Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Fußball, Politik und ein toter Frosch
Neulich mal wieder Fußball gekuckt… Ok, war ein Scherz jetzt, ist ja WM, neulich jedenfalls nach dem Fußball auch noch eine Talkshow zum Thema Fußball gekuckt, wo rinder ehemalige National mannschaftsleistung strägerMarioBasl er( WM-Spiele: 1; WM-Tore: 0) in den Chor der Özil-Kritiker einstimmte und diesem die Körpersprache eines toten Frosches attestierte. Das Publikum gackerte, Basler grinste, Elfer versenkt. Wer daran gezweifelt hat, dass Fußball etwas mit Politik zu tun hat (siehe der mitreißend langhaarige Spielstil der Aufbruchsjahre Anfang der 70er; siehe der schwerfällige Rumpelfußball der bleiern langen Kohljahre Ende der 90er), der müsste spätestens jetzt, in diesem Sommer 2018, eines Besseren belehrt sein. Auf dem Platz zuletzt zu sehen: deutsche Selbstgewiss- und zufriedenheit gepaart mit einer Taktik der kleinen Schritte, ein zögerlich-störrischer Trainer, der wie die Kanzlerin ab jetzt eigentlich nur noch im Endspiel steht, und ja, das reicht in diesen Zeiten im Fußball und auf der Welt nicht mehr. Abseits des Platzes jedoch und viel beunruhigender: der blanke Hass. Denn irgendwer muss ja schuld sein, wenn man Angst vor was auch immer oder auch nur dem Ausscheiden nach einem verlorenen Auftaktspiel hat, und klar und egal wie grottenschlecht auch alle anderen waren und zurück zum Fußball: da kommt der Türke gerade recht. Spätestens nach dem dummen Erdogan-Foto jedenfalls sprießen selbst unter Sportberichten im Internet die Kommentare, die wenig mit Sport, aber umso mehr mit Rassismus zu tun haben, zumal man es bei einem, der nicht einmal die Hymne mitsingt, ohnehin schon immer gewusst hat. Dass Özil dabei jedes Mal betet, auch für seine Mitspieler, wie er einmal sagte, mag in dieser mittlerweile ebenso saturierten wie verrohten Gesellschaft keine Rolle mehr spielen. Ist ja auch der falsche Gott.