Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Trinkwasser: Gemeinderäte machen Chlortest
Dinkelscherben Kommunalpolitiker probieren drei verschiedene Wassersorten und bleiben im Konflikt mit dem Gesundheitsamt hart
Dinkelscherben Zum Glas gegriffen haben Dinkelscherbens Gemeinderäte am Dienstagabend. In nicht öffentlicher Sitzung nahmen die Kommunalpolitiker eine Blindverkostung von Wasser vor, so Bürgermeister Edgar Kalb. Zur Auswahl standen folgende Tröpfchen: abgekochtes Wasser aus Dinkelscherben, abgekochtes und gechlortes aus Oberschöneberg sowie Tafelwasser aus dem Supermarkt.
Laut Kalb wollte man herausfinden, ob das Chlor im Trinkwasser zu riechen und zu schmecken ist. „Niemand wusste vorher, dass verkostet wird und was in welchem Wasserkrug war. Durch die eigene Erfahrung vorab können wir auf mögliche Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger sachgerechter eingehen.“
Die Kommunalpolitiker konnten die Trinkproben eindeutig zuordnen, so Kalb auf Anfrage unserer Zeitung. In der nicht öffentlichen Sitzung beschloss das Gremium, dass die Gemeinde bei Gericht ihre Klagen gegen die Anordnungen des Gesundheitsamtes fortführt. Es soll überprüft werden, ob diese angemessen und verhältnismäßig sind. Mit 14:6 Stimmen entschieden sich die Räte für eine Klage gegen das Abkochen in Oberschöneberg, mit 16:4 votierten sie für eine juristische Überprüfung der Chlorungsanordnung für das gesamte Gemeindegebiet sowie die Abkochanordnung für das Netz Dinkelscherben.
Wie mehrfach berichtet, hatte das Gesundheitsamt am 15. Mai für die Wassergruppe Oberschöneberg eine Abkochanordnung erlassen, nachdem im Hochbehälter ein coliformer Keim gefunden worden war. Am 6. Juni erfolgte dann eine Abkochanordnung für das Netz Dinkelscherben sowie die Anordnung einer Sicherheitschlorung. Das Gesundheitsamt begründete dies mit technischen und hygienischen Mängeln in der Wasserversorgung. Eine Gefährdung der Gesundheit sei nicht auszuschließen. Bei Proben am 7. Juni stießen die Kontrolleure vom Gesundheitsamt dann auf weitere Keime.
Genau diese Probe wird von Kalb aber in Zweifel gezogen. Er verweist auf die Ergebnisse eines Augsburger Labors, das im Auftrag der Gemeinde arbeitet. Dieses fand bei Proben an 20 Stellen keine Keime. Laut Gesundheitsamt ist das aber nicht ungewöhnlich, weil jede Probe nur eine Momentaufnahme darstelle. Man richte sich nach den gesetzlichen Vorgaben.
Im Gemeindegebiet muss weiter abgekocht werden
Die Abkochanordnung in Dinkelscherben bleibt so lange bestehen, bis im Trinkwassernetz stabile Chlorwerte erreicht sind. Wann dies sein wird, ist laut Gesundheitsamt noch nicht abzusehen. Auf Anfrage unserer Zeitung hieß es: „Die bislang übermittelten Werte zeigen, dass die Verteilung des Chlors im Leitungsnetz erwartungsgemäß erfolgt, jedoch noch nicht an allen Stellen im Netz eine wirksame Konzentration erreicht ist.“Die Messungen an insgesamt 15 Punkten dreimal täglich ergaben sehr unterschiedliche Werte.
Die Fragen der Bürger am sogenannten Krisentelefon
drehten sich laut Behörde in der Hauptsache um die Konzentration des Chlors im Trinkwasser oder das Verhalten bei bestätigter Chlorallergie. Im Bereich Oberschöneberg rieche und schmecke das Wasser inzwischen nach Chlor, so Kalb. Kontakt zum Gesundheitsamt bestehe derzeit kaum. Das Verhältnis zwischen Gemeindeverwaltung und Behörde gilt als angespannt. Letztere wiederum teilte mit, dass derzeit ein telefonischer Kontakt ausreiche. Auf Anforderung der Gemeinde seien aber Ortstermine möglich.