Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Warum wollen Sie keinen Streit, Herr Ullrich?
Interview In der Asyldebatte scheinen viele in der CSU sogar den Bruch der Regierungskoalition riskieren zu wollen. Der Augsburger Abgeordnete Volker Ullrich warnt dagegen vor einer Spaltung – und lobt sogar Erfolge der Kanzlerin
Im Streit um die Asylpolitik scheint inzwischen alles möglich – selbst ein Bruch der Regierungskoalition. Wird es so weit kommen?
Volker Ullrich: Nein, so weit kommt es sicherlich nicht. Es geht jetzt darum, in der Sache Lösungen zu finden und den Streit zu beenden. Das erwarten die Bürger.
Viele CSU-Abgeordnete gehen in diesen Tagen scheinbar so weit, dass sie sogar einen Bruch zwischen CSU und CDU nicht mehr ausschließen wollen. Sie dagegen rufen zur Besonnenheit auf. Fühlen Sie sich damit nicht schon etwas einsam unter Ihren Kollegen? Ullrich: Ich kenne keinen Kollegen, der die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU infrage stellen möchte. Die Einheit der Union ist eine große Errungenschaft und ein politisches Erfolgsmodell. CDU und CSU sind nur gemeinsam stark. Ein öffentlicher Streit ist keine gute Lösung. Daran darf man getrost auch mal erinnern.
Sie haben ja auch die jüngste Vereinbarung zur Rückführung von Asylbewerbern mit Frankreich begrüßt. Viele in Ihrer Partei sehen die Vereinbarung dagegen kritisch, weil – quasi zum Ausgleich – Geld fließen soll. Warum sehen Sie es dennoch positiv?
Ullrich: Für viele Herausforderungen in der Welt brauchen wir eine europäische Herangehensweise. Das wird nur funktionieren, wenn neue Ideen und Impulse von Deutschland und Frankreich gemeinsam entwickelt werden. Gerade im Hinblick auf Herausforderungen im Bereich Asyl und Migration. Die Vereinbarungen von Meseberg betreffen beispielsweise eine gemeinsame EUAsylrechtsbehörde, einen verbesserten EU-Außengrenzenschutz, einen europäischen Sicherheitsrat, eine Reform der EU-Institutionen, mehr Anstrengungen gegen den Klimawandel und ein Investitionsbudget für die Eurozone. Das sind sehr positive Ansätze, die übrigens bereits im Koalitionsvertrag vereinbart wurden.
Sie sind derzeit im Wahlkreis unterwegs. Wie kommt der Streit an der Basis an? Und was sagen die Menschen zu Ihrer Meinung, dass man ein Ende der Koalition nicht riskieren sollte? Ullrich: Die Bürger erwarten, dass die Politik handelt und Ergebnisse liefert. Sie stehen hinter der Absicht von Horst Seehofer, mit einem „Masterplan Migration“die Asylpolitik neu zu ordnen. Auch die europäischen Bemühungen der Bundeskanzlerin finden Zuspruch. Meine Haltung, dass dieser Streit in der Sache die Fraktionsgemeinschaft von CDU/CSU und die Koalition nicht gefährden darf, findet sehr großen Rückhalt.
Geben Sie uns eine Prognose: Bleiben Merkel und Seehofer auf ihren Posten? Und was wird am Ende der Debatte um die Abweisung von Asylbewerbern an der Grenze herauskommen? Ullrich: Es geht um Verantwortung für unser Land und nicht um Posten. Ich bin sicher, dass beide bleiben werden und wir in der Sache zu tragfähigen und ganzheitlichen Lösungen kommen werden. Von der Bekämpfung von Fluchtursachen über ein abgestimmtes Vorgehen an der Grenze bis zur Neuordnung der Asylverfahren in Deutschland und Europa. Interview: Jörg Heinzle
Volker Ullrich, 42, sitzt seit 2013 für die CSU im Bundestag. Zuvor war der Jurist und Diplom Kaufmann rund zwei Jahre Ordnungsreferent der Stadt Augsburg. Er wurde im schwäbischen Illertissen geboren.