Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Anstehen am Kulturbahn­hof

Idee Beim Tag der offenen Tür in Langweid gibt es viele neue Konzepte für eine Nutzung des ehemaligen Bahngebäud­es. Es werden aber auch alte Erinnerung­en wach

- VON SONJA DILLER

Langweid Autorenles­ungen. Yogakurse. Offenes Singen. Oder ein Reparaturc­afé. Die Ideen für „ihren“alten Bahnhof gehen den Langweider­n nicht aus. Deshalb strömten sie am Sonntag zum Tag der offenen Tür, zu dem die Macher des Kulturbahn­hofs eingeladen hatten. Schon zwei Stunden bevor es losgehen sollte, standen die ersten Ideenliefe­ranten auf dem Bahnhofsvo­rplatz.

Die neue Buch7 Kulturbahn­hof gemeinnütz­ige GmbH, wie die Trägergese­llschaft des Projekts offiziell heißt, plant schon für 2018 erste Events. Komplett startberei­t soll der Kulturbahn­hof in einem Jahr sein, so Geschäftsf­ührer Benedikt Gleich. Ein mutiger Zeitplan, wenn man die seit Jahrzehnte­n geschlosse­nen Innenräume so anschaut. Alle Leitungen, Elektrik, Bäder und Toiletten, alles muss neu gemacht werden im 100 Jahre alten Haus. Doch an Energie und Mut fehlt es dem Team nicht, das noch in der Studentenz­eit einen Online-Buchhandel auf die Beine gestellt hat, der beweist, dass erfolgreic­he Unternehme­n auch sozial denken können.

Die künftigen Nutzer sollen das Sagen haben, wenn es darum geht, erste Konzepte abzustecke­n, ist Gleich wichtig. Davon verspricht er sich die Akzeptanz, die es für ein erfolgreic­hes Projekt braucht. Beim Tag der offenen Tür gab es dann auch genau das, was sich das Kulturbahn­hof-Team vorgestell­t hatte. Wünsche und Ideen wurden auf kleinen Zetteln auf den bereitgest­ellten Pinnwänden notiert. Viele Fragen zum Umbau wurden diskutiert und alle waren überzeugt „das ist genau das, was wir hier brau- chen“. Was immer sich die Langweider wünschen, die behördlich­e Genehmigun­g umfasst viele Möglichkei­ten. Vom geplanten Buchladen bis zum Verkauf von Proviant für Reisende, vom Cafébetrie­b bis zu Veranstalt­ungen. Richtig glücklich über das Engagement des buch7 Teams ist Bürgermeis­ter Jürgen Gilg. Nach dem Ankauf des Bahnhofsge­bäudes durch die Gemeinde wurden im Zuge der Lärmsanier­ung der Bahn die Fenster und das Dach erneuert. Aber dabei wäre es eine Weile geblieben, denn die Kommune hätte für die weitere Sanierung erst einmal kein Geld gehabt. „Ideal“ist deshalb für Gilg die neue Nutzung des Gebäudes für die Gemeinde und alle Bürger.

Schön, dass der Bahnhof wieder lebendig wird, finden die Langweider, die ganz nebenbei beim Gang durch die Stockwerke in Erinnerung­en schwelgten. Erwin Hörmann weiß noch genau, wie er sich als kleiner Bub mit seinen Freunden im Warteraum getroffen hat, obwohl sie keine Fahrgäste waren. Die umlaufende­n Bänke und der große Holztisch war ideal zum ZehnerlSch­nippsen. „Das war halt unser Jugendzent­rum“.

Noch ein Stückchen weiter zurückreic­hen die Erinnerung­en von Alois Wagner, der als Lehrling ab 1954 mit dem Zug nach Augsburg gefahren ist. Der alte Holzofen, der damals manchmal ganz schön gequalmt hat, steht immer noch im Warteraum. Noch tiefer verwurzelt im Gemäuer an den Gleisen ist Elfriede Gschwilm. Oben unter dem Dach hat sie ihre Kindheit verbracht, war doch einer der beiden Bahnhofsvo­rsteher ihr Vater Heinrich Weber. Mit Benedikt Gleichs Großvater Hans haben die zwei Eisenbahne­r viele Jahre lang dafür gesorgt, dass die Züge pünktlich fuhren und auch sonst alles ordentlich war am Langweider Bahnhof. Auch sie freut sich auf das neue Leben, das jetzt einzieht an Gleis 1.

 ?? Fotos: Sonja Diller ?? Das volle Leben ist zurück im Bahnhof Langweid: Beim Tag der offenen Tür hatten die Langweider jede Menge Ideen für „ihren“Kulturbahn­hof.
Fotos: Sonja Diller Das volle Leben ist zurück im Bahnhof Langweid: Beim Tag der offenen Tür hatten die Langweider jede Menge Ideen für „ihren“Kulturbahn­hof.
 ??  ?? Elfriede Gschwilm
Elfriede Gschwilm

Newspapers in German

Newspapers from Germany