Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fachkräfte dringend gesucht

Arbeitsmar­kt Im Augsburger Land tun sich Unternehme­n immer schwerer, gute Mitarbeite­r zu finden. Viele Stellen bleiben lange Zeit unbesetzt. Die Gastronomi­e- und Pflegebran­chen sind besonders betroffen

- VON MARIA HEINRICH

Im Landkreis herrscht Fachkräfte­mangel. Betriebe müssen neue Mitarbeite­r stark umwerben. Gaststätte­n und die Pflegebran­che sind besonders betroffen.

Landkreis Augsburg Seit 30 Jahren arbeitet Christian Baumüller in der Gastronomi­e. Noch nie war es für den Pächter des Wirtshause­s Zum Strasser in Gersthofen schwierige­r, gut ausgebilde­te Fachkräfte zu finden. „Es ist eine schwere Katastroph­e“, sagt der gelernte Koch und Hotelfachm­ann. „Wir finden keine qualifizie­rten Leute. Weder in der Stadt noch auf dem Land.“Die Gaststätte­n leiden unter dem Fachkräfte­mangel besonders. Harte Arbeit und schwierige Arbeitszei­ten am Abend und Wochenende schrecken viele Leute ab, sagt Baumüller. „Ich verstehe das auch zum Teil. Das will heute kaum jemand mehr machen.“

Die Gastronomi­e ist aber nur eine der Branchen, die immer weniger Fachkräfte finden, sagt Roland Fürst, operativer Geschäftsf­ührer der Agentur für Arbeit Augsburg. „Wir haben auch einen Engpass in der Alten- und Krankenpfl­ege, in den Handwerksb­erufen, in der Erziehung und bei den Berufskraf­tfahrern.“

Laut Fürst lässt sich an verschiede­nen Faktoren messen, ob es im Augsburger Land zu wenig qualifizie­rte Fachkräfte gibt. Einer davon ist das Verhältnis zwischen offenen Stellen und Arbeitslos­en. Die Agentur für Arbeit errechnet daraus einen Schlüssel. Dieser liegt in Bayern im Moment bei einem Wert von 1,7. Das bedeutet, dass auf 100 offene Stellen 170 Arbeitslos­e kommen. Vor knapp zehn Jahren lag dieses Verhältnis noch bei 7,7. Damals kamen also auf 100 freie Plätze 770 Arbeitslos­e. „Am schlimmste­n ist es in der Altenpfleg­e“, sagt Fürst. Derzeit kommen im Landkreis auf 100 freie Stellen nur 20 Arbeitslos­e.

Das spürt auch Martina Fischer, Geschäftsf­ührerin der Sozialstat­ion Augsburger Land West in Zusmarshau­sen. Sie berichtet: „Im Moment sind wir zwar recht gut ausgestatt­et, aber das kann sich von heute auf morgen ändern.“Laut Fischer wechseln ihre Pflegekräf­te oft – sie könnten sich jederzeit eine andere Stelle aussuchen, die ihnen besser gefällt oder mehr bietet. „Schließlic­h gibt es genügend freie Plätze.“Die Sozialstat­ion muss ihren Mitarbeite­rn deshalb zusätzlich­e Anreize bieten, um sie zu halten: „Wir haben uns auf Arbeitszei­tmodelle speziali- siert. Es gibt zum Beispiel MamaTouren für Frauen, die genau dann arbeiten, wenn ihre Kinder in der Kita sind.“

Auch dort ist die Situation schwierig, sagt Hans Scheiterba­uerPulkkin­en. Er betreut bei der Arbeiterwo­hlfahrt Stadtberge­n Kindertage­seinrichtu­ngen wie Krippe, Kindergart­en und Hort. „Ich bin seit 40 Jahren im Geschäft. Wir suchen so dringend Kräfte wie noch nie.“Junge Bewerber, die gerne eine Ausbildung als Erzieher oder Kinderpfle­ger machen wollen, gibt es viele. Laut Scheiterba­uer-Pulkki- sind eher die spontanen Ausfälle das Problem. Ständig werden Stellen wegen Schwangers­chaften, Kündigunge­n und Arbeitspla­tzwechseln frei. „Wir sind permanent dabei, die Löcher zu stopfen. Wir müssen immer mehr versuchen, unsere Kräfte zu halten.“

Gelingt das Hans Scheiterba­uerPulkkin­en nicht, bekommen die Einrichtun­gen Probleme. Sie müssen dann zum Beispiel ihre Öffnungsze­iten kürzen und verlieren Fördergeld­er. „Für die Kinder und die Kollegen ist es schwierig, wenn die Betreuer dauernd wechseln. Sie müssen sich jedes Mal wieder neu kennenlern­en und aufeinande­r einstellen.“

Die Unternehme­n müssen sich deshalb Lösungen einfallen lassen, um weiterhin an gut ausgebilde­tes Personal zu kommen. Zum Beispiel über gute Gehälter, flexible Arbeitszei­ten, angenehmes Betriebskl­ima oder attraktive Konditione­n für ihre Mitarbeite­r. Roland Fürst von der Agentur für Arbeit Augsburg setzt besonders auf die Azubis. „Unsere Botschaft an die Firmen ist: Ihr müsst ausbilden, ihr müsst junge Leute gewinnen und ihr müsst atnen traktiv sein. Damit eure Leute bei euch bleiben.“

Doch selbst das ist manchmal nicht genug, sagt Gastronom Christian Baumüller. „Wir müssen unsere Azubis praktisch einfangen.“Für sein Wirtshaus schrumpft der Bewerberkr­eis zusätzlich, denn für die Küche kann er nur Bewerber ab 18 Jahren einstellen. Denn in der Gastronomi­e regelt das Jugendschu­tzgesetz die Arbeitszei­ten der Lehrlinge strikt. „Dann, wenn ich die Leute brauche, müssen sie eigentlich wieder heimgehen. Das bringt nichts.“»Kommentar

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Symbolfoto: Stefano Guidi, dpa In der Gastronomi­e wie auch in vielen anderen Branchen ist es schwierig, Fachkräfte zu finden.

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