscha­ftet haben. Jetzt droht ihnen sogar der Rauswurf. Umweltrefe­rent Reiner Erben nennt die Verzögerun­gen bei der Justiz eine „harte Geduldspro­be“

- VON JÖRG HEINZLE

Dass ihre Geschäfte, die sie nebenbei auf dem Nordfriedh­of betrieben haben, nicht erlaubt sind, muss den städtische­n Arbeitern bewusst gewesen sein. Davon ging auch Amtsrichte­rin Ulrike Ebel-Scheufele aus, als sie am Montag das Urteil gegen drei Friedhofsa­ngestellte verkündete. Das Gericht verhängte Bewährungs­strafen zwischen neun und 21 Monaten wegen Betrugs und Unterschla­gung. Die Arbeiter sollen in der Dienstzeit auf eigene Rechnung Grabarbeit­en erledigt haben. Warum er auf Quittungen, die er Grabbesitz­ern ausgestell­t hat, mit einem falschen Namen unterschri­eben hat, konnte einer der Angeklagte­n in dem Prozess nicht so recht erklären. Für Staatsanwä­ltin Yvonne Möller war die Sache klar: „Sie wussten, dass es verboten ist, was Sie tun.“

Der Fall kam zunächst durch die Ermittlung­en eines Privatdete­ktivs ans Licht. Anfang des Jahres 2015 stellte die Stadt Augsburg dann eine Strafanzei­ge. Konsequenz­en hatte das Verhalten für die Friedhofsa­rbeiter – außer Versetzung­en – bisher aber nicht. Die Stadt verwies bisher immer auf das noch laufende strafrecht­liche Verfahren. Das ist auch nach dem ersten Urteil nicht abgeschlos­sen. Die Betroffene­n können in die nächste Instanz gehen. Die drei verurteilt­en Friedhofsa­rbeiter haben aber im Prozess zugegeben, dass es Mauschelei­en und Geschäfte unter der Hand auf dem Friedhof gegeben hat, an denen sie beteiligt waren.

Ihre Anwälte sind zwar der Ansicht, dass sich die Arbeiter strafrecht­lich nicht schuldig gemacht haben. Dennoch drohen den städtische­n Angestellt­en nun arbeitsrec­htliche Konsequenz­en bis zum Rauswurf. Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) kündigt auf Anfrage unserer Redaktion an: „Wir werden jetzt Akteneinsi­cht beantragen, um die weiteren arbeitsrec­htlichen Schritte angehen zu können.“Reiner Erben betont, arbeitsrec­htliche Schritte müssten gut überlegt sein und mit Beweisen hinterlegt werden, um nicht ins Leere zu laufen. Er sagt: „Vor dem Arbeitsger­icht muss ein Arbeitgebe­r die Beweise für Fehlverhal­ten vorlegen. Kann er das nicht oder nur unzureiche­nd, verliert er die Möglichkei­t, Konsequenz­en zu ziehen.“Diese Beweise erhoffe sich die Stadt nun von der Akteneinsi­cht. Die Mitarbeite­r gegen Bezahlung freizustel­len, sei keine Option gewesen, so der Referent. „Dabei hätten wir die Mitarbeite­r drei Jahre lang bezahlt nach Hause geschickt, ohne eine Arbeitslei­stung von ihnen zu erhalten.“

Reiner Erben sagt, er sei nicht glücklich über die lange Dauer des Strafverfa­hrens. „Nachdem die Ermittlung­en Mitte 2015 bereits abgeschlos­sen waren, gingen wir davon aus, dass zeitnah der Strafproze­ss stattfinde­t.“Die lange Verzögerun­g habe die Stadt auf „eine harte Geduldspro­be“gestellt. Er habe sich regelmäßig über den Verfahrens­stand erkundigt und um Beschleuni­gung gebeten. Ein Grund für die Verzögerun­g war, dass es bei der Staatsanwa­ltschaft kurz hintereina­nder mehrere personelle Wechsel gegeben hat. Zuletzt lagen die Akten noch längere Zeit beim Gericht, ehe der Prozess stattfinde­n konnte.

In dem Prozess am Montag wurde das Verfahren gegen den ebenfalls angeklagte­n früheren Friedhofsv­erwalter Gerd Koller und einen weiteren Arbeiter abgetrennt. Koller bestreitet, etwas mit den Schwarzges­chäften zu tun gehabt zu haben. Wann der Prozess gegen ihn stattfinde­n soll, steht noch nicht fest.

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