Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Autokorsos sorgen für Ärger
Erdogan-Anhänger feierten Wahlsieg
Einige Anwohner dachten an begeisterte Fußballfans, als am Sonntag hupende Autos in der Innenstadt zu hören waren. Es handelte sich jedoch nicht um Fans der kolumbianischen Nationalmannschaft, sondern um Anhänger des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der zuvor seinen Wahlsieg erklärt hatte.
Auf der Maximilianstraße spielten sich am Sonntag nach 22.30 Uhr seltsame Szenen ab. Aus mehreren Seitenstraßen kamen langsam fahrende Autos auf die Straße. Wie auf Kommando begannen Hupkonzerte und türkische Fahnen wurden aus den Fenstern geschwungen. Die Insassen stießen Jubelrufe aus, die Fahrer beschleunigten die etwa 20 Autos. Auf den Außenplätzen eines Cafés an der Ecke Heilig-Grab-Gasse sprangen zwei türkische Männer verärgert auf und riefen deutschen Gästen zu: „Warum erlaubt ihr, dass das in eurem Land passiert?“Die Polizei war auf die Jubelfeiern aber offenbar vorbereitet. Nach wenigen Minuten standen Beamte mit zwei Streifenwagen auf der Maximilianstraße. Die meisten Autos drehten daraufhin ab. Wie Polizeisprecher Siegfried Hartmann auf Nachfrage mitteilte, wurden die Beteiligten verwarnt.
Das Wahlergebnis war für viele Beobachter wenig überraschend – auch Husain Mahmoud, Vorsitzender des Augsburger Integrationsbeirats, hat mit einem Wahlsieg des alten und neuen türkischen Präsidenten gerechnet. Nicht nur in der Türkei ist Erdogan nach wie vor beliebt – die in Deutschland lebenden Türken stimmten sogar fast mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für den Chef der AKP. Den Autokorso kritisiert Mahmoud: „Wir teilen den Lebensraum Augsburg und sollten uns auch so benehmen.“Solche Aktionen bewirken seiner Ansicht nach das Gegenteil – die Deutsch-Türken grenzen sich bewusst als eigenständige Gruppe ab. „Sie stehen für etwas ein, das mit der Politik in unserem Land nichts zu tun hat“, sagt der Vorsitzende des Integrationsbeirats.