Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Preis der Sicherheit
Diese Arbeiten sollen mit einer Modernisierung der Sitzungssäle und einer Asbestsanierung zusammengefasst werden.
Wie viel Geld in den vergangenen Jahren in den Brandschutz geflossen ist, ist schwierig zu beziffern. Meist geht es dabei um zusätzliche Fluchtwege, Rauchklappen und Brandmeldeanlagen. Baureferent Gerd Merkle (CSU) verweist darauf, dass Brandschutzsanierungen häufig im Zusammenspiel mit weiteren Baumaßnahmen kommen.
Das kostspieligste Beispiel ist das Theater, dessen Generalsanierung und Erweiterung insgesamt knapp 200 Millionen Euro verschlingen wird und das wegen Mängeln beim Brandschutz früher als geplant schließen musste. Auch bei der Kongresshalle sorgte der Mangel an Fluchtwegen für eine Besucherbegrenzung – die Stadt sanierte den Bau daraufhin komplett für 21 Millionen Euro, bevor er 2012 wieder eröffnen konnte. Die Sanierung des Schulzentrums von FOS/BOS/RWS noch teurer. Der Komplex muss in den kommenden Jahren für mindestens 75 Millionen Euro saniert werden. Anlass für die Generalerneuerung ist auch hier der Brandschutz.
Es sei schwierig, die Kosten für den Brandschutz bei solchen Generalsanierungen getrennt auszuweisen, so Merkle. „Es ist jedoch davon auszugehen, dass in den vergangenen Jahren ein zweistelliger Millionenbetrag für den Brandschutz an städtischen Gebäuden ausgegeben worden ist.“Während bei Neubauten für den Brandschutz rund zehn Prozent der Kosten ausgegeben werden, liegt dieser Anteil bei Sanierungen oft deutlich höher. Teils müssen ganze Zwischendecken und Türen ausgewechselt werden oder mehrstöckige Treppenhäuser als Fluchtweg angebaut werden. „Diewird. se Arbeiten sind sehr kostenintensiv und lösen oft flankierende Maßnahmen wie die Erneuerung der Beleuchtung aus“, so Merkle.
Bei wie vielen Gebäuden aktuell Mängel beim Brandschutz bestehen, ist in keiner Übersicht festgehalten. Alle öffentlichen Gebäude würden aber regelmäßig von der Feuerwehr begutachtet, so die Stadt. Ein weiterer Schwerpunkt bei den Sanierungen sind die Sportstätten. Am Haunstetter Hallenbad/Sporthalle laufen aktuell kleinere Umbauarbeiten, nachdem dort seit Jahren eine Begrenzung der Zuschauerzahl gilt. In der für 3000 Besucher konzipierten Erhard-Wunderlich-Sporthalle am Wittelsbacher Park dürfen sich seit Jahren maximal 200 Personen im Erdgeschoss aufhalten, voraussichtlich ab Ende 2019 können wieder Zuschauer auf die Tribünen. Die Arbeiten dauern seit Jahren.
Dass in den vergangenen Jahren deutlich mehr Mängel festgestellt werden, liegt nur zum Teil daran, dass die Technik etwa bei Brandwird meldern in die Jahre gekommen ist. Mit den Jahren sind die Anforderungen nach oben geschraubt worden. Zudem schauen Behörden und Planer genauer hin, auch verursacht durch Großbrände wie das Inferno am Düsseldorfer Flughafen vor 22 Jahren. „Teilweise“, so Merkle, „werden brandschutztechnische Auflagen aus der Bauzeit vergangener Jahrzehnte inzwischen anders bewertet und müssen deshalb nachgebessert werden.“»Kommentar
Auf die Stadt rollt in den kommenden Jahren eine Investitionswelle wegen des strengeren Brandschutzes zu: Allein im Schulbereich werden knappe 100 Millionen Euro fällig. Vor diesem Hintergrund war das Schulsanierungspaket von Freistaat und Stadt fast ohne Alternative, weil ansonsten zahlreiche Schulgebäude geschlossen hätten werden müssen.
Ob das alles nötig ist? Behörden sind sensibler geworden, was das Thema Sicherheit betrifft. Die Flammeninfernos von Düsseldorf, Kaprun und vor einem Jahr im Glenfell Tower in London – all das zeigt, was passieren kann, wenn Vorschriften nicht eingehalten werden, zu lax sind oder gar nicht existieren.
Wer mag da einer deutschen Bauordnungsoder Brandschutzbehörde den Vorwurf machen, zu genau hinzuschauen? Einen Großbrand an einer Augsburger Schule mit zu wenig Fluchtwegen mag sich niemand vorstellen.
Das alles betrifft nicht nur das Thema Brandschutz. Bei den Sommernächten, die am Donnerstag beginnen, ist der Sicherheitsaufwand so hoch wie nie. Dabei geht es nicht nur um Terror. Das Stadtfest konnte in den Jahren nach der LoveParade-Katastrophe nicht stattfinden, weil das Thema Fluchtwege mit dem alten, rein auf die Maxstraße orientierten Konzept nicht gelöst war. Der Bogen lässt sich selbst zu den umstrittenen Baumfällungen am Herrenbach spannen.
Die objektiven Gefahren sind dabei nicht unbedingt gestiegen, aber Regelwerke werden inzwischen strenger ausgelegt. Das hängt damit zusammen, dass am Ende niemand für eine Katastrophe verantwortlich sein will. Ein anderer Grund ist aber auch, dass die Öffentlichkeit – also wir alle oder zumindest ein großer Teil – das Thema Gefahren anders wahrnimmt.
Warum immer mehr Mängel festgestellt werden