Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Drei Frauen und die Liebe

Sommerthea­ter am Jakoberwal­lturm

- VON BIRGIT MÜLLER BARDORFF

„Damals hatten wir ja sogar noch eine Late-Night-Vorstellun­g“, wundert sich Theaterlei­ter Sebastian Seidel, als er das alte Plakat in die Hand nimmt. Es stammt aus dem Jahr 1998 und kündigt die erste Sommerthea­ter-Saison des Sensemble-Theaters auf dem Jakoberwal­lturm an. Auf dem Spielplan stand neben einem Leseabend und einem Dario-Fo-Stück auch eine Inszenieru­ng, die es jetzt, zum 20-jährigen Jubiläum der Freilichta­ufführunge­n in den Wallanlage­n, in einer neuen Version gibt: „Herz oder Kopf“hieß es damals, daraus ist nun „Herz über Kopf 2.0“geworden. Das Konzept ist das gleiche: Drei Frauen räsonieren in einer Collage aus literarisc­hen Texten über die Liebe und die Männer.

Sensemble-Regisseuri­n Gianna Formicone ergänzt die Inszenieru­ng von damals durch eine Rahmenhand­lung: Sibylle, Emma und Violetta treffen sich in einer öffentlich­en Bücherecke, wie es sie etwa im Augsburger Hofgarten gibt. Das Bühnenbild dafür, mit unterschie­dlich gestaltete­n Regaleleme­nten, kreierten Architektu­r-Studierend­e der Hochschule Augsburg. Die drei Frauen haben ein ganz unterschie­dliches Verhältnis zu Männern und jede verbindet mit der Liebe etwas anderes. Formicone hat dazu neue Texte aus der Weltlitera­tur herausgesu­cht, Stellen aus da Pontes „Così fan tutte“oder „Mirandolin­a“von Goldoni sind nun mit dabei, ebenso „Das Jahr von meinem schlimmste­n Glück“der Brecht-Preisträge­rin Nino Haratischw­ili. „Das hatte ich durch Zufall schon gelesen“, erzählt Formicone. Anderes wie „Der letzte Yankee“von Arthur Miller hat sie mithilfe des Theaterkat­alogs, einer Art Archiv, in dem nach bestimmten Begriffen Stücke gesucht werden können, gefunden. Nur eine Textstelle, die schon in der Inszenieru­ng vor 20 Jahren dabei war, taucht auch jetzt wieder auf: aus „Der eingebilde­te Kranke“von Molière. „Das passt immer noch sehr gut zu diesem Thema“, so Formicone.

Dass das Sensemble schon zwei Jahre nach seiner Gründung auch ein Freilicht-Stück im Spielplan etablierte, ergab sich durch Zufall, erinnert sich Sebastian Seidel. „Wir haben auf dem Jakoberwal­lturm unser erstes Theaterfes­t gefeiert und waren von diesem Ort begeistert.“Der verwunsche­ne Eingang, die rauschende­n Bäume, die abgeschied­ene Lage – „viele Leute kannten den Ort gar nicht, weil er ja nicht öffentlich zugänglich ist“, sagt Seidel und erzählt davon, dass Sommerthea­ter nicht nur für die Besucher, sondern auch das Team etwas Besonderes sei. „Man sucht im Freien einen anderen Zugang zu den Stücken.“Und dann ist da natürlich die Sache mit dem Wetter, „nervenaufr­eibend“, wie Seidel sagt. Den ganzen Tag blicke man auf den Wetterberi­cht und erhalte Anfragen von Zuschauern. Am kommenden Samstag, dem Tag der Premiere, „wird es halten“, ist er sich sicher. O

Premiere von „Herz über Kopf 2.0“ist am Samstag, 23. Juni, um 20.30 Uhr im Jakoberwal­lturm

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Foto: m b Gianna Formicone und Sebastian Seidel studieren das erste Plakat des Sensem ble Sommerthea­ters am Jakoberwal­l turm.

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