Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das schwäbische Cowgirl
Tiere Sina Göppel aus Gersthofen dressierte ihren Ochsen Woodie und rettete ihm so das Leben. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft, die mit einer Wette begann
Allmannshofen Sina Göppel aus Gersthofen und Tiger Woods sind ein besonderes Paar. Wenn sie durch den Wald reiten, spazieren gehen oder gemeinsam in der Schmutter baden, machen Passanten große Augen, viele fürchten sich oder wechseln sogar die Straßenseite. Ihre Fragen kennt Sina Göppel schon auswendig: Kann ich in meiner roten Regenjacke überhaupt vorbeigehen? „Sie brauchen keine Angst haben, Woodie ist nicht gefährlich. Rinder können überhaupt kein Rot sehen“, sagt die 25-Jährige und reitet auf ihrem zahmen Ochsen Tiger Woods – genannt Woodie – an den Leuten vorbei.
Woodie, sechs Jahre alt, 1,75 Meter hoch, 1500 Kilogramm schwer, lebt seit 2015 in einem Offenstall in Allmannshofen. Dort besucht ihn Sina Göppel, die in Freising im Master Agrarmanagement studiert, jedes Wochenende. Dann reiten die beiden aus oder üben Kunststücke. Seitdem wir vor zwei Jahren über die beiden berichtet haben, hat Woodie einiges dazugelernt. Er kann auf ein Podest steigen, einen Fußball auf dem Kopf balancieren, einen Ring mit dem Horn auffädeln und ein Tuch apportieren. „Aktuell baue ich sogar eine kleine Kutsche für uns zwei um, die er auch bereits super brav zieht.“
Auch wenn Woodie von seiner Besitzerin gut erzogen ist, in dem eineinhalb Tonnen schweren Ochsen steckt enorme Kraft. Deshalb musste Sina Göppel ihren Woodie auch extra versichern. Fast 20 Versicherungen klapperte die Studentin ab, bis jemand das Tier als „Reitochsen“aufnehmen wollte. „Es ist eine leicht abgewandelte Reitpferdeversicherung. Das Risiko, dass er versehentlich mal ein Auto streift oder ein Radler auf einem Fladen ausrutscht, ist ansonsten zu groß.“Angst, dass Woodie durchgeht, hat Sina Göppel keine. „Wenn er sich fürchtet, macht er nur riesige Glotzaugen.“
Als Sina Göppel ihren Woodie als neugeborenes Kälbchen zum ersten Mal auf einem Milchviehbetrieb in Aindling sah, wusste sie: Er ist etwas Besonderes. „Grundsätzlich sind alle Kälber süß. Aber er ist aufgefallen.“Eigentlich war von Anfang an klar: Woodie wird gemästet und geschlachtet. Aber Sina Göppel ging mit dem Landwirt eine Wette ein, um das Tier zu retten: Der Stier muss nicht zum Metzger, wenn Sina es schafft, auf ihm zu reiten. Nach vielen Übungsstunden saß sie zum ersten Mal auf, als Woodie kastriert und zwei Jahre alt war – Wette gewonnen.
Der Ochse ist seitdem auf seine Besitzerin geprägt. „Grundsätzlich ist er zu allen Menschen freundlich und wird nicht eifersüchtig. Aber fremde Männer lässt er nicht an sich heran, da geht er auf Abstand.“Darüber ist Sina Göppel froh. „Ich finde es gut, dass er nicht von jedem berührt werden möchte.“Zwischendurch nascht der Ochse gerne Brot, rohe Kartoffeln, Äpfel und Karotten. Am liebsten wird er dabei von seiner Besitzerin hinter den Hörnern oder an den Hinterschenkeln gekrault. Wütend wird Woodie nie, aber ist der Ochse besonders übermütig, dann wetzt er seine Hörner an Bäumen oder schleudert seine Füße in die Luft.
Woodie ist für Sina Göppel ein Freizeittier, das ihr „jeden Tag Freude schenkt“. Ihre zweite große Leidenschaft ist die Landwirtschaft. „Ich habe mich immer für Natur, Technik und Tiere begeistert.“Für sie ist es deshalb eine Freude, dass sie in der vergangenen Woche für den Jungbauernkalender Bayern Girls 2019 posieren durfte. Das Motto: „Helden der Landwirtschaft“.
„Eigentlich habe ich mich nur meiner Oma zuliebe beworben. Sie wollte unbedingt, dass ich mitmache“, sagt Sina Göppel, die 2013 bereits Schrobenhausener Spargelkönigin war. Dann wurde sie zum Casting nach Innsbruck eingeladen. In drei Minuten musste sie sich dort im Bikini der siebenköpfigen Jury präsentieren, der Fotograf schoss Probebilder, dann war das Casting schon wieder vorbei. Eine Woche später kam die Nachricht: Sie ist dabei. Das Shooting war für sie eine Ausnahmesituation. „Ich war schon Tage vorher echt aufgeregt. Erst als ich alle kennengelernt hatte, habe ich mich beruhigt.“Alle Frauen posierten als Heldinnen der Landwirtschaft, jede von ihnen stellt einen Superhelden dar. Das Fotoshooting habe ihr großen Spaß gemacht, „ich konnte immer selbst entscheiden, wie viel Haut ich zeigen will“. Am Schluss durfte sie sogar die schönsten Bilder mitaussuchen. Ob Ochse Woodie da nicht doch ein kleines bisschen eifersüchtig wird.