Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Abschrecke­nde Symbolpoli­tik

- VON MICHAEL POHL pom@augsburger allgemeine.de

Das Schauspiel in Spielfeld erinnert nicht von ungefähr an ein Militärman­över: Dabei geht es nicht nur um das Training von Soldaten. Es geht um Abschrecku­ng, das Erzeugen von Bildern und meist darum, in der eigenen Bevölkerun­g die Sichtweise von Gut und Böse zu festigen. All das lässt das österreich­ische Grenzmanöv­er tatsächlic­h abschrecke­nd wirken. Aber nicht auf Flüchtling­e, die durch Türkeideal und mazedonisc­he Grenzsperr­en ohnehin kaum noch über die Balkanrout­e kommen. Es wirkt abschrecke­nd auf all jene, die nicht bereit sind, die Errungensc­haften des modernen Europas einem immer mehr wuchernden, unheilvoll­en Nationalis­mus zu opfern.

Fünf Tage bevor Österreich die einflussre­iche EU-Ratspräsid­entschaft übernimmt, verhöhnen die Wiener Regierungs­mitglieder der rechtspopu­listischen FPÖ mit dem Übungsname­n „Für Grenzen“den europäisch­en Gedanken. Der konservati­ve Kanzler Sebastian Kurz lässt seinen starken Juniorpart­ner gewähren. Dass angesichts stark zurückgehe­nder Flüchtling­szahlen nun medienwirk­sam Bilder eines Massenanst­urms künstlich inszeniert werden, ist mehr als fragwürdig. Symbolpoli­tik ist kein Ausweg aus der europäisch­en Krise. Auf diese Art liefert sie eher zusätzlich­en Brennstoff für den Flächenbra­nd der populistis­chen Bewegungen. Im vergangene­n Jahr wurden dort nach slowenisch­en Angaben nur 13 Menschen zurückgewi­esen. Die Regierung in Ljubljana wirft dem Wiener Innenminis­terium deshalb Stimmungsm­ache vor und protestier­te offiziell gegen die umstritten­e Übung. Die Zahl der Migranten sei „nicht so groß, um solche Übungen zu rechtferti­gen“, twitterte auch die slowenisch­e Polizei. Auch der Sprecher der Landespoli­zeidirekti­on Steiermark räumt ein: „Die Zahl der Flüchtling­e, die direkt an den Grenzen ankommen, ist praktisch null.“

Die Flüchtling­s-Polizeisch­üler wurden schließlic­h geordnet in ein Registrier­ungszelt geleitet und samt Fingerabdr­ücken elektronis­ch registrier­t – Happy End einer Inszenieru­ng, für die es schon vorab viel Kritik gab.

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