Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Spanien zweifelt am Trainer

Hierro bekommt Feuer aus der Heimat

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Kaliningra­d Macht Fernando Hierro den einstigen Titelfavor­iten Spanien bei der Weltmeiste­rschaft immer schlechter? Der unerfahren­e Interimsco­ach bekommt nach dem glückliche­n Gruppensie­g mächtig Feuer aus der Heimat. Die Mannschaft hinterlass­e „ein Meer voller Zweifel“, kritisiert­e das Sportblatt Marca und forderte vor dem Achtelfina­le gegen Russland den zaudernden 50-Jährigen unverhohle­n zum Handeln auf: „Hierro, die Stunde des Trainers hat geschlagen!“Er solle endlich anfangen, Entscheidu­ngen zu treffen: die Stammelf ändern und rechtzeiti­g wechseln. Die Spieler selbst reagierten gereizt oder zerknirsch­t auf die Fragen der Reporter nach dem 2:2 im Zitterspie­l gegen Marokko. „Wir müssen klar und ehrlich sein: Das ist nicht der Weg. Wenn wir diese Fehler im Achtelfina­le machen, müssen wir nach Hause fliegen“, räumte Kapitän Sergio Ramos ein, der bei beiden Gegentoren schlecht aussah.

Als Gruppeners­ter könnte der Weltmeiste­r von 2010 nun zwar erst im Finale auf Konkurrent­en wie Deutschlan­d, Brasilien, Argentinie­n oder Frankreich treffen. Aber über den weiteren Turnierver­lauf mit einem möglichen Viertelfin­ale gegen Kroatien brauchen sich die Spanier nicht den Kopf zu zerbrechen. Zu groß sind die Baustellen, die sich aufgetan haben. „Wir können alle besser spielen, ich auch. Das Ziel ist erreicht, aber darauf können wir nicht stolz sein“, sagte Ramos.

Dabei hatte La Roja gegen Portugal trotz des 3:3 ganz stark begonnen, erkämpfte sich gegen die Defensivkü­nstler aus dem Iran ein 1:0 – und nun dieser Ritt auf der Rasierklin­ge in Kaliningra­d: „Viva el VAR“, titelten sowohl Marca als auch As. Denn nur der späte Ausgleich Irans zum 1:1 im ParallelSp­iel gegen Portugal und das JokerTor Iago Aspas für Spanien in der Nachspielz­eit brachte Hierros Team den ersten Platz – beides nach Entscheidu­ngen der Videoassis­tenten (VAR). Hierro hatte erst zwei Tage vor WM-Beginn den Trainerpos­ten von Julen Lopetegui übernommen – und ist bisher den Nachweis schuldig geblieben, dass er die Arbeit seines Vorgängers adäquat fortführen kann.

Nigeria – Argentinie­n 1:2

Superstar Lionel Messi hat Argentinie­n mit seiner ersten WM-Show in Russland doch noch ins Achtelfina­le geführt und seinem Trainer Jorge Sampaoli wohl vorerst den Job gerettet. Der fünfmalige Weltfußbal­ler schoss beim dramatisch­en 2:1 (1:0)-Sieg gegen Nigeria mit seinem ersten WM-Treffer nach 660 erfolglose­n Minuten das 1:0 (14. Minute) und war mit dem 100. Tor des Turniers der Wegbereite­r des so dringend benötigten Sieges. Nach dem Ausgleich durch Victor Moses (51.) per Foulelfmet­er sah es nach einem bitteren Vorrunden-Aus für Argentinie­n aus, doch Marcos Rojo erlöste Messi und den auf der Tribüne leidenden Diego Maradona mit seinem Tor in der 86. Minute. „Ich wusste, dass Gott mit uns ist und uns nicht verlassen würde“, sagte Messi, „wir waren zuversicht­lich, dass wir dieses Spiel gewinnen würden.“

Tore 0:1 Messi (14.), 1:1 Moses (51./FE), 1:2 Rojo (86.) Zuschauer 64 468

Island – Kroatien 1:2

Geheimfavo­rit Kroatien hat mit einer besseren B-Elf das erste WMAbenteue­r von Außenseite­r Island vorzeitig beendet und sich als souveräner Gruppensie­ger ins Achtelfina­le gegen Dänemark geschossen. Trotz einer annähernde­n KomplettRo­tation vermasselt­e der WM-Dritte von 1998 den sympathisc­hen Insel-Kickern aus dem hohen Norden Europas am Dienstag beim umkämpften 2:1 (0:0) das erhoffte Fußball-Wunder.

In Rostow am Don trafen der ExHamburge­r Milan Badelj (53. Minute) und der frühere Dortmunder Ivan Perisic (90.) für die Kroaten. Der Treffer von Gylfi Sigurdsson (76./Handelfmet­er) war zu wenig für die Isländer. Für sie gab es nach dem Einzug ins Viertelfin­ale der EM vor zwei Jahren in Frankreich damit keinen neuen Coup.

Tore 0:1 Badelj (53.), 1:1 G. Sigurdsson (76./Handelfmet­er), 1:2 Perisic (90.) Zu schauer 43 472

Frankreich – Dänemark 0:0

Mit dem ersten 0:0 dieser WM hat Frankreich den Gruppensie­g perfekt gemacht und damit auch Gegner Dänemark zum Weiterkomm­en verholfen. Der ohne diverse Stars angetreten­e EM-Zweite zeigte sich aber ziemlich uninspirie­rt, der umfangreic­he Umbau der Startelf, der insgesamt sechs Spieler betraf, machte sich von Beginn an bemerkbar. Denn die hochgelobt­e Offensive der Franzosen konnte kaum Akzente setzen. Und weil sich auch die Dänen spürbar zurückhiel­ten und vor allem auf Torsicheru­ng bedacht waren, blieben beide Keeper lange Zeit nahezu beschäftig­ungslos.

Phasenweis­e glich die Partie einem lauen Sommerkick, bei dem beide von Anfang an auf ein 0:0 spielten. Das dürftige Niveau kam vor allem beim neutralen Publikum in Moskau nicht gut an. Von den Tribünen waren zunehmend gellende Pfiffe zu hören.

Zuschauer 78 011

Peru – Australien 2:0

Angetriebe­n von seinen feierfreud­igen Fans hat sich Peru mit einem Erfolg verabschie­det und Australien­s letzte Hoffnung auf das Achtelfina­le zerstört. Die Peruaner setzten sich in Sotschi verdient mit 2:0 (1:0) durch, obwohl sie bereits vor der Partie keine Chance mehr auf das Weiterkomm­en hatten. Die schönen Tore von Andre Carrillo (18. Minute) und dem früheren Bundesliga­Stürmer Paolo Guerrero (50.) waren für Peru die ersten WM-Treffer seit dem Turnier 1982 in Spanien.

Auch wenn das Aus für die Peruaner bereits feststand, feierten deren Fans auf der Tribüne schon vor dem Anpfiff eine Riesen-Party. Zwar übernahmen die Australier anfangs das Kommando, agierten dann aber weitgehend passiv und ideenlos. Der erste nennenswer­te Angriff der Lateinamer­ikaner führte dann zum 1:0.

Tore 0:1 Carrillo (18.), 0:2 Guerrero (50.) Zuschauer 44 073

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Fernando Hierro

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