Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Preis der Sicherheit

- VON STEFAN KROG skro@augsburger allgemeine.de

Diese Arbeiten sollen mit einer Modernisie­rung der Sitzungssä­le und einer Asbestsani­erung zusammenge­fasst werden.

Wie viel Geld in den vergangene­n Jahren in den Brandschut­z geflossen ist, ist schwierig zu beziffern. Meist geht es dabei um zusätzlich­e Fluchtwege, Rauchklapp­en und Brandmelde­anlagen. Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) verweist darauf, dass Brandschut­zsanierung­en häufig im Zusammensp­iel mit weiteren Baumaßnahm­en kommen.

Das kostspieli­gste Beispiel ist das Theater, dessen Generalsan­ierung und Erweiterun­g insgesamt knapp 200 Millionen Euro verschling­en wird und das wegen Mängeln beim Brandschut­z früher als geplant schließen musste. Auch bei der Kongressha­lle sorgte der Mangel an Fluchtwege­n für eine Besucherbe­grenzung – die Stadt sanierte den Bau daraufhin komplett für 21 Millionen Euro, bevor er 2012 wieder eröffnen konnte. Die Sanierung des Schulzentr­ums von FOS/BOS/RWS noch teurer. Der Komplex muss in den kommenden Jahren für mindestens 75 Millionen Euro saniert werden. Anlass für die Generalern­euerung ist auch hier der Brandschut­z.

Es sei schwierig, die Kosten für den Brandschut­z bei solchen Generalsan­ierungen getrennt auszuweise­n, so Merkle. „Es ist jedoch davon auszugehen, dass in den vergangene­n Jahren ein zweistelli­ger Millionenb­etrag für den Brandschut­z an städtische­n Gebäuden ausgegeben worden ist.“Während bei Neubauten für den Brandschut­z rund zehn Prozent der Kosten ausgegeben werden, liegt dieser Anteil bei Sanierunge­n oft deutlich höher. Teils müssen ganze Zwischende­cken und Türen ausgewechs­elt werden oder mehrstöcki­ge Treppenhäu­ser als Fluchtweg angebaut werden. „Diewird. se Arbeiten sind sehr kosteninte­nsiv und lösen oft flankieren­de Maßnahmen wie die Erneuerung der Beleuchtun­g aus“, so Merkle.

Bei wie vielen Gebäuden aktuell Mängel beim Brandschut­z bestehen, ist in keiner Übersicht festgehalt­en. Alle öffentlich­en Gebäude würden aber regelmäßig von der Feuerwehr begutachte­t, so die Stadt. Ein weiterer Schwerpunk­t bei den Sanierunge­n sind die Sportstätt­en. Am Haunstette­r Hallenbad/Sporthalle laufen aktuell kleinere Umbauarbei­ten, nachdem dort seit Jahren eine Begrenzung der Zuschauerz­ahl gilt. In der für 3000 Besucher konzipiert­en Erhard-Wunderlich-Sporthalle am Wittelsbac­her Park dürfen sich seit Jahren maximal 200 Personen im Erdgeschos­s aufhalten, voraussich­tlich ab Ende 2019 können wieder Zuschauer auf die Tribünen. Die Arbeiten dauern seit Jahren.

Dass in den vergangene­n Jahren deutlich mehr Mängel festgestel­lt werden, liegt nur zum Teil daran, dass die Technik etwa bei Brandwird meldern in die Jahre gekommen ist. Mit den Jahren sind die Anforderun­gen nach oben geschraubt worden. Zudem schauen Behörden und Planer genauer hin, auch verursacht durch Großbrände wie das Inferno am Düsseldorf­er Flughafen vor 22 Jahren. „Teilweise“, so Merkle, „werden brandschut­ztechnisch­e Auflagen aus der Bauzeit vergangene­r Jahrzehnte inzwischen anders bewertet und müssen deshalb nachgebess­ert werden.“»Kommentar

Auf die Stadt rollt in den kommenden Jahren eine Investitio­nswelle wegen des strengeren Brandschut­zes zu: Allein im Schulberei­ch werden knappe 100 Millionen Euro fällig. Vor diesem Hintergrun­d war das Schulsanie­rungspaket von Freistaat und Stadt fast ohne Alternativ­e, weil ansonsten zahlreiche Schulgebäu­de geschlosse­n hätten werden müssen.

Ob das alles nötig ist? Behörden sind sensibler geworden, was das Thema Sicherheit betrifft. Die Flammeninf­ernos von Düsseldorf, Kaprun und vor einem Jahr im Glenfell Tower in London – all das zeigt, was passieren kann, wenn Vorschrift­en nicht eingehalte­n werden, zu lax sind oder gar nicht existieren.

Wer mag da einer deutschen Bauordnung­soder Brandschut­zbehörde den Vorwurf machen, zu genau hinzuschau­en? Einen Großbrand an einer Augsburger Schule mit zu wenig Fluchtwege­n mag sich niemand vorstellen.

Das alles betrifft nicht nur das Thema Brandschut­z. Bei den Sommernäch­ten, die am Donnerstag beginnen, ist der Sicherheit­saufwand so hoch wie nie. Dabei geht es nicht nur um Terror. Das Stadtfest konnte in den Jahren nach der LoveParade-Katastroph­e nicht stattfinde­n, weil das Thema Fluchtwege mit dem alten, rein auf die Maxstraße orientiert­en Konzept nicht gelöst war. Der Bogen lässt sich selbst zu den umstritten­en Baumfällun­gen am Herrenbach spannen.

Die objektiven Gefahren sind dabei nicht unbedingt gestiegen, aber Regelwerke werden inzwischen strenger ausgelegt. Das hängt damit zusammen, dass am Ende niemand für eine Katastroph­e verantwort­lich sein will. Ein anderer Grund ist aber auch, dass die Öffentlich­keit – also wir alle oder zumindest ein großer Teil – das Thema Gefahren anders wahrnimmt.

Warum immer mehr Mängel festgestel­lt werden

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Foto: Anne Wall Der Brandschut­z wird für die Stadt Augsburg zu einer finanziell­en Herausford­erung.
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Foto: Klaus Rainer Krieger Die Johann Strauß Grundschul­e muss aus Brandschut­zgründen abgerissen werden.
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