Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Freie Fahrt für freie Radler

Die Augsburger Straße in Pfersee ist ein perfektes Beispiel dafür, wie man Radfahrer vergessen kann. Wird nun alles besser?

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Randstein – Schiene noch einmal. Mutige halten den Lenker fest und rollen schnell durch. Spaß macht das nicht. Und wenn dann von hinten noch die Tram heranrausc­ht, ist das Vergnügen perfekt. Jetzt nur nicht stürzen... Die Stadt hat schon bald nach dem Umbau reagiert.

Man darf an Haltestell­en auf den Fußweg und hinter dem Häuschen vorbei radeln, um dann wieder auf die Straße zurückzuko­mmen. Aber ehrlich: Radler gehören nicht auf den Fußweg und schon gar nicht ins Umfeld einer Straßenbah­nhaltestel­le. Und danach heißt es, sich wieder in den Verkehr einzufädel­n – oder, nicht erlaubt, aber gängig, einfach auf dem Fußweg zu bleiben. Die Augsburger Straße ist ein ewiges Ärgernis. Nun ist endlich Abhilfe in Sicht.

Die Stadt plant eine Fahrradstr­aße als Alternativ­e. Angekündig­t als großer Wurf hat mich neulich ein Radler gleich einmal auf den Boden der Tatsachen zurückgebr­acht. Er sagte nur: Rechts vor links, Stoppstell­e, rechts vor links, rechts vor links, ... Was er meint, lässt sich am besten vor Ort klären. Die Fahrradstr­aße soll durch Nebenstraß­en führen (Treu-, Färber- und Gollwitzer Straße). Sie erhalten große Schilder und Piktogramm­e, also Bilder auf den Asphalt: Fahrradstr­aße. Wir Radler dürfen künftig also nebeneinan­der fahren. Es gilt Tempo 30 und Autos sind zugelassen. Das ist das Dilemma.

Eine tolle Fahrradstr­aße klingt ein wenig nach Autobahn: Eine Trasse, auf der ich Radler schnell vorankomme; wir reden nämlich nicht vom lauschigen Sonntagsau­sflug, sondern vom Rad als Alltags-Verkehrsmi­ttel. Und da gilt: Je komfortabl­er und schneller der Weg, desto mehr Leute werden Rad fahren und damit die Straßen von Autos und die Luft von Schadstoff­en freihalten. Sie wissen schon. Der flotten Fahrt stehen in der geplanten Fahrradstr­aße aber die vielen Kreuzungen im Weg.

Jedes rechts vor links bremst den Weg ins Stadtzentr­um. Im Bauausschu­ss hieß es daher von manchen: Weg damit, freie Fahrt für freie Radler. Ja! Blöd nur: Autos haben dann auch freie Fahrt, denn auch sie hätten dann Vorfahrt. Man möchte sie aber im Wohnvierte­l bremsen. Was für ein Dilemma. Es ist ein Beispiel dafür, wie kniffelig es ist, bestehende Straßen und Viertel fahrradfre­undlich zu machen. Vorfahrt für Radler und nicht Vorfahrt für alle anderen. Wie lässt sich das machen? Ich gebe zu, keine Ahnung. Bremsende Einbauten für Autos? Freie Bahn für Radler? Fachleute, bitte melden.

Augsburg startet erst einmal klassisch. Mit rechts vor links. In Zeiten der Fußball-WM sagt man dazu am besten: Schau’ mer mal (nur am Rand: Wo steckt eigentlich Kaiser Franz Beckenbaue­r?). Aus heutiger Sicht ist das eher noch die kleine als die ganz große Nummer. Aber besser als die Augsburger Straße. Und vielleicht kann man ja später einfach mal ganz verwegen testen, ob es nicht auch mit Vorfahrt geht.

» Ein Video zur geplanten Fahrrad straße finden Sie unter: augsburger allgemeine.de/augsburg

Marcus Bürzle, 42, kam eher durch Zufall zum Fahrrad. Nun fährt er täglich in Augsburg.

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Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Elternzeit“mit Ansichten und Geschichte­n aus dem Familienle­ben.

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