Augsburger Allgemeine (Land Nord)

90 Minuten den Ernstfall trainieren

Feuerwehr Bei einer Übung im Industriep­ark Gersthofen simulierte­n Rettungskr­äfte einen Chemieunfa­ll mit Explosion

- VON MARIA HEINRICH

Gersthofen Pünktlich um 18 Uhr heult die Sirene auf. Die Feuerwehrü­bung im Industriep­ark beginnt. Das an- und abschwelle­nde Jaulen des Alarms setzt als Erstes die Werksfeuer­wehr in Alarmberei­tschaft. In wenigen Minuten rückt sie in ihren Einsatzfah­rzeugen an, sichert den Gebäudekom­plex, richtet die Ausrüstung her und verlegt die Schläuche.

Rund 150 Einsatzkrä­fte von Werks- und Freiwillig­en Feuerwehre­n simulierte­n am Donnerstag­abend bei einer Großübung im Industriep­ark Gersthofen den Ernstfall. Das Szenario: Wegen einer Explosion eines Reaktors brennt es an mehreren Stellen in einem Gebäude, dazu tritt flüssiges Ammoniak aus, die Rettungskr­äfte müssen Verletzte bergen und versorgen. Andreas Schnepp, Leiter der Werksfeuer­wehr des Industriep­arks, hat das Ganze geplant: „Wir wollen, dass die Feuerwehre­n einfach mal die Anlage und die Bedingunge­n kennenlern­en. Das hier ist eine ganz andere Welt. So was gibt’s draußen nicht.“

Der Industriep­ark Gersthofen ist ein wichtiger Chemiestan­dort mit etwa 1200 Mitarbeite­rn. Zehn Unternehme­n stellen dort auf einer Fläche von 35 Hektar Gefahrenst­offe her. Bei einem Störfall wären bis zu 10000 Haushalte im Radius von zwei Kilometern um den Industriep­ark betroffen. Deshalb müssen alle paar Jahre Großübunge­n auf dem Areal stattfinde­n.

Immer mehr Einsatzfah­rzeuge der Freiwillig­en Feuerwehre­n brausen auf das Gelände, sie kommen aus Stettenhof­en, Batzenhofe­n, Gablingen, Gersthofen, Neusäß, Langweid und Hirblingen. Das eine Kommando muss die giftigen Dämpfe niederschl­agen, das andere die Brände löschen. Zwei Männer stecken in giftgrünen Schutzanzü­gen, sie sehen ein bisschen aus wie Astronaute­n.

Während der 90-minütigen Übung hat eine Beobachter­gruppe die Feuerwehrl­er die ganze Zeit im Blick und analysiert die Arbeit der Einsatzkrä­fte: zum Beispiel Kreisbrand­rat Alfred Zinsmeiste­r, Kreisbrand­inspektor Georg Lipp und Vertreter vom Amt für Brand- und Katastroph­enschutz des Landratsam­tes Augsburg. Auch Andreas Schnepp schaut den Männern und Frauen genau zu. „Die Schwierigk­eit für die Einsatzkrä­fte ist hier, dass der normale Betrieb im Industriep­ark weiterläuf­t.“Überall sind Zwischeneb­enen, heiße Rohre und Unbeteilig­te, die sich in der Anlage bewegen.

Nach eineinhalb Stunden packen die Einsatzkrä­fte langsam zusammen. Sie streichen sich über die verschwitz­te Stirn, klopfen sich lobend auf die Schultern. Andreas Schnepp zieht schon mal ein erstes Fazit: „Es ist gut gelaufen. Wir haben keine groben Schnitzer gesehen. Aber es ist wichtig, dass bei einer Übung Fehler auftauchen. Sonst kann man nichts verbessern.“

„Wir wollen, dass die Feuerwehre­n einfach mal die Anlage und die Bedingunge­n kennenlern­en. Das hier ist eine ganz andere Welt.“Andreas Schnepp, Leiter der Werksfeuer­wehr

» Eindrücke von der Übung sehen Sie in ei nem Video auf der Facebook Seite des Augsburger Landboten.

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Fotos: Marcus Merk Das Szenario der Großübung war: Aufgrund einer Explosion tritt giftiges Ammoniak aus. Deshalb mussten die Einsatzkrä­fte spe zielle Chemikalie­nschutzanz­üge tragen.
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Die Rettungskr­äfte mussten nicht nur den Brand und die Chemikalie­n bekämpfen, sondern auch die simulierte­n Verletzten retten. Einem Rollstuhlf­ahrer kamen sie mit einer Drehleiter zu Hilfe.

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